Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Beschluss vom 17.03.2006 - IV B 177/04 (NV) (veröffentlicht am 17.05.2006)

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für die Beseitigung von Altlasten

 

Leitsatz (NV)

Altlastensanierungsrückstellungen können nur dann gebildet werden, wenn bereits am Bilanzstichtag ein Anhaltspunkt vorliegt, der auf eine mögliche Inanspruchnahme hindeuten kann. Als "wertaufhellend" sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 5; HGB § 249 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 02.09.2004; Aktenzeichen 11 K 554/00)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) stellt … her. Im Mai 1992 beantragte sie die wasserbehördliche Genehmigung für die Umgestaltung der Imprägnierungsanlage. In diesem Zusammenhang fand eine Ortsbesichtigung statt, bei der Verunreinigungen des Pflasters vor der Imprägnierungsanlage festgestellt wurden. Unter dem Datum vom 1. Oktober 1993 erteilte die untere Wasserbehörde der Stadt X die Genehmigung. Dem Schreiben der Behörde war folgender Zusatz beigefügt:

"Aufgrund der bisherigen Betriebsweise Ihrer o.g. Anlage besteht von hier aus der Verdacht, dass wassergefährdende Stoffe in den Boden bzw. in das Grundwasser gelangt sein könnten. Daher weise ich bereits an dieser Stelle darauf hin, dass spätestens zu Beginn des Jahres 1994 auf Ihrem Grundstück nach vorheriger Absprache mit Ihnen durch ein von uns beauftragtes Fachunternehmen 2 Grundwassermessstellen errichtet und auf die einschlägigen Parameter beprobt werden sollen. Ich komme in dieser Angelegenheit unaufgefordert auf Sie zurück."

In ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 1992, die am 3. Februar 1994 aufgestellt wurde, wies die Klägerin eine Altlastensanierungsrückstellung in Höhe von 112 500 DM aus. Die Klägerin ging davon aus, dass ca. 1 500 m³ Boden zu einem geschätzten Entsorgungspreis von 75 DM pro m³ entsorgt werden müssten.

Nach Aufstellung des Jahresabschlusses wurde am 28. Februar 1994 der Boden südlich und westlich des Betriebsgeländes der Klägerin auf eine mögliche Grundwasserkontamination untersucht. Dabei wurden deutliche Verunreinigungen durch die Schwermetalle Blei, Kupfer, Quecksilber und Zink festgestellt. Die Stadt X wies die Klägerin mit Schreiben vom 25. April 1994 darauf hin, dass weitere Untersuchungen unbedingt erforderlich seien, um zu prüfen, ob die festgestellten Verunreinigungen des Grundwassers von der Klägerin oder von anderer Stelle ausgingen. In einem weiteren Schreiben vom 30. Januar 1995 teilte die Behörde der Klägerin mit, dass erst nach Vorliegen weiterer Untersuchungsergebnisse entschieden werden könne, "ob und in welchem Umfang" Sanierungsmaßnahmen erforderlich seien. Im Rahmen einer Besprechung vom 18. Juni 1997 wiesen die Vertreter der Behörde auf "die rechtlich unzweifelhaft gegebene Möglichkeit einer Sanierungsverfügung" hin.

Im Jahr 1997 wurde der Boden an der Imprägnierungsanlage bis auf eine Tiefe von 2 ½ bis 3 m ausgekoffert.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Rückstellung nicht mehr an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach Auffassung der Klägerin bedarf folgende Frage der höchstrichterlichen Klärung:

"Steht bei Ankündigung eines Gefahrenerforschungseingriffs durch die zuständige Behörde verbunden mit der eigenen Kenntnis des Steuerpflichtigen von einer Verunreinigung des Bodens und einer behördlichen Kenntnis von Tatsachen, die einen Gefahrenerforschungseingriff rechtfertigen, die Kenntnisnahme der Fachbehörde von den Tatsachen, die der Rückstellungsbildung zugrunde liegen, unmittelbar bevor, so dass die Bildung einer Rückstellung wegen Altlastensanierung steuerlich anzuerkennen ist?"

Es ist zweifelhaft, ob diese Rechtsfrage der Klärung bedarf oder ob sie durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Dezember 2001 VIII R 34/99 (BFH/NV 2002, 486) geklärt ist (nachfolgend unter 1.). Jedenfalls ist sie im Streitfall nicht klärungsfähig (nachfolgend unter 2.).

