Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Klärungsbedürftigkeit (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO); Übernahme der Herstellungskosten für zusätzliche PkwAbstellplätze durch eine Gemeinde
Leitsatz (NV)
1. Klärungsbedürftigkeit i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entfällt nicht erst dann, wenn bereits eine BFH-Entscheidung zu einem Fall mit all den Umständen vorliegt, wie sie die aufgeworfene Rechtsfrage charakterisieren.
2. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es schon, wenn sich die einzelnen Teilprobleme der aufgeworfenen Rechtsfrage mit Hilfe spezieller BFH-Rechtsprechung lösen lassen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Zweck des Unternehmens der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist der Erwerb von Grundstücken in der Stadt . . . (künftig: Stadt) sowie deren Bebauung mit einem Wohn- und Geschäftshaus und dessen langfristige Vermietung. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13. Juni 1983 erwarb die Klägerin von der Stadt mehrere Grundstücke. In dem die Bebauungsmodalitäten regelnden Abschn. III des Vertrages heißt es u. a.:
,,Im Untergeschoß sind die nach der Landesbauordnung notwendigen Stellplätze (für mindestens . . . Personenkraftwagen) zu schaffen.
Zusätzlich sind noch . . . weitere Pkw-Abstellplätze für den öffentlichen Bedarf herzustellen. Die diesbezüglichen Herstellungskosten werden jedoch von der Stadt übernommen mit einem Festbetrag von . . . DM brutto je Stellplatz.
Die Stadt hat also insgesamt . . . DM zu zahlen.
Die vorgenannte Summe wird entsprechend dem Baufortschritt an den Erwerber wie folgt ausgezahlt: . . . Die Rechte der Stadt zur Nutzung der genannten . . . Pkw-Abstellplätze für den öffentlichen Bedarf sind durch für die Stadt einzutragende beschränkt persönliche Dienstbarkeit grundbuchamtlich abzusichern. Die Öffungszeiten der Tiefgarage sind wie folgt vereinbart: . . .
Die Vermieterin wird zunächst folgende Entgelte für die Benutzung der Tiefgarage erheben: . . ."
Aufgrund einer Betriebsprüfung legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) der Umsatzsteuerfestsetzung 1983 eine um . . . DM (entsprechender Nettobetrag) erhöhte Bemessungsgrundlage im Hinblick auf die von der Stadt wegen der zusätzlichen Abstellplätze an die Klägerin im Streitjahr (1983) entrichteten . . . DM zugrunde. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgewiesen, zwischen der Klägerin und der Stadt sei ein Leistungsaustauschverhältnis zustande gekommen. Die Klägerin habe vertraglich übernommen, was Sache der Stadt gewesen sei, nämlich . . . weitere Pkw-Abstellplätze zu schaffen und für Verkehrsteilnehmer bereitzuhalten, wobei letzteres durch eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit grundbuchmäßig abzusichern gewesen sei.
Angesichts des Umstandes, daß der Zahlung der Herstellungskosten unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen der leistenden Klägerin und der Stadt als Leistungsempfängerin zugrunde lägen, sei eine Auseinandersetzung mit dem Problem der Abgrenzung sog. echter Zuschüsse nicht erforderlich gewesen. Im übrigen wäre eine Qualifizierung als echter Zuschuß ausgeschlossen, weil die Zahlung seitens der Stadt im Hinblick darauf geleistet worden sei, daß die vertraglich geregelten Parkgebühren einen kostendeckenden Betrieb nicht ermöglichten. Der Zuschuß bezwecke eine Auffüllung des von den Parkhausbenutzern zu zahlenden Entgelts. Bei den umstrittenen Leistungen der Klägerin gegenüber der Stadt greife die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) nicht ein.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Sie macht geltend, im Streitfall gehe es um die Frage, ob die Bezuschussung der Errichtung von Parkplätzen durch die öffentliche Hand (Gemeinde), deren Errichtung durch den Bauherren nach der einschlägigen Landesbauordnung des jeweiligen Bundeslandes an sich nicht erforderlich wäre, die aber im allgemeinen öffentlichen Interesse liege, dann eine umsatzsteuerpflichtige Gegenleistung der Gemeinde für die Errichtung der Stellplätze sei, wenn die entsprechenden Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks durch das Unternehmen von der zuschußgewährenden Gemeinde getroffen werden. Ihre, der Klägerin, Argumentation, die umsatzsteuerlich maßgebenden Leistungsbeziehungen beständen zwischen ihr und den zukünftigen Nutzern (Mietern) der Tiefgaragenstellplätze, habe das FG verworfen. Die angeführte Frage sei klärungsbedürftig und klärbar. Sie sei, soweit ersichtlich, weder Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung noch durch Anwendung fester Rechtsgrundsätze zu beantworten. Im Hinblick hierauf sowie auf die Vielzahl betroffener Fälle sei eine Klärung im Interesse der Rechtseinheitlichkeit geboten.
Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin genügt zwar den formellen Anforderungen an die Begründung, die sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Geltendmachung grundsätzlicher Bedeutung aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ergeben (vgl. aus jüngster Zeit BFH-Beschluß vom 14. Februar 1990 II B 108/89, BFH/NV 1991, 46). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet; denn die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich mit Hilfe der bisherigen BFH-Rechtsprechung beantworten läßt.
Für die Begründetheit der Beschwerde kommt es nicht darauf an, daß, wie die Klägerin geltend macht, bisher keine BFH-Entscheidung ergangen ist, der ein Fall mit den Umständen zugrunde liegt, welche den vorliegenden Sachverhalt charakterisieren und die von der Klägerin zum Inhalt der von ihr aufgeworfenen Frage gemacht worden sind. An der Klägerungsbedürftigkeit fehlt es auch dann, wenn sich die einzelnen Teilprobleme der aufgeworfenen Frage jeweils mit spezieller BFH-Rechtsprechung klären lassen. Derartige Verhältnisse stehen einer Klärung mit Hilfe fester Rechtsgrundsätze in nichts nach. Dies ist hier der Fall.
An einschlägiger Rechtsprechung ist in erster Linie der BFH-Beschluß vom 12. November 1987 V B 52/86 (BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156) zu nennen. In dieser Entscheidung hat der BFH dahin befunden, daß die entgeltliche Übernahme von Baulasten, die Kfz-Stellplätze betreffen, steuerbar ist.
Es ist ferner gesicherte Rechtsprechung dazu vorhanden, daß sich die Bestimmung des Leistungsempfängers nach dem dem Umsatz zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft richtet (vgl. BFH-Urteile vom 11. Dezember 1986 V R 57/76, unter B I 2 a aa, BFHE 148, 361, BStBl II 1987, 233; vom 30. April 1987 V R 154/78, unter II 1 a, BFHE 150, 178, BStBl II 1987, 688; vom 26. November 1987 V R 85/83, BFHE 151, 479, BStBl II 1988, 158, und vom 1. Juni 1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677). Schließlich ist aufgrund der neueren Senatsrechtsprechung als geklärt anzusehen, unter welchen Voraussetzungen Zahlungen eines Dritten, statt einen Zuschuß darzustellen, Entgelt sind, das in die Bemessungsgrundlage eingeht (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 6. Oktober 1988 V R 101/85, unter 1, BFH/NV 1989, 327).
Fundstellen
Haufe-Index 417604 |
BFH/NV 1992, 705 |