Entscheidungsstichwort (Thema)
Umbau von zwei abgeschlossenen Wohnungen zu einer Wohnung; Umbau von nicht mehr zu Wohnzwecken geeigneten Räumen als Ausbau; Verlustabzug; Anschlußrevision; Kostenentscheidung bei teilweiser Zurückverweisung
Leitsatz (NV)
1. Baut der Eigentümer zwei abgeschlossene Wohnungen eines Wohn- und Geschäftshauses unter Verwendung der vorhandenen Bausubstanz zu einer für eigene Wohnzwecke genutzten Wohnung um, steht ihm für die dadurch entstandenen Baukosten ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG nicht zu.
2. Ein nach § 10e Abs. 2 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 II. WoBauG begünstigter Ausbau durch Umbau von nicht mehr zu Wohnzwecken geeigneten Räumen, liegt nur vor, wenn die Räume objektiv nicht mehr bewohnbar sind, weil die notwendige Mindestausstattung fehlt.
3. Über die Höhe des Verlustabzugs nach § 10d EStG 1987 wird nicht im Jahr des Entstehens, sondern erst im Jahr des Abzugs entschieden.
4. Die unselbständige Anschlußrevision ist nur zulässig, wenn der Anschlußrevisionskläger durch das finanzgerichtliche Urteil beschwert ist.
5. Die Kostenentscheidung kann dem Finanzgericht auch dann übertragen werden, wenn die Anschlußrevision zwar unzulässig ist, die Revision aber zur Aufhebung und Zurückverweisung führt.
Normenkette
EStG 1987 §§ 10d, 10e Abs. 1; FGO § 143 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (Kläger) erwarb im Jahr 1986 von seiner Mutter im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich ein Wohn- und Geschäftshaus. Im Erdgeschoß (EG) des im Jahr 1895 errichteten Gebäudes befanden sich eine Werkstatt und ein Ladengeschäft, im 1. und 2. Obergeschoß (OG) je eine 4-Zimmer-Wohnung mit Küche, Bad und WC (Wohnfläche jeweils 94 qm). Das Dachgeschoß (DG) war im Jahr 1905 zu einer 3-Zimmer-Wohnung mit Küche und WC (ohne Bad) ausgebaut worden (Wohnfläche 70 qm). Außerdem befanden sich im DG drei Mansardenräume, die den drei Wohnungen als Abstellräume dienten. Im Zeitpunkt des Erwerbs waren die Geschäftsräume sowie die Wohnungen vermietet.
Der Restwert des Gebäudes betrug Ende Dezember 1986 26 231 DM. Das gesamte Objekt hatte nach einem im November 1984 erstellten Sachverständigengutachten einen Verkehrswert von 491 100 DM bei einem Grundstücksverkehrswert (Bodenwert einschließlich Erschließung) von 242 400 DM.
Nach Übernahme des Hauses setzte der Kläger die Mietverhältnisse über die Geschäftsräume im EG und die Wohnung im 1. OG fort. Die Mieter der Wohnungen im 2. OG und im DG zogen nach Kündigung zum Jahresende 1986 aus. Anschließend renovierte der Kläger das Anwesen und baute die Wohnung im 2. DG, die DG-Wohnung sowie die Mansardenräume zu einer Maisonettewohnung um (Wohnfläche im 2. OG 102,83 qm, im DG 92,94 qm), in die er im November 1987 mit seiner Familie einzog.
Im Rahmen der Umbaumaßnahmen wurden die Räume in beiden Geschossen unter Eingriff in die Statik wesentlich anders aufgeteilt. Die bisherige Deckenkonstruktion zwischen beiden Geschossen wurde teilweise entfernt und erneuert sowie beide Geschosse durch eine zusätzliche Treppe (neben dem bestehenden Treppenhaus) verbunden.
Zur Gartenseite des Gebäudes wurden im 2. OG ein Balkon sowie ein Lastenfahrstuhl eingebaut. Im DG wurden die Lage, Form und Größe der Gauben verändert. Außerdem wurde eine Dachloggia unter Eingriff in die Dachkonstruktion eingebaut.
