Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Eingangsabgaben
Leitsatz (NV)
- Die materiellen Voraussetzungen für einen Erlass bzw. eine Erstattung nach Art. 13 der VO 1430/79 und damit ein besonderer Fall liegt vor, wenn sich ein Anmelder im Vergleich zu anderen Wirtschaftsteilnehmern, die die gleiche Tätigkeit ausüben, in einer außergewöhnlichen Situation befindet oder wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen, den er bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte.
- Die Frage, inwieweit die Behörde vom Vortrag des Beteiligten, bei ihm lägen "besondere Umstände" oder ein "besonderer Fall" vor, überzeugt sein muss, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt. Ist die Zollbehörde, bei der ein Antrag auf Erstattung oder Erlass gestellt worden ist, nicht in der Lage, nach Art. 899 ZKDV zu entscheiden, und lässt die Begründung des Antrags auf einen besonderen Fall schließen, legt sie, sofern den Beteiligten kein vorwerfbares Verschulden trifft, den Fall der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (KEG) nach dem Verfahren der Art: 905 bis 909 ZKDV zur Behandlung vor.
- Der Senat hat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH eine Pflicht des HZA zur Vorlage des Antrags an die KEG bereits dann bejaht, wenn Zweifel bestehen, wie über den Antrag zu befinden ist (vgl. Urteil vom 21. Mai 1999 VII R 106/95, BFHE 189, 218).
Normenkette
ZKDV Art. 899, 905-909; EWGV 1430/79 Art. 13; EWGV 1932/93; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2, 3 S. 3, § 116 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt ―HZA―) fertigte am 18., 19. und 21. Juli 1993 entsprechend den Anträgen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) frische Sauerkirschen der Code-Nr. 0809 2060 der Kombinierten Nomenklatur (KN) aus P und U unter Erhebung von 11 % Zoll zum freien Verkehr ab. Mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 forderte das HZA von der Klägerin Ausgleichsabgaben in Höhe von … DM nach, weil die von ihr eingeführten Sauerkirschen die Mindestpreise unterschritten hatten, die die Kommission mit Wirkung vom 18. Juli 1993 mit der Verordnung (EWG) Nr. 1932/93 (VO Nr. 1932/93) vom 16. Juli 1993 mit den bei der Einfuhr von Süßkirschen anzuwendenden Schutzmaßnahmen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr. L 174/35) eingeführt hatte.
Die Klägerin beantragte daraufhin ohne Erfolg beim HZA den Erlass der Ausgleichsabgaben. Auch die gegen den Ablehnungsbescheid des HZA erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte ―zusammengefasst― aus, ein besonderer Umstand i.S. von Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 (VO Nr. 1430/79) des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABlEG Nr. L 175/1), der den Erlass der Einfuhrabgaben rechtfertige, liege nicht vor. Der Umstand, dass eine Einfuhr kurz nach einer Neuregelung erfolge, rechtfertige für sich allein noch keine Erstattung. Die fehlerhafte Warenbezeichnung in der VO Nr. 1932/93 (Süßkirschen statt Sauerkirschen) habe sich auf die Anmeldungen der Klägerin am 18. Juli 1993 nicht auswirken können, da ihr ―nach ihrem eigenen Vortrag― der Text der VO Nr. 1932/93 erst am 19. Juli zur Kenntnis gekommen sei. Im Übrigen sei der Widerspruch zwischen der fehlerhaften Bezeichnung der Ware im deutschen Text als "Süßkirschen" und der zutreffenden KN-Code-Nr. durch Heranziehung der anderen Sprachfassungen der VO Nr. 1932/93 zu lösen gewesen.
Ferner ergebe sich auch daraus, dass einzelne Partien der eingeführten Waren wieder ausgeführt worden seien, kein besonderer Umstand i.S. des Art. 13 VO Nr. 1430/79.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision gegen die Vorentscheidung; sie stützt sich auf alle drei Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― (in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung ―FGO a.F.―).
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO a.F. aufgeführten Revisionszulassungsgründe, soweit er ausreichend dargelegt worden ist (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bzw. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), vorliegt.
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.). Denn die von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, welches Billigkeitskonzept der VO Nr. 1430/79 zugrunde liege und wie insbesondere der Begriff der "besonderen Umstände" in Art. 13 VO Nr. 1430/79 auszulegen sei, ist anhand der einschlägigen VO und der dazu bereits vorliegenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Senats eindeutig zu beantworten, soweit sie sich im Streitfall stellt.
