Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Beschluss vom 01.09.2005 - XI B 164/02 (NV) (veröffentlicht am 28.12.2005)

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei behaupteter Verhinderung über einen längeren Zeitraum

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frist für die Nachholung der Begründung der Beschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses über die Gewährung von PKH und beträgt zwei Monate.

2. Will der Beschwerdeführer geltend machen, ohne Verschulden über einen längeren Zeitraum daran gehindert gewesen zu sein, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzureichen, so muss er zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass er hieran in dem genannten Zeitraum durchgehend gehindert war.

3. Die Rechtskraft eines Beschlusses, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wurde, steht der Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der gesetzlichen Begründungsfrist in den vorigen Stand nicht entgegen, soweit über die Wiedereinsetzung nicht bereits in dem Beschluss entschieden worden ist.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 1, § 62a

 

Tatbestand

I. Mit Beschluss vom 18. Juni 2003 XI S 23/02 (PKH) --BFH/NV 2004, 48-- bewilligte der Senat Prozesskostenhilfe (PKH) für die bereits eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Streitjahre 1986 und 1987, damit der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) durch einen rechtskundigen Vertreter die Beschwerde in der notwendigen Form begründen könne. Die rechtzeitig und wirksam von einem Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde bleibe auch nach der Niederlegung des Mandats zulässig. Hinsichtlich der Streitjahre 1983 bis 1985 wurde PKH mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt. Die Klage sei insoweit mangels Vorverfahren als unzulässig abgewiesen worden und der Kläger habe hierzu nichts vorgetragen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 27. August 2003 zugestellt.

Die Beschwerde wurde, nachdem eine Begründung ausblieb, mit Beschluss vom 23. Februar 2004 XI B 164/02 (BFH/NV 2004, 969) als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 18. August 2004 legte der Prozessvertreter des Klägers betreffend die Streitjahre 1986 und 1987 "sofortige Beschwerde" gegen den PKH-Beschluss in BFH/NV 2004, 48 ein und beantragte wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit weiterem Schreiben vom 18. August 2004 beantragte er wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist im Beschwerdeverfahren in BFH/NV 2004, 969 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete die Nichtzulassungsbeschwerde. An der Einhaltung der Beschwerdefrist sei der Kläger ohne sein Verschulden aus gesundheitlichen Gründen seit einem Krankenhausaufenthalt im Juni 2003 verhindert gewesen; hierzu legte der Prozessvertreter ein ärztliches Gutachten vor.

Mit Schreiben vom 26. August 2004 erweiterte er die "sofortige Beschwerde" gegen den PKH-Beschluss in BFH/NV 2004, 48 auf die Streitjahre 1983 bis 1985 und beantragte auch insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist. Der Kläger sei aus den bereits angeführten Gründen auch insoweit gesundheitlich verhindert gewesen und finanziell weiterhin zur Führung eines Rechtsstreits nicht in der Lage. Hinsichtlich der Streitjahre 1983 bis 1985 sei mittlerweile das Vorverfahren durchgeführt worden. Die hiergegen erhobene neue Klage sei vom Finanzgericht (FG) eingestellt worden, weil das FG ein Schreiben des Klägers als Klagerücknahme gewertet habe. Damit könne --so der Kläger-- "auch über die Streitjahre 1983 bis 1985 nunmehr im Rahmen der Revision entschieden werden".

 

Entscheidungsgründe

II. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist abzulehnen.

a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach § 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Wiedereinsetzung setzt nach der bis zum 31. August 2004 geltenden Fassung in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und binnen dieser Frist außerdem diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BFHE 169, 503, BStBl II 1993, 259).

b) Der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags steht die Rechtskraft des Senatsbeschlusses in BFH/NV 2004, 969 nicht entgegen. Die Abänderung eines rechtskräftigen Beschlusses wird in der Rechtsprechung des BFH zugelassen, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung einer gesetzlichen Frist gewährt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juni 1979 VII R 79-80/78, BFHE 128, 32, BStBl II 1979, 574). Dies gilt jedoch nur, wenn in dem Beschluss der abgeändert werden soll, noch nicht über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Juni 1999 III B 127/98, juris Nr: STRE995096560). Im Streitfall hatte der Kläger bis zum Erlass des Beschlusses in BFH/NV 2004, 969 noch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

c) Der Kläger hat aber nicht dargetan, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde für die Streitjahre 1983 bis 1987 einzuhalten.

