Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandskraft einer Anrechnungsverfügung
Leitsatz (NV)
Feststellungen in der Anrechnungsverfügung eines Einkommensteuerbescheides, die über geleistete Zahlungen, Umbuchungen, Erstattungen und dergleichen abrechnen, ergehen nicht in Form eines Verwaltungsaktes und erwachsen folglich zwischen den Beteiligten nicht in Bestandskraft.
Normenkette
EStG § 36 Abs. 2; AO 1977 § 218 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 17.01.2006; Aktenzeichen 6 K 6098/02 AO) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wenden sich gegen einen Abrechnungsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--); sie meinen, dass der dort vorgenommenen Abrechnung die Bestandskraft der zu den Einkommensteuerbescheiden für 1990 ergangenen Anrechnungsverfügungen entgegenstehe.
Die Vollziehung des gegen die zusammenveranlagten Kläger ergangenen --mehrfach geänderten-- Einkommensteuerbescheides war vom FA ausgesetzt bzw. aufgehoben worden, nachdem es zum Streit über die vom FA erlassenen Aufteilungsbescheide gekommen war. Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) endete jedoch nach den dazu getroffenen Entscheidungen im Mai 2001. Gleichwohl sind die ausgesetzten Beträge vom FA zunächst nicht von den Klägern angefordert worden. Erst im November 2001 ist dazu ein (Rückforderungs-)Bescheid des FA ergangen, der jedoch im Juli 2002 wieder aufgehoben und durch den angefochtenen Abrechnungsbescheid ersetzt wurde. Darin wird eine Zahlschuld der Kläger von rd. 51 000 € festgestellt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Es urteilte, das FA habe die fehlerhafte Abrechnung in dem Einkommensteuerbescheid vom 2. Mai 2001, durch den die AdV beendet worden ist, in dem angefochtenen Bescheid ungeachtet der Voraussetzungen der §§ 130, 131 der Abgabenordnung (AO 1977) korrigieren dürfen. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zwar unterschiedlich beurteilt worden, ob eine Anrechnungsverfügung in einem Einkommensteuerbescheid nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschriften geändert werden darf oder ob § 218 Abs. 2 AO 1977 diesen gegenüber eine vorgreifliche Sonderregelung darstellt und deshalb Anrechnungsverfügungen keine Bindungswirkung entfalten. Nach dem BFH-Beschluss vom 13. Januar 2005 VII B 147/04 (BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457) bestehe eine solche Bindungswirkung jedoch jedenfalls nicht über die gesetzlich (§ 36 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) vorgeschriebene Anrechnung von Steuerzahlungen hinaus für den Abrechnungsteil einer solchen Verfügung, in dem Zahlungen, Erstattungen und Verbuchungen berücksichtigt werden. Darum gehe es im Streitfall; das FA habe hingegen den Anrechnungsteil des Einkommensteuerbescheides vom 2. Mai 2001 unverändert in den angefochtenen Abrechnungsbescheid übernommen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wenden sich die Kläger mit der Beschwerde und machen geltend, angesichts divergierender Rechtsprechung des BFH zur Bindungswirkung der Anrechnungsverfügung eines Einkommensteuerbescheides habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist, sofern man von den Mängeln der Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) absieht, jedenfalls unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass Feststellungen in der sog. Anrechnungsverfügung eines Einkommensteuerbescheides, die nicht auf § 36 Abs. 2 EStG beruhen, sondern über geleistete Zahlungen, Umbuchungen, Erstattungen und dergleichen abrechnen, nicht in Form eines Verwaltungsaktes ergehen und folglich zwischen den Beteiligten nicht in Bestandskraft erwachsen. Sie informieren den Steuerpflichtigen über den Kassenstand, so dass diesbezügliche Mitteilungen in einem nach § 218 Abs. 2 AO 1977 ergehenden Bescheid ohne weiteres richtiggestellt werden können.
Im Streitfall handelt es sich nach den klaren und überzeugenden Darlegungen des angefochtenen Urteils um einen Streit über die Richtigkeit solcher im vorgenannten Einkommensteuerbescheid erteilter Mitteilungen. Rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen stellen sich daher im Streitfall nicht. Die Beschwerde behauptet auch lediglich, dass dies anders sei, ohne nachvollziehbar darzulegen, inwiefern das Urteil des FG von der in der Beschwerdeschrift angeführten divergierenden Rechtsprechung des BFH betroffen wäre. Der beschließende Senat kann insbesondere keinen rechtlichen Zusammenhang zwischen dem Vorbringen der Beschwerde, der Abrechnungsbescheid sei "faktisch" an die Stelle der Anrechnungsverfügung bzw. des vom FA aufgehobenen Rückforderungsbescheides getreten und er nehme "eine neue Steuererhebung" vor, und der in diesem Verfahren zu entscheidenden Frage erkennen, ob das FA in dem angefochtenen Bescheid berücksichtigen durfte, dass die AdV von dem Kläger geschuldeter Zahlungen auf die Einkommensteuer 1990 beendet ist, die demnach ausstehenden Zahlungen aber noch nicht geleistet worden sind, oder ob das FA daran dadurch gehindert ist, dass dieser Umstand in der Anrechnungsverfügung zu dem Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. Mai 2001 versehentlich nicht berücksichtigt worden ist.
Fundstellen