Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an eine die zulassungsfreie Revision eröffnende Rüge.
2. Maßgebend für die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist die Besetzung der Richterbank in der letzten mündlichen Verhandlung.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Gründe
In rechtlicher Hinsicht führte der BFH aus:
Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision ist . . . nur dann statthaft, wenn innerhalb der Revisionsbegründungsfrist der Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt wird (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO; BFH-Beschluß vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568; Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 116 FGO Tz. 9, 23; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 116 Rz. 3, m. w. N.).
Diesen Anforderungen entspricht die Revisionsbegründung des Klägers nicht, denn er hat keine Tatsachen vorgetragen, die - ihre Richtigkeit unterstellt - einen Mangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO ergeben.
a) Ein Gericht ist i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn die gesetzlichen Vorschriften nicht beachtet sind, die sowohl das Gericht als solches (Besetzung mit einer bestimmten Zahl von Richtern, Bildung der einzelnen Spruchkörper, Bestimmung der Vorsitzenden und der Beisitzer, Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Richter) als auch die im Einzelfall zur Entscheidung berufenen Richter (Befähigung zum Richteramt, ordnungsmäßige Ernennung, persönliche und sachliche Unabhängigkeit, Verhandlungsfähigkeit) betreffen (BFH-Beschluß vom 27. Mai 1968 GrS 1/68, BFHE 92, 188, BStBl II 1968, 473, zum mit § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO gleichlautenden § 119 Nr. 1 FGO; Tipke / Kruse, a.a.O., § 116 FGO Tz. 12; Ruban in Gräber, a.a.O., § 119 Rz. 4). Ein Mangel hinsichtlich der Besetzung des Gerichts liegt deshalb vor, wenn bei der Zusammensetzung des Gerichts § 5 Abs. 3, §§ 14 bis 27 FGO, § 4 i. V. m. § 21 e bis g des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) nicht beachtet oder wenn gegen den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts verstoßen worden ist (Ruban in Gräber, a.a.O.).
b) Die Ausführungen des Klägers begründen keinen derartigen Mangel.
Der Kläger trägt zwar vor, daß ein an sich zur Mitwirkung berufener Richter am FG an der mündlichen Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, und an dem angefochtenen Urteil nicht mitgewirkt habe. Er führt jedoch nicht aus, warum der Spruchkörper des FG deshalb nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. November 1980 IV R 181/79, BFHE 132, 377, BStBl II 1981, 400).
Auch die Ausführungen des Klägers, an der mündlichen Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, hätten andere Richter mitgewirkt, als an der vorausgegangenen mündlichen Verhandlung, enthalten keine schlüssige Rüge eines Verfahrensfehlers i. S. vom § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Denn auch hiermit wird nicht dargelegt, daß das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Maßgebend für die Rüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist die Besetzung der Richterbank in der letzten mündlichen Verhandlung. Eine unvorschriftsmäßige Besetzung dieser Richterbank, des erkennenden Gerichts i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO nämlich, ergibt sich nicht schon daraus, daß die Richterbank in einem früheren Verhandlungstermin anders besetzt war; das gilt selbst dann, wenn in dem früheren Verhandlungstermin das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen wäre (Tipke / Kruse, a.a.O., § 116 FGO Tz. 12, 23; Ruban in Gräber, a.a.O., Rz. 6, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen).
Fundstellen