Im Rahmen des Innenausbaus mußten die Elektro- und Sanitärinstallation sowie die Fenster, Türen und Bodenbeläge erneuert werden. Das bisher nur in der Wohnung im 2. OG vorhandene Bad wurde zur Küche umgebaut; im DG wurden zwei dort nicht vorhandene Bäder eingerichtet. Für die Maisonettewohnung wurde als zentrale Heizungsanlage eine Gasheizung installiert.
Der Umbau der beiden Wohnungen kostete insgesamt 346 775 DM. Für die Reparaturarbeiten am gesamten Gebäude (Gipser-, Maler- und Blechnerarbeiten) entstanden Kosten in Höhe von 78 369 DM. Hiervon entfielen 39 178 DM auf die neue Wohneinheit. Für die Finanzierung des Gesamtaufwands hatte der Kläger bis zur Bezugsfertigkeit der neuen Wohnung Ende Oktober 1987 Zinsen in Höhe von 41 003 DM aufgewendet. Ein Teilbetrag in Höhe von 37 546 DM betraf die Finanzierung der Umbau- und Ausbaukosten der Maisonettewohnung.
Der Kläger war der Auffassung, sämtliche mit dem Gebäude zusammenhängenden, bis zum 31. Oktober 1987 abgeflossenen Aufwendungen -- mit Ausnahme der Herstellungskosten -- seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Von dem insgesamt für die Maisonettewohnung angefallenen Bauaufwand (346 775 DM) seien 82 571 DM -- ebenfalls als Werbungskosten abziehbare -- Erhaltungsaufwendungen für die (ehemalige) Wohnung im 2. OG. Bei dem restlichen Betrag von 264 204 DM handle es sich um Herstellungskosten für einen nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 begünstigten Ausbau. Hierfür begehrte der Kläger einen Abzugsbetrag in Höhe von 13 210 DM.
Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte im (geänderten) Einkommensteuerbescheid für 1987 die Aufwendungen für die Reparaturarbeiten am gesamten Gebäude (78 369 DM), die bis Ende Oktober angefallenen Schuldzinsen (41 003 DM), die Absetzung für Abnutzung (AfA) sowie die laufenden Kosten nur anteilig, soweit sie auf die vermieteten Gebäudeteile entfielen. Als Herstellungskosten für einen Ausbau i. S. des § 10e Abs. 2 EStG sah das FA nur die Aufwendungen für den Umbau der Mansarden zu Wohnraum in Höhe von 52 836 DM an. Es gewährte daher nur einen Abzugsbetrag von 2 642 DM. Als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG ließ es die hierauf entfallenden (anteiligen) Zinsen in Höhe von 3 622 DM zum Abzug zu. Die Einkommensteuer betrug ... DM.
Auf die -- nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene -- Klage setzte das Finanzgericht (FG) die Einkommensteuer auf 0 DM fest. Es gewährte für den Umbau der Wohnungen einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 15 000 DM und ließ die mit den Umbauaufwendungen zusammenhängenden anteiligen Schuldzinsen (37 546 DM) zum Abzug als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG zu. Es ergab sich ein negatives zu versteuerndes Einkommen. Zur Begründung führte das FG aus:
Der Kläger habe zwar behauptet, er habe ursprünglich die Wohnungen im 2. OG und im DG nach deren Renovierung vermieten wollen, diese Behauptung aber nicht unter Beweis gestellt. Die objektiven Umstände ließen nur den Schluß zu, daß er nach Auszug des letzten Mieters die Absicht aufgegeben habe, Einkünfte aus den Wohnungen im 2. OG und im DG zu erzielen. Insoweit komme ein Abzug von Werbungskosten nicht in Betracht.
Die im Zusammenhang mit dem Umbau der beiden Wohnungen angefallenen, insgesamt als Herstellungskosten zu beurteilenden Aufwendungen seien aber nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigt, weil der Kläger mit dem Umbau des 2. OG und des DG zu einer Maisonettewohnung unter Einbeziehung der bisherigen Bausubstanz eine neue Wohnung hergestellt habe. Da die Herstellungskosten hierfür (346 775 DM + 39 178 DM) die Höchstbemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG überstiegen, könne dahinstehen, mit welchem Betrag der Restwert der Altbausubstanz sowie der anteilige Grund und Boden zu erfassen sei. Die auf die Maisonettewohnung entfallenden Schuldzinsen in Höhe von 37 546,46 DM seien als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar.