Gemäß Art. 13 VO Nr. 1430/79 können Eingangsabgaben bei Vorliegen besonderer Umstände erstattet oder erlassen werden, sofern der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat. In der zur Durchführung dieser Bestimmung ergangenen Verordnung (EWG) Nr. 3799/86 (VO Nr. 3799/86) der Kommission vom 12. Dezember 1986 (ABlEG Nr. L 352/19) sind in Art. 4 die Fälle genannt, in denen die Mitgliedstaaten selbst über den Erlass der Eingangsabgaben entscheiden können (Art. 5 VO Nr. 3799/86), weil entweder ein besonderer Umstand i.S. des Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 1430/79 als gegeben (Art. 4 Nr. 1 VO Nr. 3799/86) oder als ausgeschlossen (Art. 4 Nr. 2 VO Nr. 3799/86) erachtet wird.
Außer den in Art. 4 Nr. 1 VO Nr. 3799/86 genannten Fällen, in denen die Behörde eines Mitgliedstaats selbst entscheiden kann, dass ein besonderer, den Erlass der Eingangsabgaben rechtfertigender Umstand vorliegt, sind weitere besondere Umstände denkbar, unter denen ein Erlass der Abgaben in Betracht kommt, wie sich aus Art. 6 Abs. 1 der VO Nr. 3799/86 ergibt.
Sind der Begründung eines Erlassantrages solche besonderen Umstände zu entnehmen, entscheidet allerdings nicht die Behörde des Mitgliedstaats über den Antrag, sondern die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (KEG) nach dem Verfahren der Art. 7 bis 10 VO Nr. 3799/86 (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 3799/86).
Dieses Verfahren, das die Kompetenzen zwischen der KEG und den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft eindeutig abgrenzt, ist auch durch die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) beibehalten worden (vgl. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 Rs. C-86/97, EuGHE 1999, I-1041). Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat zur Durchführung des Erstattungsverfahrens nach Art. 239 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (ZK) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 302/1) im Wesentlichen die bestehenden Durchführungsbestimmungen der VO Nr. 3799/86 übernommen.
Nach dem EuGH-Urteil vom 7. September 1999 Rs. C-61/98 (EuGHE 1999, I-5003, 5034) sind die seit dem 1. Januar 1994 geltenden Art. 905 bis 909 ZKDVO als Verfahrensvorschriften, anders als die materiell-rechtlichen Vorschriften des ZK, auf die bei ihrem In-Kraft-Treten anhängigen Streitigkeiten anwendbar (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Juli 1993 Rs. C-121/91 und C-122/91, EuGHE 1993, I-3873, 3907 Rdnr. 22). Für Erstattungsanträge aus dem Jahr 1994, die ―wie vorliegend― an eine im Jahr 1993 entstandene Zollschuld anknüpfen, ist mithin auch in den Anwendungsfällen des Art. 13 Abs. 1 der VO Nr. 1430/79 nach Art. 905 bis 909 ZKDVO zu verfahren.
Die materiellen Voraussetzungen für einen Erlass in einem besonderen Fall liegen nach der Rechtsprechung des EuGH vor, wenn sich ein Anmelder im Vergleich zu anderen Wirtschaftsteilnehmern, die die gleiche Tätigkeit ausüben, in einer außergewöhnlichen Situation befindet (vgl. u.a. EuGH-Urteile vom 11. November 1999 Rs. C-48/98, EuGHE 1999, I-7877; in EuGHE 1999, I-5003, und in EuGHE 1999, I-1041) oder wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen, den er bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz des EuGH vom 19. Februar 1998 Rs. T-42/96; EuGHE 1998, II-405, 438 Rdnr. 132).
In diesem Zusammenhang besteht ―anders als die Beschwerde meint― kein Entscheidungsbedarf zu der Frage, inwieweit die Behörde vom Vortrag des Beteiligten, bei ihm lägen "besondere Umstände" oder ein "besonderer Fall" vor, überzeugt sein muss. Denn dies ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt. Ist die Zollbehörde, bei der ein Antrag auf Erstattung oder Erlass gestellt worden ist, nicht in der Lage, nach Art. 899 ZKDVO zu entscheiden, und lässt die Begründung des Antrags auf einen besonderen Fall schließen, legt sie, sofern den Beteiligten kein vorwerfbares Verschulden trifft, den Fall der KEG nach dem Verfahren der Art. 905 bis 909 ZKDVO zur Behandlung vor. Der Senat hat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH eine Pflicht des HZA zur Vorlage des Antrags an die KEG bereits dann bejaht, wenn Zweifel bestehen, wie über den Antrag zu befinden ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Mai 1999 VII R 106/95, BFHE 189, 218).
