Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen eine Kostenrechnung des BFH - Streitwert in Verfahren über die Erteilung einer Ursprungsbescheinigung
Leitsatz (NV)
Der Streitwert in Verfahren über die Erteilung der Ursprungsbescheinigung gemäß § 8 BerlinFG wird durch die Höhe des Anspruchs auf Kürzung der geschuldeten Umsatzsteuer bestimmt.
Normenkette
GKG § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 1; BerlinFG § 8 Abs. 1
Tatbestand
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision der Klägerin, Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 14. Dezember 1982 als unbegründet zurückgewiesen (V R 37/83) und der Erinnerungsführerin die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt hatte, setzte die Kostenstelle des BFH die Gerichtskosten nach einem Streitwert von . . . DM auf insgesamt . . . DM fest.
Gegenstand des von der Erinnerungsführerin gegen die Senatsverwaltung für Wirtschaft in Berlin geführten Rechtsstreits war die Verpflichtung zur Erteilung von Ursprungsbescheinigungen nach § 8 des Berlinhilfegesetzes (BHG) bzw. des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) für 1968 bis 1973 zum Nachweis, daß Gegenstände in Berlin (West) hergestellt worden sind. Die Erinnerungsführerin wollte für die Lieferungen der ihrer Auffassung nach in Berlin (West) hergestellten Gegenstände an einen westdeutschen Unternehmer Kürzung der Umsatzsteuer gemäß § 1 Abs. 1 BHG bzw. BerlinFG beanspruchen.
Mit der Erinnerung begehrt die Erinnerungsführerin eine Verminderung des Streitwerts. Sie meint u. a., zwar betrage der Kürzungsanspruch . . . DM, seiner Durchsetzung in Steueränderungsbescheiden stehe aber der mögliche Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Außerdem seien die Klageanträge auf bloße Verbescheidung gerichtet, so daß das damit verbundene Interesse nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bemessen werden müsse. Schließlich sei das Finanzamt (FA) bei der Umsatzsteuerfestsetzung für die Streitjahre nicht an die Ursprungsbescheinigungen gebunden. Die Ursprungsbescheinigung habe lediglich die Bedeutung einer vorläufigen Steuervergünstigung. Die Bedeutung einer vorläufigen Steuerfestsetzung entspreche nach dem Beschluß des BFH vom 18. Juli 1968 VII B 41/67 (BFHE 93, 215, BStBl II 1968, 743) der Bemessung des Streitwerts mit einem Drittel der endgültigen steuerlichen Auswirkung.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung (§ 5 Abs. 1 GKG) ist nicht begründet.
Die vollständige Nachprüfung der Kostenrechnung des BFH KostL . . . (V R 37/83) vom 25. Oktober 1989 im Erinnerungsverfahren (vgl. dazu Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 25. Oktober 1983 VI ZR 249/81, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1984, 870, 871, m.w.N.) ergibt, daß die Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GKG) zutreffend angesetzt worden sind. Die Angriffe der Erinnerungsführerin gegen den Kostenansatz (§ 5 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 25 Abs. 1 der Kostenverfügung), insbesondere gegen die Höhe der Kosten (§ 11 Abs. 1 GKG), sind unberechtigt.
Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstandes (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GKG). Im Revisionsverfahren bestimmt sich der Streitwert nach dem Antrag des Rechtsmittelführers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im Streitfall entsprach der Antrag der Erinnerungsführerin im Revisionsverfahren im wesentlichen dem Klageantrag, so daß für die Bestimmung des Streitwerts im Revisionsverfahren die Vorschriften über die Bestimmung des Streitwerts im erstinstanzlichen Verfahren heranzuziehen sind (Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluß vom 9. November 1988 4 B 185/88, Der Deutsche Rechtspfleger 1989, 129). Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 6000 DM anzunehmen ( § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG).
Den Streitwert in Verfahren über die Erteilung der Ursprungsbescheinigung gemäß § 8 BerlinFG hat der Senat in dem der Erinnerungsführerin zur Kenntnis gebrachten Beschluß vom 13. Juli 1977 V R 15/76 (nicht veröffentlicht) in Höhe des Anspruchs auf Kürzung der geschuldeten Umsatzsteuer bestimmt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Das für die Bestimmung des Streitwerts im Verfahren über die Verpflichtung zur Erteilung der Ursprungsbescheinigung nach § 8 BerlinFG maßgebende Interesse des jeweiligen Klägers richtet sich auf diese Kürzung der Steuerschuld. Eine andere rechtliche Bedeutung als die Voraussetzung für die Kürzung der Umsatzsteuerschuld zu schaffen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. September 1981 V R 127/76, BFHE 134, 95, BStBl II 1982, 45), kommt der Ursprungsbescheinigung nicht zu. Es sind somit genügend Anhaltspunkte vorhanden, die Bedeutung der Sache betragsmäßig gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen. Damit scheidet eine Streitwertbestimmung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG aus.
Im Streitfall sind keine Umstände gegeben, die bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache nach Ermessen zu einer geringeren Bestimmung des Streitwerts führen. Die für die Streitwertbestimmung maßgebenden wirtschaftlichen Auswirkungen des erstrebten Obsiegens (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 23. Aufl., § 13 GKG Anm. 3 B) stimmen mit der begehrten Kürzung der Steuerschuld überein. Auf die im Erinnerungsverfahren geltend gemachten Bedenken gegen das Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittels wegen möglicher Verjährung kommt es für die Streitwertbestimmung nicht an. Der Streitwert ist auch nicht mit einer vorläufigen Steuervergünstigung durch Bewilligung von Zahlungsaufschub für den Monopolausgleich für Branntweinsteuer vergleichbar, über den der BFH in dem von der Erinnerungsführerin angezogenen Beschluß in BFHE 93, 215, BStBl II 1968, 743 zu entscheiden hatte. Eine Entscheidung im Rechtsmittelverfahren hätte der Erinnerungsführerin nicht nur einen zeitlich begrenzten, sondern einen endgültigen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.
Fundstellen