Mit der Revision trägt das FA vor: Durch die Umbaumaßnahmen (unter Einbeziehung der Altbausubstanz) sei keine neue, nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigte Wohnung entstanden, weil die Baumaßnahmen das Gebäude in seinem Bestand nicht so wesentlich verändert hätten, daß es bei wirtschaftlicher Betrachtung als neues Wirtschaftsgut erscheine. Die bisherigen Fundamente, Außenmauern und sonstigen tragenden Teile -- mit Ausnahme der Geschoßdecken zwischen dem 2. OG und dem DG sowie der Dachkonstruktion -- würden (nahezu) unverändert genutzt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit der (unselbständigen) Anschlußrevision trägt der Kläger vor: Nur die Aufwendungen für den Aus- und Umbau des DG in Höhe von 264 203 DM seien als -- nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigte -- Herstellungskosten zu beurteilen. Die für die Arbeiten im 2. OG angefallenen Kosten seien Erhaltungsaufwendungen, die in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar seien. Nach Auffassung des FG seien die Aufwendungen nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn nach dem Auszug der Mieter auch weiterhin Vermietungsabsicht bestanden hätte. Da es nach seiner -- des Klägers -- Auffassung hierauf nicht ankomme, sei im finanzgerichtlichen Verfahren für die Vermietungsabsicht zunächst kein Beweis angetreten worden. Er habe dies jedoch mit Schreiben vom 23. April 1990 und vom 29. August 1990 ausdrücklich angeboten. Durch die Ablehnung des Werbungskostenabzugs im FG-Urteil "aus Beweisgründen" sei er völlig überrascht worden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung weitere Werbungskosten in Höhe von 123 623 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen:
Hilfsweise beantragt er, die Revision zurückzuweisen.
Das FA beantragt, die Anschlußrevision mangels Beschwer zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Anschlußrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
I. Anschlußrevision des Klägers.
Eine Anschlußrevision ist nur statthaft, wenn der Anschlußrevisionskläger durch das angefochtene Urteil beschwert ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, 292, BStBl II 1995, 353, m. w. N.). Ob eine Beschwer vorliegt, ist bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids nach der Differenz zwischen der angestrebten und der festgesetzten Steuer zu beurteilen. Das FG hat dem Antrag des Klägers entsprechend die Einkommensteuer des angefochtenen Steuerbescheids auf 0 DM festgesetzt. Der Kläger ist somit durch die festgesetzte Steuer nicht beschwert. Da Streitgegenstand im finanzgerichtlichen Verfahren nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Bescheids ist, kann die Beschwer auch nicht darin gesehen werden, daß das FG seine Entscheidung auf andere als die vom Kläger vorgebrachten Gründe gestützt hat. Ebensowenig liegt eine Beschwer darin, daß der Kläger einen -- sich in anderen Veranlagungszeiträumen auswirkenden -- höheren Verlust aus Vermietung und Verpachtung geltend macht. Denn über die Höhe des Verlustabzugs nach § 10d EStG in der für das Streitjahr 1987 geltenden Fassung wird nicht im Jahr des Entstehens, sondern erst im Jahr des Abzugs entschieden (z. B. BFH-Urteile vom 8. Dezember 1982 VIII R 53/82, BFHE 139, 28, BStBl II 1983, 710, und vom 10. November 1987 VIII R 17--19/84, BFH/NV 1989, 278).
II. Revision des FA.
1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG zu Unrecht einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG gewährt hat. Der Kläger hat durch die Baumaßnahmen keine Wohnung i. S. von § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt.
a) Herstellen einer Wohnung bedeutet, daß eine neue, bisher nicht vorhandene Wohnung geschaffen wird. Ein Umbau von mehreren selbständigen Wohnungen zu einer Wohnung genügt nicht.
