Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage trotz vorhandener Rechtsprechung; Rüge mangelnder Sachaufklärung
Leitsatz (NV)
1. Liegt zu einer Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so ist die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage jedenfalls dann nicht hinreichend dargelegt, wenn nicht einmal ansatzweise erkennbar gemacht worden ist, daß und weshalb trotz der vorhandenen Rechtsprechung weiterhin Klärungsbedarf besteht.
2. Wird mangelnde Sachaufklärung in Gestalt unterlassener Beweiserhebung gerügt, so ist darzulegen, inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) meldete im Jahre 1990 ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Handel mit Kraftfahrzeugen und deren Zubehör" an. Er kaufte und verkaufte in diesem Jahr ein Fahrzeug. Andere Umsätze tätigte der Kläger im Rahmen des von ihm angemeldeten Gewerbes nicht. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Abzug der vom Kläger für das Streitjahr 1993 geltend gemachten Vorsteuerbeträge ab, weil dessen Tätigkeit bisher erfolglos gewesen sei. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es fehle an einer nachhaltigen Betätigung des Klägers zur Erzielung von Einnahmen. Die bloße Absicht, sich nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen zu betätigen, begründe die Unternehmereigenschaft nicht. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und den Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) unzureichender Sachverhaltsaufklärung geltend.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
1. Der Kläger wirft einige Fragen zur Unternehmereigenschaft auf, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, weil der Bundesfinanzhof (BFH) über die erfolglose Unternehmensgründung bisher nicht entschieden habe. Die Ausführungen lassen nicht erkennen, inwiefern eine Klärung dieser Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtsklarheit, Rechtsentwicklung oder Rechtseinheit im allgemeinen Interesse liegt (vgl. Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 7, 61). Um die Klärungsbedürftigkeit darzulegen, genügt es nicht, zu behaupten, daß die Frage bisher höchstrichterlich nicht entschieden sei -- was im Streitfall im übrigen, wie bereits die vom FG in Bezug genommenen Urteile des BFH zeigen, nicht der Fall ist --. Es muß vielmehr konkret auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingegangen werden (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Dazu muß unter Heranziehung der entsprechenden Rechtsprechung und Literatur dargestellt werden, ob und ggf. in welchem Umfang und von welcher Seite die aufgeworfenen Rechtsfragen umstritten sind. Abgesehen davon, daß sich die Zulässigkeit der Beschwerde allein nach den innerhalb der Beschwerdefrist geltend gemachten Zulassungsgründen beurteilt (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610), erfüllen auch die Ausführungen in dem nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangenen Schriftsatz des Klägers diese Voraussetzungen nicht.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist auch unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschften (EuGH) vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1996, 366) zur Auslegung des Merkmals der wirtschaftlichen Tätigkeiten i. S. des Art. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) nicht offenkundig. Ihre Begründung ist im Streitfall nicht entbehrlich, weil nicht einmal ansatzweise erkennbar gemacht worden ist, daß und weshalb trotz der vorhandenen Rechtsprechung des BFH zum "erfolglosen Unternehmer" (vgl. Urteile vom 6. Mai 1993 V R 45/88, BFHE 171, 138, BStBl II 1993, 564; vom 12. Mai 1993 XI R 68/90, BFH/NV 1994, 131, und vom 16. Dezember 1993 V R 103/88, BFHE 173, 262, BStBl II 1994, 278) weiterhin Klärungsbedarf besteht (vgl. BFH- Beschluß vom 27. März 1992 III B 547/90, BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842 unter 2. c, zweiter Absatz).
2. Zur Rüge mangelnder Sachaufklärung trägt der Kläger vor, das FG sei zu der falschen rechtlichen Würdigung, daß er keine nachhaltigen entgeltlichen Leistungen erbracht habe, deshalb gelangt, weil es den Sachverhalt in ungenügender Weise aufgeklärt habe. Er habe in seinen Schreiben vom 1. März 1995, 14. Juni 1995 und 9. August 1995 Zeugenbeweis angeboten. Die Zeugenvernehmungen hätten bestätigt, daß er seine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen betrieben habe und die Tätigkeit für mehrere Jahre konzipiert gewesen sei. Die Schlußfolgerung, daß er nicht Unternehmer sei, weil er seit drei Jahren keine Umsätze erzielt habe, habe das FG im Hinblick auf die mangelnde Sachverhaltsaufklärung nicht ziehen können.
Der Kläger hat den Verfahrensmangel nicht bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Nr. 3 FGO). Zur ordnungsgemäßen Rüge mangelnder Sachaufklärung ist darzulegen:
a) Die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,
b) die nicht verwendeten Beweismittel sowie die entsprechenden Beweisthemen,
c) aufgrund welcher Anhaltspunkte im schriftsätzlichen Vorbringen oder sonst in den Akten des FG die Beweiserhebung sich dem FG hätte aufdrängen müssen,
d) das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,
e) inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 11. April 1994 I B 195/93, BFH/NV 1995, 188).
Unabhängig davon, ob im Streitfall die Angaben zu b) ausreichend sind, fehlt es jedenfalls an der Darlegung, inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Der Kläger hat lediglich Beweis angeboten für seine Absicht, sich zur Erzielung von Einnahmen zu betätigen. Die Absicht genügt nach der Rechtsauffassung des FG aber gerade nicht für die Begründung der Unternehmereigenschaft.
Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 421691 |
BFH/NV 1997, 54 |