Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung bei mehreren Klägern
Leitsatz (NV)
Sind im Verfahren zwei Kläger aufgetreten, deren prozessuale Ansprüche nicht identisch sind, so ist der Streitwert, der auf Antrag des Beigeladenen festzusetzen ist, auf der Grundlage beider Streitwerte zu bestimmen.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1, § 25 Abs. 1 S. 1; ZPO § 5
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 betreibt einen Großhandel u.a. mit Parfümerien, Kaffee, Tee, Lebensmitteln und Spirituosen. Ihre Kunden sind Einzelhandelsgeschäfte u.a. im Bereich . . . . Die Klägerin zu 1 beliefert u.a. den Kläger zu 2, der ein Einzelhandelsgeschäft mit dem Warensortiment der Klägerin zu 1 betreibt. Die Kläger fühlten sich durch das Verwaltungshandeln hinsichtlich der sog. Butterfahrten von den Häfen . . . aus in ihren Rechten beeinträchtigt und beantragten vor dem Finanzgericht (FG), das HZA zu verpflichten, es zu unterlassen, in bestimmten Fällen des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs Waren ohne Erhebung von Eingangsabgaben zum freien Verkehr abzufertigen. Das FG lud die Reederei X (Beigeladene) zum Verfahren bei. Es gab der Klage in vollem Umfang statt. Dagegen legten sowohl das HZA als auch die Beigeladene Revision ein mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Im Laufe des Revisionsverfahrens teilten die Kläger mit, daß sie zwischenzeitlich ihre wirtschaftliche Tätigkeit hätten einstellen müssen. Sie erklärten ebenso wie das HZA die Hauptsache für erledigt. Mit isolierter Kostenentscheidung vom 18. September 1984 legte der erkennende Senat die Kosten des in der Hauptsache erledigten gesamten Verfahrens den Klägern auf und entschied, die Kläger hätten auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu erstatten. Mit Schriftsätzen vom 26. November und 18. Dezember 1984 stellte der Prozeßbevollmächtigte der Beigeladenen sowohl im Namen seiner Mandantin als auch im eigenen Namen den Antrag, den Streitwert festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf insgesamt 15 000 DM festgesetzt.
1. Der erkennende Senat hat aufgrund des Antrags der Beigeladenen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) über den Streitwert des Revisionsverfahrens zu befinden.
2. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG hat der Senat den Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Verfahren sind zwei Kläger aufgetreten. Die von diesen geltend gemachten prozessualen Ansprüche sind nicht identisch. Es ist also vom Vorliegen mehrerer prozessualer Ansprüche auszugehen. Von diesen hat jeder einen Streitwert. Die beiden Streitwerte sind dann zusammenzurechnen (vgl. § 5 der Zivilprozeßordnung - ZPO -; Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. September 1979 Nr. 66 II 77, Bayerische Verwaltungsblätter 1981, 29; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. April 1962 II 248/60 U, BFHE 75, 143, BStBl III 1962, 320).
3. Maßgebend für die Streitwertfestsetzung ist die Bedeutung der Sache für jeden der beiden Kläger. Diese bemißt sich entsprechend ihren Klageanträgen danach, welche Gewinneinbußen sie durch die angeblich rechtswidrige Verwaltungspraxis des HZA bei der Abfertigung der von den ,,Butterfahrten" zurückkehrenden Fahrgäste erlitten haben. Diese wiederum ergaben sich aus den Umsatzeinbußen der Kläger wegen dieser ,,Butterfahrten", die bei einer Abfertigung durch das HZA im Sinne der Anträge der Kläger im wesentlichen unterblieben wären. Dabei ist in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO vom Zeitraum eines Jahres auszugehen.
Nach den Feststellungen des FG wurden 1979 von den Häfen im Bezirk des HZA ,,Butterfahrten" mit . . . Schiffen und schätzungsweise . . . Fahrgästen durchgeführt. Die Kläger behaupteten nach den Feststellungen des FG in der Vorinstanz, der Butterfahrtenumsatz an der . . . . . -küste habe 1977 ca. . . . DM betragen; durch die Butterfahrten werde ein erheblicher Teil der Kaufkraft der Bewohner . . . von den dort ansässigen Einzel- bzw. Großhandelsgesellschaften abgezogen und auf die Reedereien, die ,,Butterfahrten" ausführten, umgelegt. Das FG hat in seinem Urteil den Umsatz auf den ,,Butterschiffen" (außerhalb des Linienverkehrs) auf . . . DM geschätzt (wohl bezogen auf ein Jahr) und diese Schätzung im einzelnen begründet. Es ist weiter davon ausgegangen, daß aufgrund des Umfangs der Warenverkäufe auf den Schiffen die Kläger Umsatz- und Gewinneinbußen hinnehmen müßten und Lebensmittelhändler in den Küstenorten die Auswirkungen der ,,Butterschiffe" am stärksten zu spüren bekämen, da die Bewohner der Küstenorte ihren Bedarf an Waren aus dem Sortiment der Schiffe zum Teil nicht mehr in den ortsansässigen Geschäften deckten. Das FG hat es dahingestellt sein lassen, ob der Kläger zu 2 tatsächlich eine Gewinneinbuße von 6 000 DM bis 8 000 DM hatte, wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben habe. Dies würde, so führte das FG weiter aus, bei einem angenommenen Reingewinn von 7% des Umsatzes einen Umsatz von 85 000 DM bis 115 000 DM ergeben. Jedenfalls schätze das FG den entgangenen Gewinn auf eine vierstellige Zahl, was bei einem von dem Kläger zu 2 erzielten Umsatz von 625 000 DM und einem möglichen Gewinn von 5 bis 10% des Umsatzes = 31 250 DM bis zu 62 500 DM eine fühlbare Einbuße darstelle.
Die Zahlen, von denen das FG ausgegangen ist und die im wesentlichen zugrunde zu legen der Senat keine Bedenken hat, belegen, daß der Sachstand genügende Anhaltspunkte dafür bietet, daß der Streitwert allein für den Kläger zu 2 jedenfalls den Betrag von 4 000 DM (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG) übersteigt. Allerdings ist es nach Sachlage ausgeschlossen, einen genauen Betrag zu errechnen. Das FG hat in seinem Urteil die Höhe der Sicherheitsleistung des HZA für die Abwendung der vorläufigen Vollstreckung auf 20 000 DM gegenüber der Klägerin zu 1 und auf 10 000 DM gegenüber dem Kläger zu 2 bemessen. Der Senat hält es für angemessen, bei der Streitwertfestsetzung von der Hälfte dieser Beträge auszugehen. Er setzt den Streitwert des Revisionsverfahrens daher auf insgesamt 15 000 DM fest.
Fundstellen
Haufe-Index 413817 |
BFH/NV 1986, 108 |