Das FG hat jedoch im Streitfall zumindest im Ergebnis zu Recht angenommen, dass sich die Klägerin nicht auf besondere Umstände berufen kann, ohne dass sich insoweit rechtsgrundsätzlich bedeutsame Fragen stellen. Allerdings mag zweifelhaft sein und rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen aufwerfen, ob ein Erlass mit der Erwägung des FG ausgeschlossen werden kann, die Klägerin sei von der VO Nr. 1932/93 nicht mehr als ihre Mitbewerber (angeblich) überrascht worden und sie habe keine "besonderen" Schwierigkeiten gehabt, sich Zugang zu dieser Verordnung zu verschaffen. Auch wenn ―wie es regelmäßig der Fall sein wird― mehrere Exporteure von einem Rechtsakt wie der Einführung einer Mindestpreisregelung betroffen sind, mag ein besonderer Fall in Betracht gezogen werden, wenn sich die Betreffenden nicht in zumutbarer Weise Kenntnis von dem Ergehen einer diesbezüglichen Verordnung verschaffen konnten oder für sie deren Text schlechterdings nicht verfügbar war. Ein solcher Fall ist indes nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin vor dem Tatrichter, auf welches das FG in seinem Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, nicht gegeben; sofern der Beschwerde neues tatsächliches Vorbringen zu entnehmen sein sollte, könnte die Klägerin damit nicht gehört werden.
Gemeinschaftsvorschriften, mit denen Abgaben der hier strittigen Art eingeführt werden, werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Nach dieser Veröffentlichung ist nach der Rechtsprechung des EuGH davon auszugehen, dass jedermann diese Abgabe kennt (EuGH-Urteile vom 12. Juli 1989 Rs. 161/88, EuGHE 1989, 2415 Rdnr. 19, und vom 26. November 1998 Rs. C-370/96, EuGHE 1998, I-7711, 7741 Rdnr. 26). Das gilt namentlich dann, wenn ein Unternehmen, das Waren importiert, von der unmittelbar drohenden Gefahr der Einführung einer Abgabe auf diese Waren Kenntnis hat.
Nach ihrem Vorbringen in der Tatsacheninstanz hatte die Klägerin am Nachmittag des 16. Juli 1993 (Freitag) die Befürchtung, es könne unter Umständen zu einem Eingriff in den Sauerkirschenmarkt aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des an diesem Tage zu einer Sitzung zusammentretenden zuständigen Verwaltungsausschusses kommen. Dass der Klägerin, wie sie unter Beweisantritt behauptet hat, von ihrem Verband erklärt worden sein mag, damit sei nicht zu rechnen, schließt diese Feststellung nicht aus. Wäre die VO Nr. 1932/93 für die Klägerin bzw. ihren Verband gleichsam aus heiterem Himmel gekommen, wäre völlig unverständlich, warum die Klägerin, wie sie unter Beweis gestellt hat, noch am Freitagabend wegen drohender Schutzmaßnahmen mit ihrem Verband Kontakt aufgenommen hat und weshalb dieser wegen solcher Maßnahmen am Freitag "in ständigem Kontakt" mit der Europäischen Kommission und dem Bundeslandwirtschaftsministerium gestanden haben soll. Überdies kann davon ausgegangen werden, dass zumindest der Verband die Marktlage kannte, die der Gemeinschaft schließlich Anlass zum Erlass der vorgenannten Verordnung gegeben hat.
Unter diesen Umständen mußte die Klägerin abwarten, welche Beschlüsse der Verwaltungsausschuss tatsächlich fällen würde. Konnte sie darüber möglicherweise am Abend des Freitags nichts mehr in Erfahrung bringen, mußte sie sich zumindest vergewissern, welche Rechtsakte am folgenden Werktag, dem Samstag, von der Kommission im Amtsblatt verkündet und damit in Kraft gesetzt würden. Eingriffe in das Marktgeschehen müssen ihrer wirtschaftlichen Natur nach schnell und ohne Ankündigung verwirklicht werden. Ein Marktteilnehmer, der solche Eingriffe für möglich hält, muss in Rechnung stellen, dass sie auch am Samstag vorgenommen werden, zumal wenn er weiß, dass der zuständige Ausschuss über sie am Freitag berät. Er muss, wenn er noch am selben Wochenende Einfuhren, die davon betroffen sein können, vornehmen will, alle Vorkehrungen treffen, um sich Kenntnis vom Erlass einer einschlägigen Verordnung zu verschaffen. Die Klägerin selbst hat in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Amtes für amtliche Veröffentlichungen vorgelegt, aus dem sich klar ergibt, dass dies jederzeit auch außerhalb der Bürostunden möglich ist. Dass es dafür erforderlich ist, sich mit einem besonderen Ausweis auszustatten, ist dafür ohne Bedeutung. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass es ihr bzw. ―was ohnehin allein ernstlich in Betracht gekommen wäre― ihrem Verband oder z.B. einem der am Orte der Europäischen Kommission niedergelassenen fachkundigen und mit der Erledigung von Geschäften solcher Art vertrauten Vertreter, etwa einer Rechtsanwaltskanzlei, nicht möglich gewesen wäre, sich einen solchen Ausweis und mit dessen Hilfe das neueste Amtsblatt zu verschaffen.