aa) Ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses über die Gewährung von PKH für die Streitjahre 1983 bis 1987, d.h. ab dem 27. August 2003, war der Hinderungsgrund fehlender finanzieller Mittel zur Führung des Beschwerdeverfahrens entfallen. Die Frist für die Nachholung der Begründung der Beschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses; sie beträgt zwei Monate (vgl. BFH-Beschluss vom 13. März 2003 VII B 196/02, BFHE 201, 425, BStBl II 2003, 609). Der Kläger hatte somit bis zum Ablauf des 27. Oktober 2003 Zeit, die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen. Der Kläger hätte daher darlegen müssen, dass er ab dem 27. Oktober 2003 bis zum Ablauf des 18. August 2004 ohne Verschulden daran gehindert war, die Begründung zu der bereits eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde einzureichen. Da es hierfür ohnehin einer fachkundigen Vertretung gemäß § 62a FGO bedurfte, musste der Kläger im Wesentlichen nur einen geeigneten Prozessvertreter aufsuchen und ihm die Unterlagen übergeben, die er im Wesentlichen bereits im PKH-Verfahren dem Senat eingereicht hatte; die fachgerechte Ausarbeitung der Begründung unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur oblag sodann dem Prozessvertreter.

bb) Dem vorgelegten Attest ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger hieran aus gesundheitlichen Gründen in dem genannten Zeitraum durchgehend gehindert war. Dort wird zwar bescheinigt, dass er nach einer akuten Verschlechterung der Symptome seit Juni 2003 krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, "seine Interessen wahrzunehmen, Fristen und Termine im Schriftwechsel mit Behörden einzuhalten".

Die in dem Attest angeführten medizinischen Befunde sind indes nicht geeignet, den Senat vom Vorliegen einer neun Monate währenden krankheitsbedingten Verhinderung zu überzeugen.

Danach litt der Kläger zum einen an einer leichten kognitiven Beeinträchtigung bei vaskulärer Encephalopathie mit der Folge von "Kopfschmerzen, kognitiven Beeinträchtigungen i.S. von Störungen der Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit in unterschiedlicher Ausprägung". Die Bescheinigung leicht kognitiver Beeinträchtigungen in unterschiedlicher Ausprägung kann nicht plausibel begründen, dass er während der neun Monate durchgehend verhindert war, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, ihm die Unterlagen zu übergeben und ggf. weitere Auskünfte zu erteilen. Entsprechendes gilt für das festgestellte rezidivierende depressive Syndrom, das mit weiteren Begleiterscheinungen die " Defizite der Aufmerksamkeitsleistung durch Störungen des Affekts und des Antriebes" verstärkt habe. Eine gesundheitliche Verhinderung ist damit nicht belegt. Die "hochgradige Hörminderung" mag zwar die Kommunikation erheblich erschwert haben, sie stellt aber offensichtlich gleichfalls kein Hindernis dar, einen Rechtsanwalt aufzusuchen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1463857

BFH/NV 2006, 311

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

    Meistgelesene Beiträge
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 2.2 Angaben zu den Posten des Konzernabschlusses
      1
    • Eigenbelege: Der richtige Umgang mit Eigenbelegen und Er ... / 5 Ersatzbeleg/Notbeleg für nicht mehr vorhandene Belege
      1
    • Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen
      1
    • Frotscher/Geurts, EStG § 4h Betriebsausgabenabzug für Zi ... / 3.6.3 Fehlende Konzernzugehörigkeit bzw. Fehlen nahestehender Personen (Abs. 2 S. 1 Buchst. b)
      1
    • Mietvertrag bei Angehörigen nach Grundstücksverkauf
      1
    • Steuer Check-up 2026 / 2.11.2 Verlängerung der Beteiligungskette
      1
    • Umsatzsteuern in Europa: Regelungen und Verfahren
      1
    Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
    Top-Themen
    Downloads
    Zum Haufe Shop
    Produktempfehlung


    Zum Thema Finance
    Gut gerüstet für das Financial Reporting: IFRS visuell
    IFRS visuell
    Bild: Haufe Shop

    Orientierung durch klar strukturierte Darstellung: Der bewährte Band bietet einen leicht verständlichen Zugang zu den zunehmend komplexer werdenden Standards und ermöglicht eine vertiefende Einarbeitung in die IASB-Rechnungslegung.


    Finanzgerichtsordnung / § 56 [Wiedereinsetzung in den vorigen Stand]
    Finanzgerichtsordnung / § 56 [Wiedereinsetzung in den vorigen Stand]

      (1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.  (2) 1Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung ...

    4 Wochen testen


    Newsletter Finance
    Newsletter Steuern und Buchhaltung

    Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

    • Für Praktiker im Rechnungswesen
    • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
    • Alles rund um betriebliche Steuern
    Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
    Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
    Haufe Fachmagazine
    Themensuche
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
    Zum Finance Archiv
    Haufe Group
    Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
    Weiterführende Links
    RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
    Kontakt
    Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
    Haufe Rechnungswesen Shop
    Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

      Weitere Produkte zum Thema:

      × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

      Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

      Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

      Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

      Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren