Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsberichtigung
Leitsatz (NV)
Sind einem Rechtsanwalt als vollmachtlosem Vertreter die Kosten eines Klageverfahrens auferlegt worden, so kommt eine Urteilsberichtigung im Kostenpunkt nicht in Betracht.
Normenkette
FGO § 107
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) hatte als Prozeßbevollmächtigter des Klägers in dessen Namen gegen einen gegen den Kläger ergangenen Haftungsbescheid Klage erhoben. Da er der Aufforderung zur Vorlage der Prozeßvollmacht nicht nachkam, obwohl ihm hierfür eine Frist gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) gesetzt worden war, wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unzulässig ab. Die Kosten des Verfahrens legte es dem Beschwerdeführer auf, da dieser die Klage als vollmachtloser Vertreter erhoben habe.
Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin beim FG, das Urteil im Kostenpunkt zu berichtigen und dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. Zur Begründung trug er vor, die Entscheidung sei offenbar unrichtig, weil das Gesetz eine Kostenentscheidung zu Lasten eines Prozeßbevollmächtigten nicht vorsehe.
Das FG wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Urteilsberichtigung zurück. Es führte aus, eine offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liege hinsichtlich der Kostenentscheidung nicht vor. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), daß der Bevollmächtigte, der seine Vollmacht dem Gericht nicht nachweise, die Kosten zu tragen habe, sofern - was im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht der Fall gewesen sei - nicht offenkundig sei, daß der Vertretene das Tätigwerden veranlaßt habe.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, sein Urteilsberichtigungsanspruch sei gerechtfertigt. Er sei erkennbar als Prozeßbevollmächtigter aufgetreten. Der Mangel der Vollmacht könne nur vom Gegner, nicht aber vom Gericht gerügt werden (§ 88 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Die Entscheidung des FG stelle einen Eingriff in die Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts dar. Er habe aus standesrechtlicher Sicht gegen die Einspruchsentscheidung Klage erheben müssen, damit sein Mandant, den er damals nicht habe erreichen können, keinen Rechtsnachteil erlitt. Der Urteilsberichtigungsanspruch sei schon deshalb gegeben, weil er niemals Partei gewesen sei und ihm nicht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden dürften.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Kostenentscheidung des FG, mit der ihm - mangels Vorlage einer schriftlichen Prozeßvollmacht (§ 62 Abs. 3 FGO) - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluß vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438, m. w. N.) als vollmachtlosem Vertreter des Klägers die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind. Wie der Senat durch Beschluß vom 11. Dezember 1979 VII B 48/76 (BFHE 129, 304, BStBl II 1980, 199) entschieden hat, wäre eine nur gegen die Kostenentscheidung des FG gerichtete Beschwerde des mit den Prozeßkosten belasteten vollmachtlosen Vertreters nach Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht statthaft. Der Beschwerdeführer hat zwar nicht die im Urteil des FG enthaltene Kostenentscheidung angefochten, sondern sein Rechtsmittel richtet sich gegen die Ablehnung der beantragten Urteilsberichtigung im Kostenpunkt durch das FG. Gegen derartige Entscheidungen der FG ist die Beschwerde zulässig (§ 128 Abs. 1 FGO; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 107 Anm. 4); sie ist aber im Streitfall nicht begründet.
Nach § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil vom Gericht zu berichtigen. Eine derartige Berichtigung darf den materiellen Bestand des Urteils nicht berühren; sie dient der Verwirklichung einer erkennbar gewollten Aussage. Durch die Berichtigung können nur Unzulänglichkeiten, die zur Diskrepanz zwischen wirklichem und gewolltem Urteilsinhalt geführt haben, bereinigt werden. Ein Urteil ist nur dann mit einem Fehler i. S. des § 107 Abs. 1 FGO behaftet, wenn dieser weder Verstöße gegen das materielle Recht noch gegen das Verfahren betrifft. Die Berichtigung nach § 107 Abs. 1 FGO kann deshalb nur dazu führen, daß der erklärte Text des Urteils mit dem erkennbar gewollten Inhalt der Aussage in Deckung gebracht wird. Sie ist unzulässig, soweit nachträglich die gewollte Entscheidung selbst korrigiert werden soll (BFH-Beschluß vom 14. Oktober 1976 V B 16/76, BFHE 120, 145, BStBl II 1977, 38).
Dieser Berichtigungstatbestand liegt hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beanstandeten Kostenentscheidung nicht vor. Das FG hat, wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, dem Beschwerdeführer bewußt und gewollt die Kosten des Klageverfahrens auferlegt. Eine Urteilsberichtigung nach § 107 FGO scheidet nach den vorstehenden Ausführungen auch dann aus, wenn die Kostenentscheidung fehlerhaft sein sollte. Das FG hat somit zu Recht die beantragte Urteilsberichtigung abgelehnt.
Der Senat ist nicht befugt, die im Urteil des FG enthaltene Kostenentscheidung zu überprüfen und auf die dagegen erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers einzugehen. Er verweist aber hinsichtlich der - abweichend vom Zivilprozeß (§ 88 Abs. 2 ZPO) - im Finanzgerichtsprozeß bestehenden Verpflichtung des Gerichts, das Vorliegen der Prozeßvollmacht auch bei einem Rechtsanwalt von Amts wegen zu prüfen, auf das BFH-Urteil vom 15. Mai 1981 VI R 212/78 (BFHE 133, 344, BStBl II 1981, 678).
Fundstellen
Haufe-Index 414957 |
BFH/NV 1987, 723 |