Entscheidungsstichwort (Thema)
Divergenzrüge nur bei unterschiedlichen Rechtssätzen zu vergleichbaren Sachverhalten
Leitsatz (NV)
1. Eine schlüssige Rüge der Divergenz setzt u.a. die Darlegung voraus, dass die Entscheidung zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen ist.
2. Dementsprechend können auch nur die Rechtssätze gegenübergestellt werden, die sich auf vergleichbare Sachverhaltsteile beziehen (hier: Begriff der Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; AO § 378 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Thüringer FG (Urteil vom 11.11.2009; Aktenzeichen 4 K 935/07) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie ist bereits unzulässig, da sie den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt.
Rz. 2
1. Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die sich auf die Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder eines anderen Finanzgerichts (FG) stützt, muss der Beschwerdeführer neben der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 27. April 2011 III B 62/10, BFH/NV 2011, 1379). Eine schlüssige Rüge setzt weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846).
Rz. 3
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nicht gerecht. Nach ihr wäre --nach Auffassung der Klägerin-- bei Heranziehung der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 13. April 2007 10 S 28/06 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1892) die Vorinstanz zu einer anderen rechtlichen Bewertung betreffend den Begriff der Leichtfertigkeit i.S. von § 378 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) gekommen. Denn der Klägerin könne nicht so ohne weiteres unterstellt werden, dass diese in dem Bewusstsein eines unehrlichen Verhaltens unter Inkaufnahme der aus diesem Verhalten resultierenden Konsequenzen gehandelt habe.
Rz. 4
Indessen hat der Bevollmächtigte der Klägerin eine Passage des vorgenannten Urteils des Niedersächsischen FG zitiert, die sich mit dem Begriff des bedingten Vorsatzes beim Tatbestand der Steuerhinterziehung i.S. des § 370 AO befasst. Drei Absätze vor dieser Passage hat das Niedersächsische FG den gleichen Begriff der Leichtfertigkeit zugrunde gelegt wie das vorinstanzliche Urteil, der im Übrigen auch der höchstrichtlichen Rechtsprechung entspricht. Danach bedeutet Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz hierzu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Ein derartiges Verschulden liegt danach vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalles und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen (z.B. BFH-Beschluss vom 17. März 2000 VII B 39/99, BFH/NV 2000, 1180). Hierzu ist eine Gesamtbewertung des Verhaltens des Steuerpflichtigen erforderlich, wie sie auch im Streitfall von der Vorinstanz vorgenommen wurde.
Fundstellen
BFH/NV 2011, 2092 |
PStR 2011, 297 |
BFH-ONLINE 2011 |