I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 132 – ET: 06/2023
Für die steuerliche Behandlung nebenberuflicher Musiker, die in Gaststätten oder bei Vereinsveranstaltungen auftreten, gilt nach dem Urteil des BFH vom 10.09.1976, BStBl II 1977, 178: Ein Arbeitsverhältnis zum Veranstalter liegt nicht vor, wenn der Musiker oder die Kapelle, der er angehört, nur gelegentlich – etwa nur für einen Abend oder an einem Wochenende – zu Festveranstaltungen verpflichtet wird. Ein Arbeitsverhältnis nach § 1 Abs. 2 LStDV (Anhang 8) liegt jedoch vor, wenn der oder die Musiker in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Veranstalters stehen, in einen längerfristigen betrieblichen Ablauf (Veranstaltungsreihe o. Ä.) eingebunden und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Tz. 2
Stand: EL 132 – ET: 06/2023
Musiker und andere Unterhaltungskünstler, die für einen bestimmten Veranstalter laufend tätig werden, sind nach der Rechtsprechung Arbeitnehmer (nichtselbständig tätig). S. zu Pianisten in einem Restaurant FG Baden-Württemberg vom 24.04.2007, 4 K 200/04 (rkr.). Der Veranstalter ist in diesen Fällen verpflichtet, Lohnsteuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen. Ggf. sind auch Sozialabgaben (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) zu entrichten. S. zur Abgrenzung auch BMF vom 05.10.1990, BStBl I 1990, 638 ("Künstlererlass") in Verbindung mit BMF vom 09.07.2014, BStBl I 2014, 1103.
Überdies muss der Veranstalter bei auslandsansässigen Künstlern (wenn keine Lohnsteuerabzugsverpflichtung besteht) prüfen, ob von der Gage für den Auftritt Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG (Anhang 10) einzubehalten und an das Bundeszentralamt für Steuern abzuführen ist.
S. zur Abgrenzung auch BMF vom 05.10.1990, BStBl I 1990, 638 ("Künstlererlass") in Verbindung mit BMF vom 09.07.2014, BStBl I 2014, 1103.
Tz. 3
Stand: EL 132 – ET: 06/2023
Wenn Musiker, Unterhaltungskünstler oder Musikgruppen selbständig auftreten, ist zu klären, ob es sich bei den erzielten Honoraren um Einnahmen aus Gewerbebetrieb (s. § 15 EStG, Anhang 10) oder aus einer freiberuflichen Tätigkeit (s. § 18 EStG, Anhang 10) handelt. Diese Frage ist danach zu beurteilen, ob die Darbietungen als künstlerisch anzusehen sind. Eine künstlerische Tätigkeit liegt vor, wenn der Schaffende eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die, neben einer hinreichenden Beherrschung der Technik, eine künstlerische Höhe erreicht. Gewerblichkeit kann auch anzunehmen sein, wenn ein Auftritt der Absatzförderung dient. Der Verkauf von Merchandising-Artikeln durch eine als GbR auftretende Gesangsgruppe führt jedoch nicht zur Umqualifizierung der im Übrigen ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit, wenn die Nettoumsatzerlöse aus den Verkäufen 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24 500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen, BFH vom 27.08.2014, VIII R 16/11, BStBl II 2015, 996.
Tz. 4
Stand: EL 132 – ET: 06/2023
Erreichen Darbietungen eines Tanz- und Unterhaltungsorchesters einen bestimmten Qualitätsstandard, liegt eine künstlerische Tätigkeit i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, beispielsweise wenn Musiker als Musikinterpreten tätig sind. Die Feststellung ist im Zweifel auf Grund eines Gutachtens zu treffen (s. BFH vom 14.12.1976, BStBl II 1976, 474). Bei der entgeltlichen Ausübung von Musik zu Unterhaltungszwecken, bei der die Darbietung einer künstlerischen Leistung nicht im Vordergrund steht, handelt es sich nicht um die Ausübung eines freien Berufes, sondern um gewerbliche Tätigkeit. Allerdings hat die Rechtsprechung selbst bei Büttenrednern auf Karnevalssessionen keine Gewerblichkeit angenommen, FG Düsseldorf vom 25.02.2004, 7 K 7162/01 G. Auch ein selbstständiger Discjockey, der bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern oder Firmenveranstaltungen Musikstücke anderer Urheber aufführt, denen er unter Verwendung von Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als "Instrumente" einen neuen Charakter verleiht, vollbringt eine eigenschöpferische Leistung und damit eine künstlerische Tätigkeit, FG Düsseldorf vom 12.08.2021, 11 K 2430/18 G. Abzugrenzen ist also von reinen Discjockeys, die sich auf ein Musikabspielen beschränken. Sinngemäß gilt dies bei Musikgruppen. Schließen sich Musiker zur Erreichung gemeinsamer Zwecke zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft) nach §§ 705ff. BGB (s. Anhang 12a) zusammen, ohne dass jegliche Gestaltungshöhe erreicht wird, sind diese als Mitunternehmer im Rahmen eines gemeinsamen Gewerbebetriebes tätig. In diesem Fall sind sie ebenfalls keine Arbeitnehmer, BFH vom 10.09.1976, VI R 80/74. Eine Personengesellschaft (und ggf. steuerlich eine Mitunternehmerschaft) ist beispielsweise anzunehmen, wenn eine gemeinsame Kasse geführt wird, wenn also das Entgelt an den Kapellenleiter oder an den sonst mit der Vertretung der Musikband beauftragten Musiker entrichtet wird und dieser die auf die einzelnen Musiker entfalle...