Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Allgemeines
Pflege- und Betreuungsleistungen (Grundpflege) können geltend gemacht werden, unabhängig davon, ob die Leistungen in einem Heim, bei Ihnen zu Hause oder im Haushalt der zu pflegenden Person erbracht werden. Leben Sie oder Ihr Angehöriger krankheits- oder behinderungsbedingt in einem Heim (z. B. mit Pflegegrad oder Merkzeichen "H", "TBL"), ist ein höherer Kostenabzug bei den außergewöhnlichen Belastungen (Anlage Außergewöhnliche Belastungen) möglich.
Einzelheiten
Begünstigt nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG ist die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen.
Konkurrenz zu den außergewöhnlichen Belastungen
Eine Steuerermäßigung kommt nur insoweit in Betracht, als die Aufwendungen für Pflege- und Betreuungsleistungen nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abziehbar sind. Die Steuerermäßigung berechnet sich deshalb ggf. aus Aufwendungen, die keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen (altersbedingte Aufwendungen), oder aus dem Teil der Ausgaben, der dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wegen der zumutbaren Belastung aber nicht als solche berücksichtigt worden ist (krankheitsbedingte Kosten.
Die Aufwendungen sind in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen in den Zeilen 36–38 und nicht in der Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen einzutragen.
In der Haushaltsersparnis, die bei der Ermittlung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung im Pflegeheim zu berücksichtigen ist, sind keine Aufwendungen enthalten, die eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG rechtfertigen (BFH, Urteil v. 16.12.2020, VI R 46/18, BFH/NV 2021 S. 719).
Pflege im Haushalt
Die Pflege- oder Betreuungsleistung muss im inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen oder im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person durchgeführt werden. Ein Pflegegrad ist nicht erforderlich. Die Pflege kann persönlich oder unter Mitwirkung Dritter, z. B. mobiler Pflegedienst oder Heimunterbringung, für den Steuerpflichtigen oder eine andere Person (z. B. Eltern) durchgeführt werden. Begünstigt sind Dienstleistungen zur Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) sowie zur Betreuung. Zusätzliche hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die durch den Dienstleister durchgeführt werden (z. B. Reinigungsarbeiten, Zubereiten und Servieren von Speisen und das Waschen der Wäsche), sind ebenfalls zu erfassen.
Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, setzt bis einschließlich dem Vz. 2024 weder den Erhalt einer Rechnung durch den Steuerpflichtigen selbst noch die Einbindung eines Kreditinstituts in den Zahlungsvorgang voraus. § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG gilt nicht für Pflege- und Betreuungsleistungen (BFH, Urteil v. 12.4.2022, VI R 2/20, BFH/NV 2022 S. 982). Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wird die genannte Vorschrift insoweit geändert, als dass sie ebenfalls Pflege- und Betreuungsleistungen mit einschließt (BGBl 2024 I Nr. 387 v. 5.12.2024). Demnach sind ab dem Vz. 2025 auch für derartige Leistungen sowohl eine Rechnung als auch eine Zahlung auf das Konto des Leistenden unbar, d. h. durch Überweisung, Lastschrifteinzug, Onlinebanking oder Bankeinzahlung, Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung.
Werden zwei pflegebedürftige Personen in einem Haushalt gepflegt, kann die Steuerermäßigung nur einmal in Anspruch genommen werden (haushaltsbezogen). S. BMF, Schreiben v. 9.11.2016, IV C 8 – S 2296-b/07/10003:008, Rn. 13, BStBl 2016 I S. 1213.
Unterbringung im Heim oder zur dauernden Pflege
Die Steuerermäßigung für Aufwendungen der stationären Unterbringung/Pflege kann nur der Steuerpflichtige in Anspruch nehmen, dem die Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung/Pflege entstanden sind. Steuerpflichtige, die für die stationäre Unterbringung/Pflege anderer Personen (z. B. Kinder für die Unterbringung der Eltern im Heim) aufkommen, können die Steuerermäßigung gem. § 35a Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. EStG, anders als bei Haushaltsunterbringung, nicht beanspruchen (BFH, Urteil v. 3.4.2019, VI R 19/17, BFH/NV 2019 S. 745; bestätigt durch BFH, Urteil v. 12.4.2022, VI R 2/20, BFH/NV 2022 S. 982).
Begünstigt ist eine Heimunterbringung wegen Alters oder zur dauernden Pflege (z. B. Altenheim, Pflegeheim, Wohnstift). Wegen der zu berücksichtigenden Aufwendungen ist zu unterscheiden, ob im Heim ein eigenständiger und abgeschlossener Haushalt (Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich) vorliegt und eine eigene Wirtschaftsführung des Bewohners gegeben ist oder nicht. Liegt ein abgeschlossener Haushalt vor, können die Aufwendungen vergleichbar einer eigenen Wohnung vollumfänglich (einschl. Handwerks- und Gärtnerkosten) geltend gemacht werden. Reparatur- und Instandsetzungskosten, die ausschließlich auf Gemeinschaftsflächen entfallen, sind nicht begünstigt. Wird nur ein Raum bewohnt, der den Begriff einer abgeschlossenen Wohnung nicht erfüllt,...