Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer NZB wegen fehlender Bezeichnung der Divergenz und des geltend gemachten Verfahrensmangels
Leitsatz (NV)
- Eine Divergenz ist nicht ausreichend bezeichnet, wenn die vom Beschwerdeführer bezeichneten Rechtssätze des FG und des BFH keinen vergleichbaren Sachverhalt betreffen.
- Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes wird nicht hinreichend begründet, wenn der Beschwerdeführer nicht erklärt, weshalb er nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge im Finanzgerichtsverfahren gestellt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3, § 76 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war daher gemäß § 132 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zu verwerfen. Dabei kann der Senat dahingestellt lassen, ob den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO zu gewähren ist. Denn jedenfalls sind die geltend gemachte Divergenz und der behauptete Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem, vergleichbarem oder gleich gelagertem vorliegendem und festgestelltem Sachverhalt einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem ―ebenfalls tragenden― abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 1992 III B 28/91, BFH/NV 1993, 610; vom 13. Juli 1998 VIII B 82/97, BFH/NV 1999, 38, m.w.N.). Zur Bezeichnung der Divergenz i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau benennt, dass eine Abweichung im vorstehend genannten Sinne erkennbar wird.
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die von den Klägern aufgestellten abstrakten Rechtssätze lassen nicht erkennen, dass ihnen gleiche, vergleichbare oder gleich gelagerte vorliegende und festgestellte Sachverhalte zu Grunde liegen. Die Kläger leiten aus den BFH-Urteilen vom 4. November 1992 X R 212/87 (BFH/NV 1993, 235) und vom 28. November 1990 X R 109/89 (BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327) sinngemäß den Rechtssatz ab, dass ein von einem Dritten (Treuhänder) vergebenes und von ihm refinanziertes Darlehen dem Steuerpflichtigen (Treugeber) nur dann zugerechnet werden könne, wenn der Treugeber das Ausfallrisiko trage. Dies betrifft einen Sachverhalt, in dem es um die Zurechnung von Einkünften des in eigenem Namen auftretenden Dritten auf den Steuerpflichtigen auf Grund eines Treuhandvertrags geht. Demgegenüber entnehmen die Kläger der Entscheidung des FG sinngemäß den Rechtssatz, dass einem Steuerpflichtigen, der ein Darlehen vergebe, das er durch einen von ihm aufgenommenen Kredit refinanziere, das Darlehen nicht zugerechnet werden könne, wenn er hinsichtlich des Refinanzierungsdarlehens kein Ausfallrisiko trage. Damit liegt dem von den Klägern aufgestellten Rechtssatz ein Sachverhalt zu Grunde, in dem der Steuerpflichtige ―und nicht ein Dritter― die zivilrechtliche Verpflichtung in eigenem Namen eingeht, ohne dass es insoweit auf das Bestehen eines Treuhandverhältnisses ankommt. Zwar hat das FG trotz fehlender Vergleichbarkeit auf diesen Sachverhalt die gleichen Rechtsgrundsätze angewandt wie der X. Senat des BFH in den o.g. Entscheidungen (in BFH/NV 1993, 235, und in BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327); wird aber im Verfahren über die Zulassung der Revision geltend gemacht, dass das FG Rechtsprechungsgrundsätze des BFH auf einen anderen Sachverhalt anwendet bzw. ausdehnt, so ist damit eine Divergenz nicht schlüssig dargetan (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 1995 II B 78/94, BFH/NV 1995, 903; vom 27. April 1993 V B 177/92, BFH/NV 1994, 132).
2. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht hinreichend begründet, da die Kläger nicht die Tatsachen angegeben haben, die einen Verfahrensmangel ergeben könnten. Insbesondere fehlt es an einer Bezeichnung der Beweismittel, die das FG von Amts wegen hätte erheben müssen, und an einer Erklärung, weshalb die fachkundig vertretenen Kläger nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt haben; schließlich haben die Kläger auch nicht ausgeführt, inwieweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 40).
Im Übrigen ergeht der Beschluss nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 425736 |
BFH/NV 2000, 1218 |