Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB nur gegen Urteile; Anfechtbarkeit isolierter Kostenentscheidung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist nur gegen Urteile statthaft.

2. Gegen isolierte Kostenentscheidungen -- hier nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Verfahrensbeteiligten -- ist die Beschwerdemöglichkeit kraft Gesetzes ausgeschlossen. Eine Ausnahme kann im Falle einer sog. greifbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung in Betracht kommen.

3. Soweit die FGO eine Ausnahme vom grundsätzlichen Beschwerdeausschluß für Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision vorsieht, betrifft diese Regelung allein Streitverfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind und die das FG durch Urteil entschieden hat.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1, § 128 Abs. 4 Sätze 1-2, § 137 Abs. 1, § 138 Abs. 1, § 143 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Nachdem die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache vor dem Finanzgericht (FG) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat es mit dem angefochtenen Beschluß vom ... 1996 die Kosten des Verfahrens der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nach §138 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. §137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auferlegt.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde, unter Aufhebung des Kostenbeschlusses die Revision zuzulassen. In der Sache wendet sie sich gegen die ihrer Meinung willkürliche Auferlegung der Verfahrenskosten. §145 FGO stehe der Beschwerde nicht entgegen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht statthaft. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§132 FGO).

1. Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist nur gegen Urteile gegeben. Das Rechtsmittel der Revision steht den Verfahrensbeteiligten ausdrücklich nur gegen Urteile zu (vgl. §115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --; Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 7. Oktober 1977 VI B 64/77, BFHE 123, 318, BStBl II 1978, 2, 3).

Im Streitfall hat das FG zutreffend nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Verfahrensbeteiligten isoliert durch Beschluß nur noch über die Kosten des Verfahrens entschieden (vgl. §§138 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO).

Gegen eine solche isolierte Kostenentscheidung hat der Gesetzgeber eine Beschwerdemöglichkeit auch in der Gestalt der Nichtzulassungsbeschwerde durch §128 Abs. 4 Satz 1 FGO (zuvor Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG) zudem ausdrücklich ausgeschlossen.

Soweit §128 Abs. 4 Satz 2 FGO eine Ausnahme für Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision vorsieht, betrifft diese Regelung nur Streitverfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind und das FG hierüber durch Urteil entschieden hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Oktober 1995 III B 169/95, BFH/NV 1996, 430, 431; BFHE 123, 318, BStBl II 1978, 2, 3; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §128 Rdz. 9).

2. Selbst eine Umdeutung der unstatthaften Nichtzulassungsbeschwerde in eine Beschwerde nach §128 Abs. 1 FGO könnte deren Statthaftigkeit nicht begründen.

a) Nach §128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde abweichend von §128 Abs. 1 FGO nicht gegeben. §128 Abs. 4 FGO ist durch das FGO- Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2109) nach Maßgabe des Art. 7 mit Wirkung vom 1. Januar 1993 an die Stelle des Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG getreten.

Danach ist die Beschwerdemöglichkeit bei sog. isolierten Kostenentscheidungen ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluß vom 29. November 1994 VIII B 145/94, BFH/NV 1995, 538, m. w. N.).

Eine Beschwerde ist lediglich gegeben gegen eine den Fortgang des Verfahrens ablehnende Entscheidung, wenn Streit darüber entstanden ist, ob übereinstimmende Erledigungserklärungen vorgelegen haben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. November 1993 VIII B 112/93, BFH/NV 1994, 571; vom 13. Juli 1994 I B 6/94, BFH/NV 1995, 331, 332, m. w. N.). Ein derartiger Fall ist hier offensichtlich nicht gegeben. Der angefochtene Beschluß enthält im übrigen ausdrücklich eine Rechtsmittelbelehrung über seine Unanfechtbarkeit.

b) Eine Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung ist auch nicht deshalb ausnahmsweise statthaft, weil die Voraussetzungen einer sog. greifbaren Gesetzeswidrigkeit gegeben wären, wenn also nach dem Gesetz die angefochtene Entscheidung nach Art, Inhalt und Zuständigkeit oder Verfahren überhaupt nicht vorgesehen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Dezember 1994 V B 16/94, BFH/NV 1995, 721, m. w. N.).

Die Klägerin behauptet zwar im Schriftsatz vom 2. Oktober 1996, die Kostenentscheidung nach §137 Satz 1 FGO sei willkürlich, weil das FG lediglich auf die verspätete Abgabe der erst im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen abgehoben habe, im übrigen aber in keiner Weise auf den Gesamtfall eingegangen sei.

Mit dieser Rechtsbehauptung wird, auch unter Einbeziehung des von der Klägerin in Bezug genommenen, beim FG eingereichten Schriftsatzes vom 18. Juni 1996, weder eine greifbare Gesetzeswidrigkeit noch eine willkürliche, d. h. eine unvertretbare, von sachfremden Erwägungen bestimmte Entscheidung dargetan (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677, 679, m. w. N.; von Münch/Gubelt, Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 3 Rdz. 11, m. umf. N.). Bloß mögliche Rechtsfehler erfüllen indes für sich gesehen noch nicht die Anforderungen an die willkürliche Entscheidung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66965

BFH/NV 1998, 76

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