Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Tatbestands eines Revisionsurteils
Leitsatz (NV)
Auch für einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung bedarf es eines Rechtsschutzbedürfnisses.
Ist eine Entscheidung nicht mehr anfechtbar und auch sonst nicht mehr abänderbar, besteht für einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung kein Rechtsschutzbedürfnis.
Normenkette
FGO § 108 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, wie die private Nutzung eines betriebseigenen Flugzeugs durch den Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu bewerten ist. Der Senat wies die Revision zunächst durch Vorbescheid vom 10. September 1991 als unbegründet zurück. Nachdem die Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte, wies der erkennende Senat die Revision nach mündlicher Verhandlung durch Urteil zurück. Das Urteil wurde am 28. April 1992 an die Antragstellerin abgesandt.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1992 (Eingang beim Bundesfinanzhof - BFH - am 11.Mai 1992) beantragt die Antragstellerin,
a) den Tatbestand des Urteils zu berichtigen und
b) die darauf aufbauende Urteilsbegründung entsprechend zu ändern bzw. zu ergänzen.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, der BFH gehe in seinem Urteil vom 18. Februar 1992 zu Unrecht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, daß im Zusammenhang mit der privaten Nutzung des betrieblichen Flugzeugs (durch den Gesellschafter-Geschäftsführer) keine besonderen Vereinbarungen mit der Antragstellerin getroffen worden seien. Der am 10. September 1991 ergangene Vorbescheid habe eine entsprechende Aussage nicht enthalten, so daß die Antragstellerin sich insoweit nicht auf die mündliche Verhandlung habe vorbereiten können. Das finanzgerichtliche Urteil vom 4. November 1986 habe eine entsprechende Tatsachenfeststellung nicht getroffen. Tatsächlich seien im Zusammenhang mit der privaten Nutzung des betrieblichen Flugzeugs mit der Antragstellerin besondere Vereinbarungen hinsichtlich des Nutzungsentgelts getroffen worden.
Entscheidungsgründe
Der Antrag, den Tatbestand zu berichtigen (Antrag zu a) ist unzulässig. Ihm fehlt das Rechtsschutzbedürfnis; dieses ist auch für einen Antrag gemäß § 108 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich (Ziemer / Haarmann / Lohse / Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rdnr.9069).
Die Tatbestandsberichtigung gemäß § 108 FGO ist vom Gesetzgeber nur mit Rücksicht auf die urkundliche Beweiskraft des Tatbestandes (§§ 105, 118 Abs. 2 FGO) zugelassen worden; es soll verhindert werden, daß ein unrichtig beurkundeter Prozeßstoff Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts wird (vgl. BFH-Beschluß vom 24. August 1967 IV 410/61, BFHE 89, 565, BStBl III 1967, 730). Ist die Entscheidung unanfechtbar und auch sonst nicht mehr abänderbar, entfällt auch der Zweck der Tatbestandsberichtigung. So ist es aber im vorliegenden Fall. Die Entscheidung des Senats vom 18. Februar 1992 ist mit Rechtsmitteln nicht mehr angreifbar. Die Voraussetzungen einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage (§ 134 FGO, §§ 578f. der Zivilprozeßordnung) sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Im übrigen hat die Wiedergabe des Sachverhalts nicht die urkundliche Beweiskraft, wie es beim Tatbestand eines finanzgerichtlichen Urteils der Fall ist. Weicht sie vom Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils ab, so ist diese Abweichung für die Entscheidung, deren alleinige Grundlage der sachliche Inhalt des Tatbstandes des finanzgerichtlichen Urteils bildet, nicht maßgeblich (vgl. Beschluß des Reichsgerichts vom 8. Oktober 1912 VII 123/12, RGZ 80, 172; BFH-Beschluß vom 11.Februar 1965 IV 102/64 U, BFHE 82, 62, BStBl III 1965, 268; vgl. auch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1987 8 B 103/86, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 310, § 119 der Verwaltungsgerichtsordnung Nr.4).
Die Antragstellerin macht geltend, wenn der beanstandete Passus bereits im Vorbescheid gestanden hätte, dann hätte sie sich entsprechend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten können. Sollte damit die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend gemacht werden, so ist dabei zu berücksichtigen, daß tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 120 Abs. 1 FGO) ist auch insoweit weder die Rüge des Verstoßes gegen den Inhalt der Akten (§ 96 FGO) noch mangelnde Sachaufklärung (§ 76 FGO) gerügt worden. Die Ansicht der Antragstellerin, daß bezüglich der privaten Nutzung Vereinbarungen selbstverständlich waren, teilt der Senat nicht.
Der Antrag, die Urteilsbegründung entsprechend zu ändern, bzw. zu ergänzen (Antrag zu b) ist nicht statthaft.
Das Gesetz sieht eine Änderung oder Ergänzung der Urteilsbegründung nicht vor; das gilt selbst für den Fall, daß der Antrag gemäß § 108 Abs. 1 FGO begründet ist. Die Voraussetzungen des § 109 FGO (Übergehen eines gestellten Antrags) sind hier nicht gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 418731 |
BFH/NV 1993, 184 |