Entscheidungsstichwort (Thema)
Nominalwertprinzip; Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine verfassungswidrige Benachteiligung durch die Anwendung des Nominalwertprinzips bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nicht vorliegt.
2. Zu den Darlegungserfordernissen des Zulassungsgrunds der Divergenz.
Normenkette
GG Art. 3, 14; EStG § 2 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 07.03.2007; Aktenzeichen 9 K 1459/05 F) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Divergenz
Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das angefochtene Urteil weicht entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht von der mit der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des BFH ab.
Ein Finanzgericht (FG) weicht von einer Entscheidung des BFH ab, wenn es bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in derselben Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt (BFH-Beschluss vom 6. April 2006 IV B 131/04, BFH/NV 2006, 1476, unter 2.b der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.
Die Kläger gehen davon aus, das FG habe in der Vorentscheidung den Rechtssatz aufgestellt, dass die Höhe des Entnahmegewinns in der Regel dem Verkehrswert entspricht. Ein derartiger Rechtssatz ist der Vorentscheidung bei verständiger Würdigung indes nicht zu entnehmen. Zwar führt die Vorentscheidung unter gleichzeitigem, insoweit nicht nachvollziehbarem, Hinweis auch auf den gemeinen Wert aus, dass für die Höhe des vorliegenden Entnahmegewinns der Teilwert maßgeblich sei. Diese Ausführungen können aber nur dahin verstanden werden, dass der Teilwert als eine Berechnungsgröße für die Ermittlung des Entnahmegewinns heranzuziehen ist. Dass die Buchwertausbuchung zu einem entsprechenden Aufwand führte und damit per Saldo nur die Differenz aus dem Teilwert und dem Buchwert gewinnwirksam erfasst werden sollte, lag auf der Hand und wurde durch die Ausführungen des FG nicht in Abrede gestellt. Dafür spricht auch die tatbestandliche Verweisung der Vorentscheidung auf die Berechnung des Entnahmegewinns in dem Betriebsprüfungsbericht. Das FG hat die Ermittlung des Entnahmegewinns im Einzelnen ersichtlich nur deshalb nicht erörtert, weil zwischen den Beteiligten lediglich die Höhe des Teilwerts der entnommenen Grundstücke streitig war. Nach der diesbezüglichen Einigung der Beteiligten auf einen um 9 500 DM niedrigeren Teilwert hat das FG insoweit konsequent tenoriert, dass die Sonderbetriebseinnahmen um 9 500 DM zu kürzen sind.
2. Grundsätzliche Bedeutung
Soweit die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen, indem sie eine Verletzung von Art. 3 und Art. 14 Abs. 1 des Grundsgesetzes (GG) rügen, fehlt es bereits an der hinreichenden Darlegung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Eine solche Darlegung erfordert konkrete Ausführungen darüber, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juni 1996 VIII B 102/95, BFH/NV 1996, 921, m.w.N.). Das gilt auch, wenn die grundsätzliche Bedeutung auf einen Verstoß gegen Normen des GG gestützt wird (BFH-Beschluss vom 20. Juni 1994 III B 39/94, BFH/NV 1995, 50). Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Regelung reicht dazu nicht aus (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 34, m.w.N.).
Lässt sich eine Rechtsfrage unmittelbar aus dem Gesetz beantworten, ist sie nicht klärungsbedürftig. Sie ist auch dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920).
Hält der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage dennoch für klärungsbedürftig oder sieht er durch eine gesetzliche Regelung oder deren Auslegung einen Verfassungsverstoß als gegeben an, so muss er auch unter Heranziehung der entsprechenden Rechtsprechung und Literatur darstellen, ob und ggf. in welchem Umfang die aufgeworfene Rechtsfrage umstritten ist, oder dass trotz eindeutiger gesetzlicher Regelung und vorhandener Rechtsprechung noch weiterer Klärungsbedarf besteht und dass die Rechtsfrage, aus der sich die Verfassungswidrigkeit ergeben soll, bisher nicht geklärt sei (BFH-Beschluss vom 17. Juni 1996 VIII B 59/96, BFH/NV 1998, 171).
Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht.
Die Kläger rügen eine Verletzung von Art. 3 und 14 GG, da durch die bilanzielle Erfassung der Betriebsgrundstücke mit dem Nominalwert bei der Besteuerung der Gewinne aus deren Veräußerung, die im Streitfall erst nach vielen Jahren der Zugehörigkeit der Grundstücke zum Betriebsvermögen erfolgt sei, auch inflationsbedingte und damit nur scheinbare Wertsteigerungen der Besteuerung unterworfen würden.
Mit dem Nominalwertprinzip im Steuerrecht hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dem Beschluss vom 19. Dezember 1978 1 BvR 335, 427, 811/76 (BVerfGE 50, 57) im Hinblick auf die Besteuerung der Kapitaleinkünfte eingehend auseinandergesetzt. Auch in dem Beschluss vom 15. Dezember 1989 2 BvR 436/88 (Der Betrieb --DB-- 1990, 969) hat das BVerfG betont, dass das Nominalwertprinzip ein tragendes Ordnungsprinzip der geltenden Währungsordnung und Wirtschaftspolitik ist. Der erkennende Senat hat ebenfalls unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 50, 57 ausgeführt, dass eine verfassungswidrige Benachteiligung durch die Anwendung des Nominalwertprinzips bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nicht vorliegt (Senatsurteil vom 1. März 2001 IV R 90/99, BFH/NV 2001, 904). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, 93b des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 27. November 2002 2 BvR 616/01).
Mit dieser Rechtsprechung hätten sich die Kläger näher auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen müssen, welche gewichtigen und bislang noch nicht bedachten verfassungsrechtlichen Einwände ein Abgehen des Gesetzgebers von der Besteuerung nach dem Nominalwertprinzip erforderten. Allein der Hinweis, dass die inflationsbedingten Scheingewinne angesichts des langen Zeitraums der steuerlichen Verstrickung des hier in Streit stehenden Wirtschaftsguts in erheblichem Umfang angewachsen seien, genügt diesen Anforderungen nicht. Welche steuer- und verfassungsrechtlich relevanten Veränderungen in der wirtschaftlichen Entwicklung eingetreten sein sollen, die eine Abkehr von der vom BVerfG vertretenen Auffassung geböten, ist den Ausführungen der Kläger nicht zu entnehmen.
Ebenso gibt der zur Vermögensteuer ergangene Beschluss des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121) keinen Anlass anzunehmen, das BVerfG habe von seiner früheren Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Anwendung des Nominalwertprinzips bei der Besteuerung abrücken wollen. Entsprechendes gilt auch für den zur Erbschaftsteuer ergangenen Beschluss des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91 (BVerfGE 93, 165).
Ebenso wenig wird mit dem Hinweis auf die fehlende Belastungsgleichheit bei der Besteuerung von im Betriebsvermögen gehaltenen Immobilien einerseits und von im Privatvermögen gehaltenen Immobilien andererseits ein Verfassungsverstoß ausreichend dargelegt. Es kann dahinstehen, ob der Dualismus der Einkunftsarten und die damit verbundene unterschiedliche Erfassung von Gewinnen aus der Veräußerung von zur Erzielung von Einkünften genutzten Wirtschaftsgütern den Anforderungen des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG entsprechen, was bisher vom BVerfG nicht in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Mai 1970 1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, unter C.I. der Gründe; Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 2 Rz A 499). Denn jedenfalls könnten sich die Kläger auf eine die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gleichheitssatzwidrig nicht voll erfassende Besteuerung privater Veräußerungsgewinne nicht zu ihren Gunsten berufen. Ein derartiger Gleichheitsverstoß könnte nur dadurch beseitigt werden, dass auch solche (privaten Veräußerungs-)Gewinne umfassend der Einkommensteuer unterworfen würden. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird durch die Realisierung von Gewinnen aus der Veräußerung von zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzten Gegenständen in gleicher Weise gesteigert wie im Fall der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens (Senatsurteil in BFH/NV 2001, 904). Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass etwaige Wertveränderungen der im betrieblichen Vermögen gehaltenen Immobilien nicht nur zu Lasten (Erhöhung der stillen Reserven), sondern auch zu Gunsten des Betriebsinhabers, etwa durch eine gewinnwirksame Teilwertabschreibung, Berücksichtigung finden.
Fundstellen
Haufe-Index 1951347 |
BFH/NV 2008, 766 |