Diese Auslegung ergibt sich aus der Systematik der Vorschrift und aus den mit ihr verfolgten vermögens- und eigentumspolitischen Zielen. Die Steuerbegünstigungen in § 10e EStG sollen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß möglichst viele Bürger, insbesondere Familien mit Kindern, Wohneigentum für eigene Wohnzwecke erwerben können (BTDrucks 10/3633 S. 10). Steuerpflichtige, die eine Wohnung herstellen oder eine Wohnung anschaffen, können daher einen bestimmten Teil der Herstellungs- oder Anschaffungskosten wie Sonderausgaben abziehen (§ 10e Abs. 1 EStG). Sind sie bereits Eigentümer einer Wohnung, erhalten sie einen Abzugsbetrag, wenn sie die Wohnung i. S. des § 17 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) ausbauen oder erweitern -- § 10e Abs. 2 EStG -- (BFH-Urteil vom 8. März 1995 X R 74/94, BFHE 177, 399, m. w. N.). Ausbauten und Erweiterungen im Sinne des II. WoBauG liegen nur vor, wenn durch die Baumaßnahmen neuer Wohnraum geschaffen wird (BFHE 177, 399). Insoweit ergänzt Absatz 2 den Fördertatbestand nach Absatz 1 Satz 2, der die Schaffung von Wohnraum durch Herstellung einer Wohnung begünstigt. Die auf Ausbauten und Erweiterungen i. S. des § 17 des II. WoBauG beschränkte Förderung für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden zwingt zu dem Schluß, daß § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG nur für den Neubau einer Wohnung gilt.
Unter einer Wohnung ist die Zusammenfassung mehrerer Räume zu verstehen, in denen ein selbständiger Haushalt geführt werden kann. Es müssen daher auch eine Küche oder zumindest eine Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und WC vorhanden sein. Außerdem müssen die Räume in Mehrfamilienhäusern baulich gegenüber anderen Räumen abgeschlossen sein und einen eigenen Zugang haben.
Werden mehrere selbständige Wohnungen in einem Gebäude durch Baumaßnahmen zu einer Wohnung zusammengefaßt, wird nur dann eine neue Wohnung hergestellt, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen. Die Umwandlung mehrerer Wohnungen zu einer Wohnung z. B. durch einen Mauerdurchbruch bei nebeneinander liegenden Wohnungen oder einen Deckendurchbruch bei übereinander liegenden Wohnungen reicht hierfür nicht aus, ebensowenig der Umbau einzelner Räume. Derartige Baumaßnahmen dienen auch nicht dem mit § 10e EStG verfolgten Zweck, die Bildung von Wohneigentum zu fördern.
Eine Wohnung ist nur dann i. S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt worden, wenn sie bautechnisch neu ist (BFH-Urteil vom 24. November 1992 IX R 62/88, BFHE 169, 380, BStBl II 1993, 188 zu § 7 Abs. 5 EStG -- Herstellen einer Eigentumswohnung --). Bautechnisch neu bedeutet, daß das Gebäude in seiner wesentlichen Substanz verändert wird. Ein Neubau kann daher nicht angenommen werden, wenn lediglich der durch die Außenmauern umbaute Raum umgestaltet wird. Vielmehr müssen die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes geben. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind, wie z. B. Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschoßdecken und die Dachkonstruktion (BFH-Urteile vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808, und vom 29. Juni 1993 IX R 44/89, BFH/NV 1994, 460, jeweils m. w. N.).
b) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG zu gewähren ist, wenn durch Baumaßnahmen erstmals eine selbständige, abgeschlossene Wohnung in einem bestehenden Gebäude entsteht (vgl. Bundesministerium der Finanzen -- BMF -- vom 31. Dezember 1994, BStBl I 1994, 887, Tz. 14), kann der Senat offen lassen. Denn im Streitfall waren vor dem Umbau zwei selbständige Wohnungen vorhanden.
