Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge und rechtliches Gehör
Leitsatz (NV)
Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt vor, wenn der BFH im Rahmen des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde die Beschwerdeerwiderung ohne eine Frist zur Gegenäußerung zur Kenntnisnahme übermittelt und drei Wochen danach durch Beschluss über die Beschwerde entscheidet.
Normenkette
FGO § 77 Abs. 1, §§ 96, 133a
Verfahrensgang
Tatbestand
Mit Beschluss vom 12. Oktober 2006 IX B 60/06 hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und Antragstellers (Kläger) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 14. März 2006 9 K 1794/03 als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit einer Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Er trägt vor, sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei dadurch verletzt worden, dass der Senat ihm den Schriftsatz des Beklagten und Antragsgegners (Finanzamt --FA--) vom 14. September 2006 ohne Erwiderungsfrist lediglich zur Kenntnis übermittelt habe und völlig überraschend zeitnah entschieden habe.
Entscheidungsgründe
Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen § 133a Abs. 4 Satz 2 FGO).
Mit dem außerordentlichen Rechtsbehelf der Anhörungsrüge kann nur vorgebracht werden, das Gericht habe im Rahmen der angegriffenen Entscheidung den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht u.a. dazu, die Ausführungen und Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO Rz 123, m.w.N.). Es verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur, wenn es eine den Beteiligten selbst gesetzte Frist zur Äußerung mit seiner Entscheidung nicht abwartet (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. März 2002 IX R 100/00, BFH/NV 2002, 945), sondern auch dann, wenn es sofort entscheidet, ohne eine angemessene Frist abzuwarten, innerhalb deren eine eventuell beabsichtigte Stellungnahme unter normalen Umständen eingehen kann (so Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 27. September 1978 1 BvR 570/77, BVerfGE 49, 212 ff.).
Nach diesen Maßstäben hat der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt: Die Beschwerdeerwiderung des FA vom 14. September 2006 ist dem Kläger nach § 77 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO übermittelt worden, so dass er dazu Stellung nehmen konnte (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 24. Februar 2005 IX B 179/03, BFH/NV 2005, 1128). Einer Frist zur Erwiderung auf diesen Schriftsatz bedurfte es nicht. Nach § 77 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 Satz 1 FGO "kann" der Senatsvorsitzende die Beteiligten unter Fristsetzung zur Stellungnahme auffordern, muss es aber nicht (BFH-Beschluss vom 11. August 1987 VII B 165/86, BFH/NV 1988, 310). Der Senat hat auch nicht ohne angemessenes Zuwarten entschieden, sondern erst drei Wochen nachdem der Schriftsatz dem Kläger übermittelt wurde. Da Schriftsatzeingänge bis zur Zustellung des Beschlusses (hier am 16. November 2006) berücksichtigt werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juni 1997 VI R 104/93, BFH/NV 1998, 322; BFH-Beschluss in BFH/NV 1988, 310), war es dem Kläger in ausreichender Weise möglich, sich Gehör zu verschaffen.
Fundstellen