Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Verfahrensfehler
Leitsatz (NV)
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob ein Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 15a UStG als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren sei, wenn dem Treuhänder nach § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO die Verwertung absonderungsbelasteten Vermögens entzogen sei, setzt u.a. voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Problematik bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH auseinandersetzt.
2. Bei der Beurteilung, ob das Finanzgericht einen Verfahrensfehler begangen hat, kommt es auf dessen materiell-rechtlichen Standpunkt an.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 76 Abs. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 313 Abs. 3 S. 1; UStG § 15a
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 14.02.2007; Aktenzeichen 5 K 163/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen darauf gestützt, dass der Bundesfinanzhof (BFH) diese Fragen bisher noch nicht entschieden habe. Mit diesem Hinweis hat er eine grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Denn daraus ergibt sich nicht, dass die zu entscheidenden Rechtsfragen klärungsbedürftig sind. Vielmehr bedarf es der Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und der Darlegung, weshalb die bestehenden Rechtsprechungsgrundsätze auf den Streitfall nicht übertragbar sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. August 2002 II B 62/01, BFH/NV 2003, 62). Daran mangelt es im Streitfall.
Der Kläger hat die Frage als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfen, ob ein Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) zu qualifizieren sei, wenn dem Treuhänder nach § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO die Verwertung absonderungsbelasteten Vermögens entzogen sei. Er hat sich nicht innerhalb der Frist für die Begründung der Beschwerde (vgl. § 116 Abs. 3 FGO) mit der zu dieser Problematik bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH auseinandergesetzt. Danach können Verbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters, sondern auch "in anderer Weise" begründet werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. April 2005 V R 5/04, BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848, unter II.2.a der Gründe). Als eine Verwertung in anderer Weise hat der BFH auch Verwertungshandlungen des Absonderungsberechtigten angesehen (vgl. Urteile vom 24. Juni 1992 V R 130/89, BFH/NV 1993, 201; vom 16. August 2001 V R 59/99, BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208). Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung ausdrücklich auf diese Rechtsprechung gestützt und darauf verwiesen, dass Absonderungsrechte die Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse (§ 35 InsO) nicht hinderten (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 201) und dass diese Zugehörigkeit auch durch die Einschränkung der Rechte des Treuhänders nach § 313 Abs. 3 InsO unberührt bleibe.
Der Kläger ist in der Beschwerdebegründung auf diese Rechtsprechung des BFH nicht eingegangen und hat nicht dargelegt, weshalb auf ihrer Grundlage entgegen der Auffassung des FG die gemäß § 313 Abs. 3 InsO fehlende Verwertungsbefugnis des Treuhänders einen entscheidungserheblichen Unterschied machen soll.
Soweit der Kläger weitere Rechtsfragen als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfen und als noch nicht entschieden bezeichnet hat, hat er die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfragen auf der Grundlage der vorstehend zitierten Rechtsprechung nicht dargelegt.
2. Mit seinem Vorbringen, es sei nicht aufgeklärt worden, ob im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Grundbesitz der Schuldnerin bereits die Zwangsverwaltung oder die Zwangsversteigerung angeordnet gewesen sei, hat der Kläger eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG nicht schlüssig gerügt. Denn bei der Beurteilung, ob das FG einen Verfahrensfehler begangen hat, kommt es auf dessen materiell-rechtlichen Standpunkt an (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 12/98, BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731, m.w.N.). Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür dargelegt worden oder sonst ersichtlich, dass nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG für die Zuordnung des Vorsteuerberichtigungsanspruchs gemäß § 15a UStG nicht der Zeitpunkt des Zuschlags (§ 90 des Zwangsversteigerungsgesetzes), sondern der davor liegende Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung des Grundstücks entscheidend sei.
Fundstellen
Haufe-Index 1954248 |
BFH/NV 2008, 819 |