Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Stand: EL 130 – ET: 02/2023
Eine Warenspende ist eine besondere Form der Sachspende (§ 10b Abs. 3 EStG). Als Warenspenden werden die Zuwendungen von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens aus einem Unternehmen an einen steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Empfänger bezeichnet. Während die Zuwendung von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen regelmäßig mit dem gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter angesetzt werden kann (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG), hat der Zuwender/Spender von Warenspenden diese in einem ersten Schritt als Entnahme zu erfassen und kann dann anschließend in Höhe des steuerlichen Entnahmewerts eine entsprechende Zuwendungsbestätigung erhalten (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). Hinsichtlich des steuerlichen Entnahmewerts hat der Zuwender/Spender ein Wahlrecht, ob die Entnahme zum Buch- oder zum Teilwert erfolgen kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 4 EStG). Zu dem spendenbegünstigten Entnahmewert kommt noch die auf die Entnahme ggf. zu entrichtende Umsatzsteuer.
Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich dabei nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem angesetztem Entnahmewert, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände.
Die Umsatzsteuerpflicht auf Warenspenden ist Ausfluss der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, die grundsätzlich keine Möglichkeit vorsieht, bei Sachspenden aus dem Unternehmensvermögen auf die Erhebung der Umsatzsteuer zu verzichten.
Bei der Ermittlung des fiktiven Einkaufspreises ist zu berücksichtigen, ob die gespendeten Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind. Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist.
Dies gilt auch für andere verderbliche Ware mit Mindesthaltbarkeitsdatum wie beispielsweise Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter etc.
Bei Waren, die aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z. B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z. B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind, kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0 EUR nur bei wertloser Ware (z. B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist) in Betracht kommt. In anderen Fällen ist ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln (Abschn. 10.6 (1a) UStAE).
Das hat zur Folge, dass bei einer Warenspende eine Umsatzsteuer immer dann festgesetzt wird, wenn die gespendeten Waren im Zeitpunkt der Zuwendung einen (umsatzsteuerlichen) Wiederbeschaffungspreis (Einkaufspreis) haben.
Wegen weiterer Einzelheiten zur Zuwendung von Wirtschaftsgütern sowohl des Privat- als auch des Betriebsvermögens s. "Sachzuwendungen/-spenden".
Hinweis
- Corona-Pandemie
Im Rahmen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahme des Lockdowns wurde dem von der Krise besonders betroffenen Einzelhandel eine befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden gewährt. Danach wird bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet. Diese Regelung gilt für Warenspenden in dem Zeitraum 01.03.2020–31.12.2021 (BMF vom 18.01.2021, BStBl I 2021, 628).
Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und der unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie z. B. Krankenhäuser, Alten-/Pflegeheime, wird in der Zeit vom 01.03.2020–31.12.2022 von einer Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen (BMF vom 09.04.2020, BStBl I 2020, 498; vom 18.12.2020, BStBl I 2021, 57; vom 14.12.2021, BStBl I 2021, 2500).
Flutopfer 2021
Aufgrund der verheerenden Unwetterereignisse (Flutkatastrophe) im Juli 2021 in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen wurde bei Warenspenden in dem Zeitraum 15.07.2021–31.12.2021 aus Billigkeitsgründen auf die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet, wenn
- die Spenden den unmittelbar von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen zugutekommen und
- es sich bei den gespendeten Gegenständen um Lebensmittel, Tierfutter, für den tä...