c) Durch den Umbau der beiden Wohnungen im 2. OG und im DG zu einer Maisonettewohnung hat der Kläger keine -- bautechnisch neue -- Wohnung geschaffen. Er hat zwar auch tragende Teile des Gebäudes verändert (Durchbruch der Geschoßdecke zwischen 2. OG und DG, Eingriff in die Dachkonstruktion). Jedoch wurde die bisherige Bausubstanz weitgehend beibehalten. Äußerlich hat sich das Gebäude bis auf die Vergrößerung der Dachgauben, den Einbau einer Loggia und den Anbau eines Balkons nicht verändert. Im wesentlichen hat der Kläger nur den durch die Außenmauern umbauten Raum umgestaltet.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Aufwendungen für die Baumaßnahmen im 2. OG (82 571 DM) und für die anteiligen, auf die Maisonettewohnung entfallenden Reparaturarbeiten am Gebäude (39 179 DM), die das FG den Herstellungskosten für eine neue Wohnung zugerechnet hat, ebenso wie die anteiligen laufenden Kosten (621 DM), die anteilige AfA (860 DM) und die anteiligen Schuldzinsen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, denn er hat die umgebauten Wohnungen nicht zur Einkünfteerzielung genutzt. Soweit die im November/Dezember 1987 gezahlten Schuldzinsen zum Teil auf die Finanzierung der Reparaturaufwendungen am vermieteten Gebäudeteil entfallen -- wie der Kläger behauptet -- sind sie dagegen als Werbungskosten abziehbar (siehe unter II 3 d).
a) Nach der Rechtslage vor 1987 konnte der Eigentümer vor Beginn der Selbstnutzung entstandene Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehen, weil für die selbstgenutzte Wohnung gemäß § 21 Abs. 2 EStG ein fiktiver (gegebenenfalls nach § 21a EStG pauschalierter) Nutzungswert angesetzt wurde. Soweit mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung ab 1987 (§ 52 Abs. 21 EStG) kein fiktiver Mietwert mehr zu berücksichtigen ist, entfällt damit auch der Werbungskostenabzug. Von 1987 an können vor Bezug entstandene Aufwendungen für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 10e Abs. 6 EStG wie Sonderausgaben abgezogen werden.
b) Will der Eigentümer eine bisher vermietete Wohnung in Zukunft zu eigenen Wohnzwecken nutzen, gibt er mit dem Auszug der Mieter die Absicht auf, Vermietungseinkünfte zu erzielen. Aufwendungen für leerstehende Räume können jedoch nur dann als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Entschluß zur Einkünfteerzielung endgültig gefaßt ist (BFH-Urteil vom 2. März 1993 IX R 69/89, BFH/NV 1993, 532). Im Streitfall ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die oberen Geschosse wieder vermieten wollte. Die Behauptung des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren, bei dem jetzt eigengenutzten Objekt sei zunächst "der Ausbau und die Vermietung eines weiteren Dachgeschosses geplant" gewesen, weil er für sich ein Einfamilienhaus gesucht habe, stimmt mit dem im August 1986 gefertigten und vom Bauordnungsamt im November 1986 genehmigten Baugesuch sowie den statischen Berechnungen nicht überein. Danach war von Anfang an der Umbau von zwei Wohngeschossen in eine Wohneinheit geplant.
c) Die -- als Gegenrüge grundsätzlich zulässige -- Verfahrensrüge des Klägers, das FG hätte Beweis darüber erheben müssen, daß er auch nach dem Auszug der Mieter noch Vermietungsabsicht gehabt habe, ist nicht schlüssig erhoben. Bei der Rüge mangelnder Sachaufklärung ist unter anderem anzugeben, welche Beweismittel das FG hätte erheben müssen und was die Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte. Hierzu hat der Kläger nichts vorgebracht.
3. Die streitigen Aufwendungen können steuerrechtlich nur berücksichtigt werden, soweit die Umbaumaßnahmen zu einem Ausbau oder einer Erweiterung i. S. des § 10e Abs. 2 EStG geführt haben. Das FG hat hierzu aus seiner Sicht zu Recht keine Feststellungen getroffen. Die Vorentscheidung wird daher aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
a) Die Begriffe "Ausbauten" und "Erweiterungen" werden in § 17 Abs. 1 und 2 des II. WoBauG umschrieben. Diese Begriffsbestimmungen gelten auch für § 10e Abs. 2 EStG (BFH-Urteil in BFHE 177, 399). Da Erweiterungen nur bei Aufstockung des Gebäudes oder Anbau an das Gebäude vorliegen (§ 17 Abs. 2 des II. WoBauG), kommt im Streitfall als begünstigte Maßnahme nur ein Ausbau in Betracht.
