Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. §115 Abs. 3 Satz 3 FGO kommt es nicht darauf an aufzuzeigen, ob die rechtliche Würdigung des streitigen Sachverhalts oder die Urteilsgründe des FG als solche von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Finanzgericht (FG) erkannt, daß der gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) erlassene Bescheid auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das ihr von ihrem Ehemann entgeltlich veräußerte Grundstück rechtmäßig ist.
Das FG hielt alle Voraussetzungen für eine Anfechtung der Grundstücksveräußerung nach §3 Abs. 1 Nr. 2 des Anfechtungsgesetzes für erfüllt. Der Ehemann der Klägerin sei Schuldner der im Duldungsbescheid im einzelnen aufgeführten Steuerschulden, deren Beitreibung im Wege der Zwangsvollstreckung trotz jahrelanger Bemühungen erfolglos gewesen sei. Durch die entgeltliche Grundstücksübertragung sei objektiv eine unmittelbare Benachteiligung des FA eingetreten, denn dadurch hätten sich dessen Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen des Schuldners verschlechtert. Ein Zugriff auf das Grundstück sei vor der Veräußerung möglich gewesen, da das Grundstück zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung nicht wertausschöpfend belastet gewesen sei. Maßgeblich für diese Beurteilung sei, daß die durch Grundpfandrechte abgesicherten Forderungen zu jenem Zeitpunkt lediglich ... DM betragen hätten, während das Grundstück nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin (entsprechend dem Nettokaufpreis) einen Verkehrswert von ... DM gehabt habe. Außer Betracht müsse dabei ein von dem Ehemann der Klägerin zum ursprünglichen Erwerb des Grundstücks aufgenommenes weiteres Darlehen in Höhe von ... DM bleiben, weil dieses auf einem anderen, nicht vom Duldungsbescheid erfaßten Grundstück dinglich abgesichert sei.
Zwar habe der Ehemann der Klägerin für das veräußerte Grundstück eine gleichwertige Gegenleistung erhalten, doch sei die Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung aus der Sicht des FA (Gläubiger) zu beurteilen. Für das FA sei aber aufgrund der Grundstücksveräußerung gerade kein Ausgleich an haftendem Vermögen beim Vollstreckungsschuldner eingetreten, weil als Kaufpreis kein bares Geld in das Vermögen des Vollstreckungsschuldners geflossen sei, sondern die Klägerin lediglich die Darlehensverbindlichkeiten ihres Ehemannes bei der X-Bank, die aus der Vorfinanzierung des ursprünglichen Erwerbs resultierten, übernommen habe. Mithin ginge das FA, hätte es die Anfechtungsmöglichkeit nicht, nach der Grundstücksübertragung leer aus. Auch in subjektiver Hinsicht habe die Klägerin die nach dem Gesetz bestehende Vermutung der Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht ausräumen können. Schließlich sei die Anfechtung auch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist seit der Eigentumsüberschreibung im Grundbuch erfolgt.
Gegen dieses Urteil des FG hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) der Rechtssache gestützt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Beschwerdeschrift dargelegt werden. Dazu ist erforderlich, daß der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH- Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Die Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Es fällt schon schwer, der Beschwerdeschrift überhaupt die Formulierung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, zu entnehmen, weil die Klägerin offensichtlich von unzutreffenden Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung ausgeht. Denn es kommt nicht darauf an, ob die "rechtliche Würdigung des streitigen und zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalts" oder "die Urteilsgründe des Finanzgerichts" von grundsätzlicher Bedeutung sind. Vielmehr hätte die Klägerin aus den Urteilsgründen des FG eine oder mehrere konkret formulierte Rechtsfragen herausfiltern und darlegen müssen, weshalb gerade diese -- entscheidungserhebliche -- Rechtsfrage, die das FG zum Nachteil der Klägerin entschieden hat, über den konkreten Fall hinaus für die Allgemeinheit von grundsätzlicher Bedeutung ist, so daß unter Berücksichtigung der vorhandenen Literatur und der Rechtsprechung zu dieser Frage auch eine entgegengesetzte Entscheidung darüber in Betracht käme. Unmaßgeblich ist, ob das FG eine Rechtsfrage materiell richtig oder falsch entschieden hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin eine rechtliche Erwägung des FG für "falsch", "rechtlich falsch" oder für "rechtsirrig" hält. Allein eine behauptete und für möglich erachtete falsche Auslegung oder Anwendung des materiellen Rechts durch das FG oder eine der Klägerin nicht genehme Beweiswürdigung kann einer Nichtzulassungsbeschwerde nach §115 FGO nicht zum Erfolg verhelfen. Daher sind auch Beweisangebote zu materiellen Fragen in der Beschwerdeschrift ohne Bedeutung.
Selbst wenn sich den Ausführungen der Klägerin konkludent die Formulierung einer Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung entnehmen ließe, etwa die Frage, ob bei der Beurteilung der Wertausschöpfung eines Grundstücks nur die auf diesem Grundstück lastenden Grundpfandrechte berücksichtigungsfähig sind oder darüber hinaus auch zum Erwerb dieses Grundstücks aufgenommene, aber auf anderen Grundstücken dinglich abgesicherte Kredite herangezogen werden dürfen, so fehlte es doch an jeglicher Darlegung der über den konkreten Einzelfall der Klägerin hinausreichenden Bedeutung dieser Rechtsfrage für das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Da die Beschwerde aus diesen Gründen ohnehin keinen Erfolg haben konnte, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, ob Blatt 3 des nach Ablauf der Beschwerdefrist beim FG im Original eingegangenen Beschwerdeschriftsatzes der Klägerin, der bei der rechtzeitig eingegangenen Übermittlung dieses Schriftsatzes per Telefax fehlte, bei der Entscheidungsfindung über die Beschwerde überhaupt Berücksichtigung finden durfte.
Fundstellen
Haufe-Index 67256 |
BFH/NV 1998, 990 |