Entscheidungsstichwort (Thema)
Erkrankung als Wiedereinsetzungsgrund
Leitsatz (NV)
Wenn die innerhalb der verlängerten Frist fertiggestellte Revisionsbegründung nicht mit Hilfe des eigenen Telefaxgerätes beim BFH angebracht wird, muß zur Glaubhaftmachung einer geltend gemachten Erkrankung als Wiedereinsetzungsgrund dargelegt werden, daß die Krankheit so schwer war, daß sie eine Übermittlung der Revisionsbegründung verhindert hatte.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2, § 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1
Tatbestand
Gegen das ihm am 12. Dezember 1996 zugestellte Urteil des Finanzgerichts (FG) legte der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Steuerberater, am 13. Januar 1997 (Montag) Revision ein. Auf seinen Antrag wurde die Frist zur Begründung bis zum 28. Februar 1997 verlängert. Mit einem am 3. März 1997 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz macht der Kläger geltend, das FG habe durch einen Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entschieden, obwohl er dem nur zugestimmt habe, bevor das Verfahren dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden war.
Nach einem Hinweis der Geschäftsstelle des Senats auf den verspäteten Eingang der Revisionsbegründung beantragt der Kläger mit einem am 10. März 1997 eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung führt er u. a. aus, er sei nach einer Darmoperation noch schwer krank. Es zeigten sich immer noch Komplikationen. Er leide inzwischen an Keuchhusten, habe seit zwei Wochen zusätzlich neue Verdauungsschwierigkeiten, so daß er die letzten zwei Wochen fast nur im Bett habe verbringen können. Er nimmt Bezug auf eine ärztliche Bescheinigung mit dem Datum des 27. Januar 1997, in der der Internist Dr. X ausführt, der Kläger sei seit dem 25. November 1996 durchgehend erkrankt, und es sei mit einer Arbeitsunfähigkeit bis zum 20. April 1997 zu rechnen.
Der Kläger, der klargestellt hat, daß nur er die Revision gegen das auch gegen seine Ehefrau ergangene finanzgerichtliche Urteil eingelegt habe, beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen (§124 Abs. 1 Satz 1 und 2, §126 Abs. 1 FGO). Sie ist verspätet begründet worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§56 Abs. 1, 2 FGO) kommt nicht in Betracht. Deswegen kann auch nicht beurteilt werden, ob die nicht zugelassene Revision als zulassungsfreie Revision (§116 Abs. 1 FGO) statthaft ist.
1. Die Revision ist zwar rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils eingelegt worden (§120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Sie ist aber nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von einem weiteren Monat begründet worden (§120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die verlängerte Revisionsbegründungsfrist lief am 28. Februar 1997 ab (§54 Abs. 1, 2 FGO i. V. m. §222 Abs. 1, 2 der Zivilprozeßordnung und §188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht (§56 Abs. 1 FGO), weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat (§56 Abs. 2 Satz 2 FGO), daß er ohne Verschulden verhindert war, die verlängerte Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.
Eine Erkrankung des Beteiligten, der für die Einhaltung der Frist verantwortlich ist, wird nur dann als schuldlose Verhinderung des Revisionsführers gewertet, wenn sie plötzlich und unvorhersehbar auftritt. Sie muß so schwer sein, daß es für den Beteiligten unzumutbar ist, die Frist einzuhalten oder rechtzeitig einen Vertreter zu bestellen (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 11. Oktober 1995 VIII B 106/95, BFH/NV 1996, 332; vom 22. Juli 1991 III B 22/91, BFH/NV 1992, 257). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Sein eigenes Vorbringen ergibt zwar, daß er erkrankt und daß er "arbeitsunfähig krank geschrieben" worden war. Es ergibt aber nicht, daß er die Begründung der Revision, die er verspätet in nur einem Satz unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 9. August 1996 VI R 37/96 (BFHE 181, 115, BStBl II 1997, 77) gegeben hat, nicht schon innerhalb der Revisionsbegründungsfrist hätte abgeben können. Der Schriftsatz mit dieser Begründung trägt das Datum des 27. Februar 1997. Das Schreiben ist am 3. März 1997 in den Nachtbriefkasten des BFH eingeworfen worden. Da der Kläger ausweislich seines Schriftsatzes über einen Telefax-Anschluß verfügt und auch die Revision auf diese Weise eingelegt hat, ist nicht verständlich, weshalb er die vorhandene Revisionsbegründung im Schriftsatz vom 27. Februar 1997 nicht bis zum Ablauf der verlängerten Revisionsbegründungsfrist am 28. Februar 1997 beim BFH hat anbringen können. Sein Vorbringen und die vorgelegten Urkunden ergeben nicht, daß ihn seine Krankheit an einer Übermittlung der rechtzeitig fertig gestellten Revisionsbegründung durch Telefax oder durch die Post hätte hindern können.
2. Da eine fristgemäß begründete Revision nicht vorliegt, ist es auch nicht möglich zu prüfen, ob die nicht zugelassene Revision überhaupt statthaft ist. Zur Beurteilung, ob die Revision ohne Zulassung, z. B. nach §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO statthaft ist, sind nur die frist- und formgemäß vorgebrachten Gründe heranzuziehen.
Fundstellen