Als Ausbau gilt nach § 17 Abs. 1 des II. WoBauG das Schaffen von Wohnraum durch
--einen Ausbau des Dachgeschosses,
--eine unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umwandlung von Räumen, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung bisher anderen als Wohnzwecken dienten,
und
--einen unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführten Umbau von Wohnräumen, die infolge Änderung der Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet sind, zur Anpassung an die veränderten Wohngewohnheiten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts -- BVerwG -- (Urteil vom 27. April 1990 8 C 19.88, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 454.4 § 17 des II. WoBauG Nr. 3), der sich der Senat anschließt, sind Wohnräume nur dann "nicht mehr für Wohnzwecke geeignet", wenn sie sich objektiv nicht mehr zum dauernden Bewohnen eigenen. § 17 Abs. 1 des II. WoBauG verlangt, daß durch den Ausbau Wohnraum geschaffen wird. Ein Umbau von Wohnräumen erfüllt diese Voraussetzungen nur, wenn die Räume objektiv nicht mehr bewohnbar sind, weil die notwendige Mindestausstattung fehlt. Ob die vorhandenen Wohnräume für die Zwecke des Steuerpflichtigen und seiner Familie geeignet sind, ist unerheblich. Die Modernisierung von Wohnraum und die Zusammenlegung kleinerer Wohnungen zu einer dem Wohnungsbedarf des Steuerpflichtigen und seiner Familie entsprechenden großen Wohnung sind daher kein Ausbau i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG. Kein Umbau zur Anpassung an die geänderten Wohngewohnheiten liegt vor, wenn die Wohnräume ihre Eignung zu Wohnzwecken durch Altersabnutzung oder Verwahrlosung verloren haben (BFH-Urteile vom 16. Februar 1993 IX R 63/88, BFHE 170, 543, BStBl II 1993, 659, und in BFH/NV 1994, 460).
b) Im Streitfall waren die Räume vor dem Umbau bewohnbar und auch zu Wohnzwecken genutzt worden. Zumindest die Wohnung im 2. OG verfügte über die von der Rechtsprechung geforderte Mindestausstattung (Küche, WC, Bad, Einzelofenheizung, vgl. Urteil des BVerwG in Buchholz, a. a. O.). Der Umbau der beiden Wohnungen zu einer Wohnung sowie die Modernisierung und Umgestaltung der Räume sind daher nicht nach § 10e Abs. 2 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG begünstigt. Allenfalls der Einbau eines im DG bisher nicht vorhandenen Badezimmers (vgl. BFH-Urteile in BFHE 170, 543, BStBl II 1993, 659, und in BFH/NV 1994, 460) kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 des II. WoBauG als Ausbau beurteilt werden.
Ein Ausbau kommt weiter in Betracht, soweit der Kläger die Abstellräume in Wohnräume umgewandelt hat. Das FA hat insoweit einen Abzugsbetrag in Höhe von 2 642 DM aus einer Bemessungsgrundlage von 52 836 DM gewährt. Nach Meinung des Klägers beträgt die Bemessungsgrundlage dagegen 264 204 DM. Das FG wird zu prüfen haben, inwieweit die Aufwendungen auf einen Ausbau i. S. des § 10e Abs. 2 EStG entfallen.
c) Soweit ein Ausbau i. S. des § 10e Abs. 2 EStG anzunehmen ist, sind die damit zusammenhängenden vor Bezug entstandenen Aufwendungen als Vorkosten i. S. des § 10e Abs. 6 EStG abziehbar. Dazu gehören entgegen der Auffassung des FG auch die anteiligen, vor Bezug entstandenen laufenden Aufwendungen für die eigengenutzte Wohnung (BFH-Urteil vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704).
d) Ferner wird das FG ermitteln, inwieweit die vom Kläger im November/Dezember 1987 gezahlten Schuldzinsen die Finanzierung der anteiligen, auf die vermieteten Wohnungen entfallenden Reparaturkosten am Gebäude betreffen und somit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Der Kläger hat diese Aufwendungen mit 392 DM beziffert.
III. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen. Diese Vorschrift ist auch bei teilweiser Zurückverweisung anwendbar, wenn -- wie im Streitfall -- die Revision zur Aufhebung und Zurückverweisung führt, die Anschlußrevision dagegen unzulässig ist (BFH-Urteil vom 15. März 1993 V R 111/89, BFH/NV 1994, 636).
Fundstellen
Haufe-Index 421111 |
BFH/NV 1996, 545 |