Stand: EL 107 – ET: 06/2018
Sekten und Weltanschauungsgemeinschaften können gemeinnützig sein, wenn die Förderung der Religion im Vordergrund steht (s. BFH vom 06.06.1951, BStBl III 1951, 148 und BFH vom 23.09.1999, BStBl II 2000, 533).
Die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit können auch Vereine erhalten, die die Förderung religionsähnlicher Weltanschauungen verfolgen (z. B. Freidenker). Die staatliche Neutralität geht sogar so weit, dass Atheistenvereine, die sich gegen als negativ empfundene Auswirkungen einer Religion wenden, als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt werden können. Dies gilt auch für Vereine (z. B. von betroffenen Eltern), die gegen die so genannten Jugendsekten oder neuen Glaubensgemeinschaften vorgehen.
Auch ein Verein, der von ansässigen Mohammedanern zum Bau und zur Unterhaltung einer Moschee gegründet wird, kann kaum von der Gemeinnützigkeit ausgeschlossen werden.
Jugendsekten kann im Regelfall die Gemeinnützigkeit nicht gewährt werden, weil die Zielsetzung derartiger Vereinigungen zur Einschränkung der Willens- und Entscheidungskraft führen kann. Jugendliche werden hierdurch in besonderem Maße gefährdet (hierzu s. FG Hessen vom 28.10.1982, EFG 1983, 196). Der BFH hat dieses Urteil aufgehoben und an das FG zurückverwiesen (s. BFH vom 11.12.1985, NJW 1986, 2458).
Zur Gemeinnützigkeit der Zeugen Jehovas s. "Zeugen Jehovas" und Vfg. der OFD Münster vom 15.08.2002, DB 2002, 2136. Das Bundesland Berlin hat den Zeugen Jehovas am 13.06.2006 die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen.
Die Vereine der Scientology-Organisation fördern nach FG Münster vom 25.05.1994, EFG 1994, 810 nicht die Religion. Die religiösen und weltanschaulichen Lehren sind lediglich Vorwand für die wirtschaftlichen Ziele, s. BAG, Beschluss vom 22.03.1995, NJW 1996, 143. Die Gemeinnützigkeit scheitert auch an der fehlenden Selbstlosigkeit (s. § 55 AO, Anhang 1b), weil sie in erster Linie wirtschaftliche Ziele verfolgen.
Nicht gemeinnützig sind Vereinigungen, die radikalen Strömungen des Islams folgen und sich gegen die abendländische Kultur wenden (z. B. der Salafismus). Das gilt aber unabhängig vom Salafismus für alle Körperschaften, die ihre religiösen Ziele mit rechtswidrigen Praktiken verfolgen, s. FG Nürnberg vom 29.08.2000, EFG 2000, 1351. Auf den Versuch radikaler Kräfte, Einfluss auf religiöse Vereine zu nehmen, kann in der Praxis etwa mit der Gründung einer Stiftung reagiert werden, die über keine Mitglieder verfügt.