Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragszahlungen an ein ärztliches Versorgungswerk
Leitsatz (NV)
Im Jahr 1994 geleistete Beiträge an ein ärztliches Versorgungswerk sind keine nach § 9 EStG abziehbaren Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG.
Normenkette
EStG §§ 9, 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 23.11.2004; Aktenzeichen 15 K 2089/99 E) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kläger machen geltend, es bedürfe der grundsätzlichen Klärung, ob freiwillig geleistete Beiträge an ein ärztliches Versorgungswerk zur Aufrechterhaltung einer Rentenanwartschaft in vollem Umfang als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr 1994 geltenden Fassung abzugsfähig sind. Dies sei anzunehmen, wenn --wie im Streitfall-- die Beiträge geleistet werden, um den Anspruch auf Berücksichtigung von Hinzurechnungszeiten bei der Rentenanwartschaft zu erhalten, der nach der Satzung des Versorgungswerks nur den im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls beitragzahlenden Mitgliedern zustehe. Die Beiträge seien deshalb wie sog. Wiederauffüllungszahlungen nach § 58 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) zu beurteilen, die nach herrschender Meinung als Werbungskosten zu behandeln seien. Zudem werde in der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Hamburg vom 11. Februar 2000 (S 2332 - 24/99 St 323) die Auffassung vertreten, Beiträge eines Arbeitnehmers zur Zusatzversorgung der Freien und Hansestadt Hamburg seien als Werbungskosten (bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) abzugsfähig, weil die Aufwendungen getätigt würden, um die später zu zahlende Zusatzversorgung zu erhalten.
Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage bedarf nicht mehr der grundsätzlichen Klärung.
a) Die Kläger weisen zwar zutreffend darauf hin, dass die herrschende Meinung Wiederauffüllungszahlungen, die ein Beamter nach § 58 BeamtVG leistet, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt (Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 24. Aufl., § 22 Rz. 117, m.w.N.). Begründet wird dies damit, dass die Aufwendungen der Erhaltung künftiger Einnahmen dienen, die nach Kürzung um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Nr. 1 EStG) und den Versorgungs-Freibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG) in vollem Umfang der Besteuerung unterliegen (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Oktober 1983 VI R 198/79, BFHE 139, 524, BStBl II 1984, 106, und BFH-Beschluss vom 19. Juni 2000 VI B 30/00, BFH/NV 2000, 1467). Hiervon geht ersichtlich auch die OFD Hamburg in der oben genannten Verfügung aus (vgl. hierzu auch Urteil des Finanzgerichts --FG-- Hamburg vom 1. Februar 2000 II 162/99, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 626).
b) Bei Beitragszahlungen, die zum Erwerb bzw. zum Erhalt einer Rentenanwartschaft geleistet werden, gelten jedoch andere Grundsätze. Solche Zahlungen sind keine Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (Senatsurteil vom 7. Februar 1990 X R 204/87, BFH/NV 1990, 762). Die Zahlungen betreffen die Vermögensebene, denn sie dienen dazu, die Rentenanwartschaft und damit einen Vermögensgegenstand des Steuerpflichtigen zu erwerben bzw. zu erhalten. Solche Aufwendungen zum Erwerb eines Vermögensgegenstands sind aber nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Senatsurteil in BFH/NV 1990, 762; Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 29/00, BFHE 197, 114, BFH/NV 2002, 268) keine (sofort abziehbaren) Werbungskosten. Nach der im Streitjahr geltenden Fassung des EStG unterliegen im Versorgungsfall die Rentenzahlungen insoweit auch nicht der Besteuerung, als sich die Rentenzahlung als Vorgang der Vermögensumschichtung im nichtsteuerbaren Bereich erweist. Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterliegt die jeweilige Rentenzahlung nur mit ihrem Ertragsanteil der Besteuerung. Steuerlich erfasst werden deshalb nur die Erträge des Rentenrechts. Denn der Ertragsanteil ist materiell-rechtlich ein pauschalierter Zinsanteil (ständige Rechtsprechung; Senatsurteil vom 5. Juni 2002 X R 1/00, BFH/NV 2002, 1438, m.w.N.). Die Auskehrung des bei Eintritt des Versorgungsfalls vorhandenen Vermögenswerts ist nicht steuerbar. Aufwendungen zur Begründung oder Erhaltung eines solchen Vermögenswerts dienen mithin nicht unmittelbar dazu, der Besteuerung unterliegende künftige Einnahmen zu begründen oder zu erhalten.
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 hinsichtlich der Besteuerung von Alterseinkünften, zu denen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) auch Leibrentenzahlungen aus berufständischen Versorgungseinrichtungen gehören, zur nachgelagerten Besteuerung übergegangen ist. Diese Rechtsänderung führt nicht dazu, dass Rentenbeiträge, die vor dem Jahr 2005 geleistet worden sind, zur Vermeidung einer späteren Überbesteuerung als vorweggenommene Werbungskosten zu behandeln wären (Senatsurteil vom 21. Juli 2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513). Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass es auch nicht ernsthaft zweifelhaft ist, dass ab dem 1. Januar 2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen ebenso wie andere Altersvorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des AltEinkG keine abziehbaren Werbungskosten sind. Solche Aufwendungen sind als Sonderausgaben nach näherer Maßgabe der Überleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung (§ 10 Abs. 3 EStG i.d.F. des AltEinkG) nur beschränkt abziehbar (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, juris Nr: STRE200610042).
Fundstellen
Haufe-Index 1501919 |
BFH/NV 2006, 1091 |