Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Prozeßerklärung bei Einlegung der Beschwerde
Leitsatz (NV)
Die auf dem Kopfbogen einer Steuerberatungsgesellschaft eingelegte und unter der Firmenbezeichnung von einem ihrer Geschäftsführer mit dem Zusatz "Steuerberater" unterzeichnete Beschwerdeschrift läßt nicht mit hinreichender Klarheit erkennen, daß die Beschwerde von dem Steuerberater als eigene Prozeßerklärung und nicht als solche der Gesellschaft eingereicht worden ist.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3
Tatbestand
Die gegen die Inanspruchnahme des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) durch Haftungsbescheid für nicht entrichtete Lohnsteuer gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen. Das Urteil des FG wurde dem Kläger am 2. Juli 1998 zugestellt. Mit am 3. August 1998 beim FG eingegangenem Schriftsatz wurde gegen das Urteil Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt.
Der Beschwerdeschriftsatz befindet sich auf dem Briefbogen der F … & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH. Er lautet sodann; "Namens und aufgrund mir vorliegender Vollmacht lege ich … Nichtzulassungsbeschwerde ein". Über der mit dem Zusatz "Steuerberater" versehenen Unterschrift des geschäftsführenden Gesellschafters steht die Firmenbezeichnung der Beratungsgesellschaft. In der erst nach Ablauf der Beschwerdefrist vom Kläger unterzeichneten und vorgelegten Prozeßvollmacht heißt es: "Hiermit erteile ich dem Steuerberater F … der F & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH Prozeßvollmacht…".
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen.
Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich jeder Beteiligte ―worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist― durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Daraus folgt im Umkehrschluß, daß eine Beschwerde nicht durch eine Wirtschaftsprüfungs- und/oder Steuerberatungsgesellschaft wirksam eingelegt werden kann (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. Juni 1996 V B 48/96, BFH/NV 1996, 926; vom 21. Mai 1997 I B 136/96, BFH/NV 1997, 888, und vom 12. Mai 1998 VII R 110/97, BFH/NV 1998, 1458). Wird das Rechtsmittel von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer auf dem Briefbogen der Steuerberatungsgesellschaft mbH, deren geschäftsführender Gesellschafter er ist, erhoben und unter der Firmenbezeichnung von diesem unterzeichnet, sieht die Rechtsprechung des BFH darin ein wesentliches Anzeichen dafür, daß das Rechtsmittel von dem Unterzeichner als Vertreter der Gesellschaft und nicht von ihm persönlich für den Rechtsmittelführer eingelegt worden ist (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1997 III R 90/96, BFH/NV 1997, 798; in BFH/NV 1997, 888; in BFH/NV 1996, 926). Zwar kann dieser Anschein durch eindeutige Erklärungen in dem Rechtsmittelschriftsatz und den ihm beigefügten Anlagen ―z.B. durch eine auf den Steuerberater persönlich ausgestellte Vollmacht― widerlegt werden (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1997, 888, und Senatsbeschlüsse in BFH/NV 1998, 1458, und vom 19. November 1998 VII B 127/98, BFH/NV 1999, 673), doch müssen solche Erklärungen und Umstände im Hinblick auf das Gebot hinreichend klarer Prozeßhandlungen, Zweifel daran, daß in Wirklichkeit eine natürliche Person die Prozeßhandlung vornehmen wollte, nahezu ausschließen (vgl. BFH in BFH/NV 1997, 888). Eine solche hinreichend deutliche Erklärung hat die Rechtsprechung in der ausdrücklichen Bezeichnung des unterzeichnenden Steuerberaters als Prozeßbevollmächtigten des Rechtsmittelführers z.B. im Rubrum der Rechtsmittelschrift gesehen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. November 1998 VII B 127/98, und BFH-Beschluß vom 2. Dezember 1997 X R 133/97, nicht veröffentlicht; BFH-Zwischenurteil vom 28. August 1991 I R 37/91, BFHE 166, 100, BStBl II 1992, 282), die bloße "Ich-Form" im Eingangssatz der Rechtsmittelschrift hingegen allein nicht für ausreichend gehalten (vgl. BFH in BFH/NV 1996, 926).
Im vorliegenden Fall läßt die auf einem Kopfbogen der Gesellschaft, unter der Firmenbezeichnung von einem Geschäftsführer unterzeichnete, wenn auch mit dem Zusatz "Steuerberater" versehene Beschwerdeschrift nicht mit hinreichender Klarheit erkennen, daß die Beschwerde von Steuerberater F als eigene Prozeßerklärung und nicht als solche der Gesellschaft eingereicht worden ist. Dem einzigen Indiz, das auf eine vom unterzeichnenden Steuerberater persönlich erhobene Beschwerde deuten könnte, nämlich die Formulierung "lege ich … Beschwerde … ein," fehlt die Aussage, daß es sich um eine Handlung des Beraters für den Kläger und nicht für die von ihm ―auch― vertretene Gesellschaft handelt. Die Bezugnahme auf die Prozeßvollmacht ist hier ebenfalls nicht geeignet, die Prozeßhandlung dem Steuerberater selbst und nicht der Gesellschaft zuzuordnen. Zum einen ist auch sie mißverständlich formuliert, indem der Kläger dem "Steuerberater H.-G.F. der F … & Partner, Steuerberatungsgesellschaft mbH" Prozeßvollmacht erteilt und zum anderen ist sie nicht zusammen mit der Beschwerdeschrift vorgelegt, sondern erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erteilt und eingereicht worden. Damit war im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung auch der Hinweis auf die Vollmacht ―anders als in der Senatsentscheidung in BFH/NV 1998, 1458― nicht geeignet, die Prozeßhandlung als solche des Steuerberaters F zu verdeutlichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. April 1996 X B 19/96, BFH/NV 1996, 701, und in BFH/NV 1997, 888).
Die Beschwerde ist auch deshalb unzulässig, weil sie keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend darlegt. Soweit die Beschwerde mit dem Vorbringen, die sich aus einem von ihr bezeichneten Urteil des BFH ergebende Rechtsprechung sei bei der Urteilsfindung des FG unberücksichtigt geblieben, möglicherweise eine Divergenz geltend machen will, fehlt es an jeglicher Darlegung eines von der Auffassung des BFH abweichenden, die Entscheidung des FG tragenden Rechtssatzes. Das weitere, allein gegen die sachliche Richtigkeit des angefochtenen FG-Urteils gerichtete Vorbringen ist gleichfalls nicht geeignet, einen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO geltend zu machen (vgl. zu den Darlegungserfordernissen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 61 bis 65).
Fundstellen
Haufe-Index 170891 |
BFH/NV 1999, 1218 |