Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Erkrankung des Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (NV)
- Die Erkrankung eines Prozessbevollmächtigen als behaupteter Grund für eine Fristversäumung ist u.a. nur dann glaubhaft gemacht, wenn der Prozessbevollmächtigte genaue Angaben zur Dauer der Erkrankung macht und ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegt oder ggf. eine eidesstattliche Versicherung einer dritten Person über Art und Dauer der Erkrankung einreicht.
- Bei längerer Erkrankung des Prozessbevollmächtigten ist darzulegen, warum kein Vertreter rechtzeitig bestellt werden konnte.
- Ein Irrtum über die Frist zur Begründung der Beschwerde ist bei einem Angehörigen eines beratenden Berufsstandes (hier: Rechtsanwalt) grundsätzlich nicht entschuldbar.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2, § 115 Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 85 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Die Beschwerde ist auch innerhalb dieser Frist, die nicht verlängerbar ist, zu begründen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird die Beschwerde ―wie im Streitfall― in einem gesonderten Schriftsatz begründet, muss auch dieser innerhalb der Monatsfrist beim Finanzgericht (FG) eingehen (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 16. Mai 1989 IV B 53/89, BFH/NV 1990, 244). Im Streitfall ist die Beschwerde nach Ablauf der Frist (28. Dezember 1998) begründet worden und damit unzulässig.
Die beantragte Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist kann den Klägern nicht gewährt werden.
Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die Kläger ohne Verschulden gehindert waren, die Frist einzuhalten. Die Wiedereinsetzung verlangt weiter, dass der Beteiligte innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses einen Wiedereinsetzungsantrag stellt, die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft macht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (§ 56 Abs. 2 FGO). Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags erfordert eine substantiierte und in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist (BFH-Beschluss vom 8. Mai 1996 X B 12/96, BFH/NV 1996, 833).
Im Streitfall haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne Verschulden verhindert waren, die gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei müssen sich die Kläger ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―). Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger vorgetragen, er sei durch eine Erkrankung an der Einhaltung der Frist zur Beschwerdebegründung gehindert gewesen. Der Prozessbevollmächtigte hat aber weder genaue Angaben zur Dauer der Erkrankung gemacht noch ein ärztliches Attest vorgelegt oder ggf. eine eidesstattliche Versicherung einer dritten Person über Art und Dauer der Erkrankung eingereicht (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 15. Juli 1998 VII B 98/98, BFH/NV 1999, 67). Folgt man dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten, so war die eigentliche Erkrankung im Zeitraum zwischen Weihnachten und Silvester 1998, so dass eine substantiierte Begründung dafür fehlt, warum die Beschwerdebegründung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses (§ 56 Abs. 2 FGO), d.h. bis 14. Januar 1999 eingereicht wurde. Sollte die Krankheit aber länger angedauert haben, so fehlt eine Begründung dafür, warum der Prozessbevollmächtigte keinen Vertreter rechtzeitig bestellen konnte (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juni 1999 IV B 150/98, BFH/NV 1999, 1614).
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger in einem für seinen Berufsstand nicht entschuldbaren Irrtum über die Frist zur Begründung der Beschwerde befunden hat. Denn mit Schreiben vom 12. April 1999 weist der Prozessbevollmächtigte der Kläger darauf hin, dass durch das Schreiben der Vorinstanz vom 29. Dezember 1998, in welchem noch einen Tag nach Fristablauf die Vollmacht der Klägerin angefordert worden sei, der Eindruck erweckt worden sei, als sei der Fristablauf jedenfalls nachrangig, wenn nicht sogar unbedeutend.
Fundstellen