Jedenfalls unter den vorgenannten Gegebenheiten, insbesondere angesichts der Eigentümlichkeiten des Marktgeschehens beim Handel mit schnell verderblichem und im Wesentlichen zu bestimmten Jahreszeiten gehandelten Obst waren der Klägerin solche Vorkehrungen auch nicht unzumutbar. Erst recht nicht durfte sie sich auf die Einschätzung ihres Verbandes verlassen, der offensichtlich selbst das Ergebnis der erwähnten Sitzung noch nicht kannte und offenbar nicht einmal zu kennen behauptete.
Da die Klägerin mithin die zumutbaren Anstrengungen, sich des geltenden Gemeinschaftsrechts zu vergewissern, unterlassen hat, kann sie sich auf dessen Unkenntnis nicht mit Erfolg berufen.
Auch die weitere von der Klägerin herausgestellte Rechtsfrage, ob mit der Wiederausfuhr einiger Partien Sauerkirschen bereits der Schutzzweck der VO Nr. 1932/93 erfüllt sei, ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist zweifelsfrei so zu beantworten, wie sie das FG entschieden hat. Die Art. 901 und 904 Buchst. a ZKDVO beantworten nämlich die von der Klägerin gestellte Frage in dem Sinne, dass die Erstattung bzw. der Erlass einer Abgabe grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn Waren, die in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft übergeführt worden sind, wieder ausgeführt werden, insbesondere weil sie nicht verkauft werden konnten. Damit ist klargestellt, dass die bloße Wiederausfuhr (von den Sonderfällen des Art. 901 ZKDVO abgesehen), etwa weil die Waren wegen der durch die Abgabe bewirkten Verteuerung nicht oder nicht zu dem vom Importeur erwarteten Preis verkauft werden konnten, nicht für den Erlass oder die Erstattung einer Abgabe ausreicht. Für Art. 13 VO Nr. 1430/79 kann nichts anderes gelten.
2. Das Urteil des FG weicht entgegen der Behauptung der Beschwerde auch nicht von dem Urteil des beschließenden Senats in BFHE 189, 218 i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. ab. Abgesehen davon, dass die angebliche Abweichung des FG-Urteils von dem in der Beschwerdeschrift angegebenen Senatsurteil in BFHE 189, 218 nicht nach den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bezeichnet ist, liegt eine Divergenz des FG-Urteils zur Entscheidung in BFHE 189, 218 nicht vor. Das FG widerspricht nicht dem vorgenannten Senatsurteil, sondern beruht auf ihm. Das FG hat im Streitfall eine Verpflichtung des HZA zur Vorlage des Erstattungsantrags an die Kommission lediglich deswegen verneint, weil vorliegend keine Zweifel am Fehlen "besonderer Umstände" i.S. des Art. 13 der VO Nr. 1430/79 bestünden. Es hat ―anders als die Klägerin meint― insbesondere auch nicht in Frage gestellt, dass bereits ein Gesichtspunkt, der einen ausreichenden Anhaltspunkt für das Vorliegen besonderer Umstände bietet, genügen kann, um das HZA zur Vorlage des Erstattungsantrag an die Kommission zu verpflichten. Dass das FG, wie die Beschwerde offenbar meint, bei Anwendung der BFH-Entscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen, bedeutete im Übrigen lediglich, dass seine Entscheidung materiell-rechtlich unzutreffend wäre, nicht jedoch, dass sie i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. von der Rechtsprechung des Senats abweicht.
3. Soweit die Klägerin mit der Beschwerde die Nichtbeachtung des § 76 Abs. 1 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) rügt, beruht die Vorentscheidung nicht auf der unterlassenen Beweisaufnahme (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Januar 1999 VII B 161/98, BFH/NV 1999, 947). Denn nach der insoweit maßgebenden Auffassung der Vorinstanz rechtfertigen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände (Schwierigkeiten, von der VO Nr. 1932/93 und der zutreffenden Übersetzung Kenntnis zu erhalten) nicht den Erlass der strittigen Abgaben, weil sie alle Mitbewerber der Klägerin in gleichem Maße betroffen haben. Es war deshalb aus der Sicht des FG unerheblich, ob sie tatsächlich vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 585713 |
BFH/NV 2001, 945 |