Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Einzelrichterregelung; Wirksamwerden von unanfechtbaren Beschlüssen
Leitsatz (NV)
1. Gegen die Möglichkeit der Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter bestehen keine verfassungsmäßigen Bedenken (Anschluß an die ständige Rechtsprechung).
2. Unanfechtbare Gerichtsbeschlüsse werden durch formlose Bekanntgabe wirksam.
Normenkette
FGO §§ 6, 53 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
...
Auch die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision i. S. des § 116 FGO sind nicht erfüllt.
Die Rüge, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil der Einzelrichter und nicht der volle Senat entschieden habe (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO), ist unbegründet.
1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 6 FGO bestehen nach Auffassung des Senats nicht. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. September 1983 2 BvR 1475/83 (Neue Juristische Wochenschrift 1984, 559) zu § 31 des Asylverfahrensgesetzes, der eine Einzelrichterzuständigkeit in einer dem § 6 Abs. 1 FGO vergleichbaren Weise eröffnet (BFH-Beschluß vom 19. Juli 1995 X R 41/94, BFH/NV 1996, 54; ebenso bereits Senatsurteil vom 8. Juni 1995 IV R 80/94, BFHE 178, 147, BStBl II 1995, 776, insoweit nicht veröffentlicht -- NV --, juris; BFH-Beschluß vom 17. April 1996 VI R 105/95, NV, juris).
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beschluß des Senats des FG vom 23. November 1993, mit dem der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen wurde, wirksam geworden. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Beschluß tatsächlich in der im Protokoll vom 23. November 1993 erwähnten Pause gefaßt worden ist. Der Beschluß wäre nämlich auch dann wirksam, wenn er vor Beginn des Erörterungstermins gefaßt und während des Erörterungstermins bekannt gegeben worden wäre. Er hätte überdies auch dann Geltung erlangt, wenn er erst nach dem Erörterungstermin gefaßt worden wäre. Er ist in jedem Fall dadurch wirksam geworden, daß er den Beteiligten formlos bekannt gegeben wurde. Da er unanfechtbar war (§ 6 Abs. 4 FGO), bedurfte es nicht der in § 53 Abs. 1 FGO vorgesehenen Zustellung (BFH-Beschluß vom 10. August 1994 II R 29/94, BFHE 175, 16, BStBl II 1994, 862, m. w. N.).
Auf den Protokollberichtigungsantrag der Klägerin kommt es daher ebensowenig an, wie auf die (nach § 165 der Zivilprozeßordnung i. V. m. § 94 FGO zweifelhafte) Vernehmung der angebotenen Zeugen, von denen zudem einer ausweislich des Protokolls bei dem fraglichen Erörterungstermin nicht anwesend war.
Fundstellen
Haufe-Index 423705 |
BFH/NV 1997, 242 |