Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriterien für Bemessung einer Geschäftsführervergütung nicht klärungsbedürftig
Leitsatz (NV)
- Es ist nicht klärungsbedürftig, dass die Frage nach der Angemessenheit einer Geschäftsführervergütung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten ist. Welche Kriterien im konkreten Fall in die Bemessung der angemessenen Vergütung eingehen, ist eine vom FG zu überprüfende Tatfrage.
- Wer im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht als Verfahrensmangel geltend macht, muss vortragen, inwieweit die vermisste Aufklärung zu einem für ihn günstigeren Ergebnis geführt hätte.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3; KStG § 8 Abs. 3
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob und inwieweit Aufwendungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu qualifizieren sind.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Stammkapital in den Streitjahren (1988 bis 1991) von Herrn AX gehalten wurde. AX war zugleich Geschäftsführer der Klägerin. Er sowie seine Ehefrau BX und sein 1967 geborener Sohn CX hielten außerdem ―in wechselnder Zusammensetzung― sämtliche Geschäftsanteile an der N-GmbH, an der R-GmbH, an der L-GmbH, an der C-GmbH und an der A-GmbH. Geschäftsführer dieser Gesellschaften waren jeweils entweder AX oder BX.
Unternehmenszweck der 1986 gegründeten Klägerin war zunächst die Werbung und der Verkauf von Textilien und Haushaltsgeräten aller Art. Durch Gesellschafterbeschluss vom 12. August 1991 wurde er um die Vermittlung von Reisen und die Unterhaltung von Reisebüros erweitert. Tatsächlich führte die Klägerin im Wesentlichen "Kaffeefahrten" mit Verkaufsveranstaltungen durch, bei denen u.a. Produkte der N-GmbH angeboten wurden. Die übrigen Gesellschaften der Unternehmensgruppe X betätigten sich in vergleichbarer Weise.
Am 28. Juli 1988 schlossen sowohl die Klägerin als auch ihre Schwestergesellschaften einen notariell beurkundeten "Betreuungsvertrag" mit der Z-AG. Bei dieser handelte es sich um eine am 27. August 1988 gegründete und in der Schweiz domizilierende Gesellschaft, deren Aktienkapital zu 99 v.H. von CX und zu 1 v.H. von dem Schweizer Staatsbürger T gehalten wurde. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatte T weitere 14 Verwaltungsratsmandate inne. Zu dem "Betreuungsvertrag" zwischen der Z-AG und der Klägerin hat das FG folgendes festgestellt:
Die Z-AG verpflichtete sich in diesem Vertrag, die Firmen der Eheleute X hinsichtlich der Planung von Busreisen, der Abwicklung der Fahrten und des Aufbaus von Touren im In- und Ausland zu betreuen. Sie sollte Tourenpläne zusammenstellen, die leistungsfähigsten und preiswertesten Busunternehmer heraussuchen und anbieten sowie Adressen für Postwurfsendungen zur Verfügung stellen. Ferner sollte sie neue Fahrtziele und Veranstaltungsprogramme entwickeln, den Ablauf der Verkaufsveranstaltungen organisieren sowie ggf. auf eigene Kosten Schulungsmaßnahmen durchführen. Schließlich sollte sie ihren Namen als Reiseveranstalter zur Verfügung stellen, da die Vertriebsfirmen keine Genehmigung zur Personenbeförderung besaßen. Als Entgelt sollte die Z-AG einen Anteil von 3 v.H. am Brutto-Umsatz der bei den Verkaufsveranstaltungen verkauften Waren sowie eine weitere Vergütung erhalten, deren Höhe von der Zahl der Fahrtteilnehmer und deren Verhältnis zur Anzahl der Werbekarten abhing.
Auf dieser Basis stellte die Z-AG der Klägerin und ihren Schwesterfirmen in den Streitjahren insgesamt … DM (1988), … DM (1989), … DM (1990) und … DM (1991) in Rechnung. Hieraus ergaben sich die durchschnittlichen Kosten pro Kunde für 1988 mit 11,13 DM, für 1989 mit 8,50 DM und für Januar bis August 1990 mit 5,83 DM. Auf die Klägerin entfielen von den genannten Gesamtbeträgen … DM (1988), … DM (1989), … DM (1990) und … DM (1991). Außerdem wurde nach den Feststellungen des FG die Lieferung von Kleinartikeln z.T. über die Z-AG abgerechnet, die diese Artikel den Unternehmen der X-Gruppe mit Aufschlägen von 74,52 v.H. bis 120,26 v.H. weiterberechnete. Der Umfang der hiervon auf die Klägerin entfallenden Lieferungen belief sich auf … DM (1988), … DM (1989) und … DM (1990).