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH darf eine Altlastenrückstellung jedenfalls dann nicht gebildet werden, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schaden der für die Entscheidung über die Rechtsfolgen zuständigen Behörde bekannt ist oder alsbald bekannt sein wird und der Zustands- oder Handlungsstörer deshalb mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 486 unter II.2.a, m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist die Kenntnis der Fachbehörde keine rechtliche Voraussetzung für die Bildung einer Altlastenrückstellung. Sie stellt vielmehr nichts anderes als eine --wenn auch gewichtige und daher nur schwer zu widerlegende-- tatsächliche Vermutung dafür dar, dass eine ernsthafte (überwiegend wahrscheinliche) Inanspruchnahme des Schuldners solange nicht droht, als der Gläubiger sie nicht kennt (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 486 unter II.2.a, a.E.).

In seiner Entscheidung in BFH/NV 2002, 486 hat der BFH die Auffassung des FG gebilligt, mit einer alsbaldigen Kenntnis der Behörde von der konkreten Bodenbelastung sei erst nach Anordnung und Durchführung von Bodenuntersuchungen zu rechnen gewesen (unter II.2.b aa des Urteils). Daraus könnte man schließen, dass die bloße Ankündigung einer Untersuchung, diese Voraussetzung nicht erfüllt.

2. Selbst wenn man insoweit eine andere Auffassung vertreten wollte, könnte die Klage im Streitfall deshalb keinen Erfolg haben, weil jedenfalls am Bilanzstichtag 31. Dezember 1992 keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Kenntnisnahme der Behörde von der Kontaminierung des Bodens unmittelbar bevorstand. Die Ankündigung der Untersuchungen, die Anfang 1994 durchgeführt werden sollten, fand sich erstmalig im Schreiben der Behörde vom 1. Oktober 1993.

Die gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Kenntnis der Behörde von der Bodenbelastung stellt --wie ausgeführt-- ein Indiz für die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme dar. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme muss jedoch zum Bilanzstichtag gegeben sein (BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 77/96, BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 24. Aufl., § 5 Rz. 376, 377). Wertaufhellende Tatsachen können noch in einem bestimmten zeitlichen Rahmen berücksichtigt werden, nicht aber neue Tatsachen. Als "wertaufhellend" sind nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist daher auf die am Bilanzstichtag --objektiv-- bestehenden Verhältnisse zu beziehen (BFH-Urteile vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688 unter II.3.b, und vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, Deutsches Steuerrecht 2006, 371).

"Objektiv" bestand am Bilanzstichtag (dem 31. Dezember 1992) noch kein Anhaltspunkt, der auf eine mögliche Inanspruchnahme hätte hindeuten können. Allein die anlässlich der Ortsbesichtigung im Jahr 1992 festgestellte Verunreinigung des Pflasters reicht hierzu nicht aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1514433

BFH/NV 2006, 1286

DB 2007, 26

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

    Meistgelesene Beiträge
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 2.2 Angaben zu den Posten des Konzernabschlusses
      1
    • Eigenbelege: Der richtige Umgang mit Eigenbelegen und Er ... / 5 Ersatzbeleg/Notbeleg für nicht mehr vorhandene Belege
      1
    • Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen
      1
    • Frotscher/Geurts, EStG § 4h Betriebsausgabenabzug für Zi ... / 3.6.3 Fehlende Konzernzugehörigkeit bzw. Fehlen nahestehender Personen (Abs. 2 S. 1 Buchst. b)
      1
    • Mietvertrag bei Angehörigen nach Grundstücksverkauf
      1
    • Steuer Check-up 2026 / 2.11.2 Verlängerung der Beteiligungskette
      1
    • Umsatzsteuern in Europa: Regelungen und Verfahren
      1
    Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
    Top-Themen
    Downloads
    Zum Haufe Shop
    Produktempfehlung


    Zum Thema Finance
    Das Standardwerk zur Bilanzierung: Bilanztraining
    Bilanztraining
    Bild: Haufe Shop

    Hier eignen Sie sich umfassende Kenntnisse an, die Sie zum Erstellen und Verstehen eines Abschlusses brauchen. Außerdem zeigt das Buch die  Grundlagen der Lageberichterstattung und Nachhaltigkeitsberichterstattung auf.


    Finanzgerichtsordnung / § 115 [Zulassung der Revision]
    Finanzgerichtsordnung / § 115 [Zulassung der Revision]

      (1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.  (2) Die Revision ist nur ...

    4 Wochen testen


    Newsletter Finance
    Newsletter Steuern und Buchhaltung

    Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

    • Für Praktiker im Rechnungswesen
    • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
    • Alles rund um betriebliche Steuern
    Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
    Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
    Haufe Fachmagazine
    Themensuche
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
    Zum Finance Archiv
    Haufe Group
    Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
    Weiterführende Links
    RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
    Kontakt
    Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
    Haufe Rechnungswesen Shop
    Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

      Weitere Produkte zum Thema:

      × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

      Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

      Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

      Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

      Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren