Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert im Verfahren über gesonderte Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
- Der Streitwert eines Rechtsstreits über eine gesonderte Gewinnfeststellung ist anhand der konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen bei dem Kläger zu ermitteln.
- Bei der Bemessung des Streitwerts wird eine gegenläufige Auswirkung der streitigen Gewinnerhöhung in einem anderen Feststellungszeitraum nicht mindernd berücksichtigt.
- Der BFH ist nicht an die Festsetzung des Streitwerts durch das FG gebunden.
Normenkette
GKG § 14
Tatbestand
Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) erhob nach erfolglosem Einspruch Klage gegen einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit für das Streitjahr 1989, mit dem der Gewinn um 569 727 DM erhöht worden war. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und setzte den Streitwert auf 142 000 DM fest.
Auf die Revision des Erinnerungsführers wurde vom beschließenden Senat mit Urteil vom 10. September 1998 IV R 80/96 (BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21) die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Daraufhin nahm der Erinnerungsführer die Klage zurück.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte mit Kostenrechnung vom 17. Februar 1999 Gerichtskosten in Höhe von 12 775 DM fest. Dabei ging sie von einem Streitwert in Höhe von 319 032 DM aus. Dieser Betrag entspricht der einkommensteuerlichen Auswirkung der streitigen Gewinnerhöhung beim Erinnerungsführer.
Mit der Erinnerung macht der Erinnerungsführer geltend, der Streitwert betrage 25 v.H. des streitigen Gewinns. Zwischen einem Verfahren zur gesonderten Gewinnfeststellung und einem Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung könne kein Unterschied bestehen.
Außerdem sei zu berücksichtigen, daß es in dem Rechtsstreit nur um eine Gewinnverschiebung gegangen sei und daß sich der streitige Betrag von 569 727 DM über mehrere Jahre angesammelt habe. Aus Vereinfachungsgründen habe die Betriebsprüfung die Gewinnauswirkung dem Streitjahr zugeordnet, welches das letzte Jahr des Prüfungszeitraums gewesen sei.
Es könne auch nicht richtig sein, daß in der zweiten Instanz ein anderer Streitwert zugrunde gelegt werde als in der ersten.
Der Erinnerungsführer beantragt, den Streitwert auf 142 000 DM festzusetzen.
Der Vertreter der Staatskasse beantragt, die Erinnerung, der die Kostenstelle nicht abgeholfen hat, als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Der Streitwert ist zutreffend mit 319 032 DM bemessen worden.
1. Im Verfahren der gesonderten Gewinnfeststellung ist der Streitwert für das Revisionsverfahren nach den einkommensteuerlichen Auswirkungen bei dem Steuerpflichtigen auf der Grundlage des Antrags des Rechtsmittelführers zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes ―GKG―).
In ständiger Rechtsprechung stellt der BFH bei dem Rechtsstreit über eine gesonderte Gewinnfeststellung auf die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen bei dem Kläger ab (Senatsurteil vom 20. Mai 1965 IV 195/63 U, BFHE 82, 595, BStBl III 1965, 462; Beschlüsse vom 22. Februar 1985 III R 206/83, BFH/NV 1985, 42; vom 8. März 1985 IV R 310/84, BFH/NV 1986, 752; vom 23. Januar 1989 IV E 1/85, BFH/NV 1989, 718). Damit macht er einen Unterschied zu der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung, bei der die einkommensteuerlichen Auswirkungen grundsätzlich mit 25 v.H. des streitigen Gewinns veranschlagt werden. Die unterschiedliche Behandlung findet ihre Rechtfertigung in Vereinfachungsgesichtspunkten und im Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung ―AO 1977―). Denn bei einer gesonderten Gewinnfeststellung ist nur ein Steuerpflichtiger betroffen, dessen konkrete einkommensteuerliche Verhältnisse mit geringem Aufwand ermittelt und in das Verfahren eingeführt werden können. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung sind mindestens zwei und häufig noch mehr Steuerpflichtige beteiligt, deren einkommensteuerliche Verhältnisse schwieriger zu ermitteln sind und die den anderen Beteiligten in der Regel nicht offenbart werden dürfen.
2. Bei der Bemessung des Streitwerts ist eine gegenläufige Auswirkung der streitigen Gewinnerhöhung in einem anderen Feststellungszeitraum nicht mindernd zu berücksichtigen. Es ist auch ohne Bedeutung, ob die Gewinnauswirkung durch einen aus Vereinfachungsgründen vorgenommenen Bilanzansatz verursacht wurde. Entscheidend ist insoweit allein, welche Gewinnminderung der Kläger mit seinem Antrag für den betreffenden Feststellungszeitraum erstrebt.
3. Der BFH ist nicht an die Festsetzung des Streitwerts durch das FG gebunden. Zwar wird nach § 14 Abs. 2 Satz 1 GKG der Streitwert in der Rechtsmittelinstanz durch den Streitwert in der ersten Instanz begrenzt. Diese Regelung soll sicherstellen, daß der Streitwert vor dem Rechtsmittelgericht auch dann nicht höher ist als in der ersten Instanz, wenn Rechtsmittelführer der Beklagte oder ein Beigeladener ist und dessen Interesse höher als das des Klägers zu bewerten ist. Sie gewährt aber keinen Vertrauensschutz für den selbst das Rechtsmittel führenden Kläger (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 10. Dezember 1992 6 B 42.92, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 360, § 14 GKG Nr. 4). Eine Bindung des Rechtsmittelgerichts durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung des Instanzgerichts ergibt sich deshalb daraus nicht. Es bleibt dem Rechtsmittelgericht trotz der Streitwertfestsetzung der Vorinstanz unbenommen, bei unverändertem Antrag den nach seiner Auffassung materiell zutreffenden Streitwert bei den von ihm festzusetzenden Gerichtskosten zugrunde zu legen (BVerwG-Beschluß vom 5. Januar 1993 11 ER 100.92, Buchholz, a.a.O., 360, § 13 GKG Nr. 69; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, vor § 135 Rz. 33).
4. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).
Fundstellen