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) sah in dem "Betreuungsvertrag" zwischen der Klägerin und der Z-AG ein Scheingeschäft, das der Verlagerung von Gewinnen in die Schweiz diene. Er erhöhte deshalb die von der Klägerin erklärten Gewinne um die auf dem "Betreuungsvertrag" beruhenden Beträge, die die Klägerin gewinnmindernd berücksichtigt hatte. Hinsichtlich derjenigen Betriebsausgaben, die auf der Lieferung von Kleinartikeln durch die Z-AG beruhten, nahm er keine Gewinnkorrekturen vor.
Die Klägerin erhob gegen die auf dieser Basis erlassenen Steuerbescheide Klage. Im Klageverfahren trug das FA vor, die auf dem "Betreuungsvertrag" beruhenden Leistungen an die Z-AG seien (nur) in Höhe von 2 DM je Reisegast angemessen. Ein Konkurrenzunternehmen der Klägerin, die Firma Y, habe bei einer informatorischen Anhörung die durchschnittlichen Kosten mit diesem Betrag beziffert. Darin seien die Kosten für die Tourenpläne und die Organisation der Busunternehmer enthalten gewesen, die die Klägerin habe selbst übernehmen müssen. Die Zahlungen an die Z-AG stellten daher, soweit sie 2 DM je Teilnehmer überstiegen, vGA dar.
Das FG folgte diesem Vortrag. Es entschied im Anschluss an eine Beweisaufnahme, dass die Zahlungen auf Grund des "Betreuungsvertrages" nur insoweit vGA seien, als sie einen Betrag von 2 DM je Teilnehmer überstiegen. Zudem sei aber saldierend zu berücksichtigen, dass in Höhe der Aufschläge auf die von der Z-AG bezogenen Kleinartikel zusätzliche ―bislang nicht als solche erfasste― vGA gegeben seien. Dem entsprechend setzte das FG die vom FA festgesetzte Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge herab. Die Revision gegen sein Urteil ließ es nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und das angefochtene Urteil auf Verfahrensmängeln beruhe.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht ordnungsgemäß dargelegt:
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche besteht nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) nur dann, wenn die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung gestützt, so muss diese in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu muss der Beschwerdeführer konkret auf die von ihm als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 61, m.w.N.); aus seinem Vorbringen muss sich das Vorliegen sowohl des Klärungsbedarfs als auch der Klärungsfähigkeit schlüssig ergeben (BFH-Beschlüsse vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 211, m.w.N.). Fehlt es hieran, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Im Streitfall hat die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage nicht in diesem Sinne ordnungsgemäß dargelegt. Sie hat zwar zwei Rechtsfragen formuliert, die beide im Kern darauf abzielen, dass die Kriterien für die Angemessenheit eines Entgelts weiter geklärt werden mögen. Insbesondere sei klärungsbedürftig, ob die Angemessenheit vom Alter des Entgeltempfängers abhängig gemacht werden könne. Damit hat die Klägerin jedoch eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage nicht schlüssig aufgezeigt.
Durch die bisherige Rechtsprechung des Senats ist nämlich geklärt, dass im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA die Angemessenheit eines Entgelts immer nach den Gesamtumständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist und dass diese Beurteilung dem FG obliegt (Senatsbeschluss vom 24. Oktober 1995 I B 14/95, BFH/NV 1996, 339; Senatsurteile vom 12. Oktober 1995 I R 4/95, BFH/NV 1996, 437, 438; vom 8. Juli 1998 I R 134/97, BFH/NV 1999, 370, m.w.N.). Dieses hat namentlich darüber zu entscheiden, welche Umstände im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen und wie diese Umstände zu gewichten sind. Ggf. muss es das im Einzelfall angemessene Entgelt im Wege der Schätzung ermitteln. Eine im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt sich in diesem Zusammenhang nicht.
Das gilt namentlich insoweit, als es um die Berücksichtigungsfähigkeit des Alters und der Berufserfahrung derjenigen Person geht, der gegenüber die Kapitalgesellschaft die als vGA in Betracht kommende Leistung erbracht hat. Aus dem Grundsatz der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ergibt sich unmittelbar, dass es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist, diese Kriterien in die Beurteilung einfließen zu lassen. Ob und mit welchem Gewicht sie im konkreten Fall in die Gesamtbewertung eingehen, ist eine vom FG zu prüfende Tatfrage, die sich angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse einer abstrakten Beantwortung entzieht. Sofern das FG die Bedeutung der genannten Kriterien verkennt, führt dies allenfalls zu einer inhaltlichen Unrichtigkeit seines Urteils, auf die die Zulassung der Revision nicht gestützt werden kann. Nur einen solchen Fehler ―nicht aber eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO― macht demgemäß die Klägerin im Streitfall geltend.
3. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn das Urteil des FG auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann. Der betreffende Verfahrensmangel muss, wenn auf ihn eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt wird, in der Beschwerdeschrift bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Das ist im Streitfall nicht geschehen.
a) Das gilt zum einen insoweit, als die Klägerin beanstandet, dass das FG seiner Pflicht zur Sachaufklärung nicht nachgekommen sei. Denn zur "Bezeichnung" des Verfahrensmangels unzureichender Sachaufklärung gehört u.a. ein Vortrag dazu, welche Tatsachen sich bei der vermissten (weiteren) Aufklärung voraussichtlich ergeben hätten und wie sich diese auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt hätten (BFH-Beschlüsse vom 14. Dezember 1999 IV B 76/99, BFH/NV 2000, 848; vom 9. Februar 2000 VIII B 67/99, BFH/NV 2000, 966; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 65 i.V.m. § 120 Rz. 37, m.w.N.). Hierzu hat sich die Klägerin nicht geäußert.
Entsprechende Ausführungen wären im Streitfall umso mehr geboten gewesen, als nach Aktenlage nicht erkennbar ist, inwieweit eine weitere Sachaufklärung zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis hätte führen können. Die Klägerin selbst hat in diesem Zusammenhang lediglich geltend gemacht, das FG sei verpflichtet gewesen, den schon von der Steuerfahndungsstelle angehörten Konkurrenzunternehmer Y nach seiner Berufserfahrung und seinem beruflichen Erfolg zu befragen. Dazu hat sie weiter vorgetragen, dass Y in beiden Punkten dem Geschäftsführer der Z-AG nicht überlegen gewesen sei. Selbst wenn man aber unterstellt, dass Y diesen Vortrag bestätigt hätte, wäre damit für die Klägerin nichts gewonnen. Denn das FG hat im Verhältnis zur Z-AG genau diejenige Vergütung (2 DM je Fahrtteilnehmer) für angemessen erachtet, die Y nach seinen Angaben für die von ihm bewirkten Leistungen berechnet hatte. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich hieran etwas geändert hätte, wenn durch eine weitere Beweisaufnahme die berufliche Gleichwertigkeit von Y einerseits und CX andererseits bestätigt worden wäre. Im Gegenteil beruht die Orientierung an den von Y berechneten Entgelten augenscheinlich darauf, dass das FG von einer solchen Gleichwertigkeit ausgegangen ist. Angesichts dessen fehlt es an jeglichen Anzeichen für die Erheblichkeit der von der Klägerin vermissten Beweisaufnahme. Die Klägerin hat mithin diese Erheblichkeit nicht dargelegt, weshalb ihre Sachaufklärungsrüge nicht in statthafter Form erhoben worden ist.
b) Im Ergebnis dasselbe gilt insoweit, als die Klägerin sich auf eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör beruft. Eine solche leitet sie daraus ab, dass das FG die Aussage des Y gegenüber der Steuerfahndung verwertet habe, obwohl sie ―die Klägerin― bei dieser Aussage nicht habe zugegen sein können. Es ist indessen weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass und inwieweit die Klägerin gehindert gewesen wäre, im finanzgerichtlichen Verfahren zu dieser Aussage Stellung zu nehmen. Mit dieser Möglichkeit war das Recht der Klägerin auf Gehör gewahrt, so dass sich aus ihrem Vortrag eine Verletzung dieses Rechts nicht ergibt. Abgesehen davon hat die Klägerin nicht dargelegt, welcher zusätzliche Vortrag durch das Vorgehen des FG vereitelt worden ist, was ebenfalls zu einer ordnungsgemäßen Gehörsrüge gehört hätte (BFH-Beschlüsse vom 20. Januar 2000 III B 57/99, BFH/NV 2000, 861; vom 11. Februar 2000 V B 135/99, BFH/NV 2000, 1107; vom 5. Mai 2000 VIII B 122/99, BFH/NV 2000, 1233).
4. Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Stellungnahme des FA können im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden, da sie nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juni 2000 V B 98/00, BFH/NV 2000, 1236). Im Ergebnis hat die Klägerin mithin keinen der in Anspruch genommenen Zulassungsgründe in statthafter Form geltend gemacht, so dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen werden muss.
Fundstellen
Haufe-Index 544161 |
BFH/NV 2001, 645 |