Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Auslegung der Bezeichnung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift und zur Statthaftigkeit der Beschwerde gegen einen PKH-Ablehnungsbeschluß nach Beendigung der Hauptsache
Leitsatz (NV)
- Ist die Bezeichnung des Beschwerdeführers in der gegen einen PKH-Ablehnungsbeschluß eingereichten Beschwerdeschrift nicht eindeutig, so ist die Beschwerdeschrift auszulegen und eine etwaige fehlerhafte Beteiligtenbezeichnung in der Entscheidung des FG zu berichtigen.
- Die Beschwerde gegen einen PKH-Ablehnungsbeschluß ist grundsätzlich nicht statthaft, wenn sie erst nach Beendigung der Instanz im Hauptsacheverfahren eingelegt worden ist.
Normenkette
FGO §§ 142, 57; ZPO § 117 Abs. 2; BGB § 133
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen.
1. Die Beschwerde ist vom Gesellschafter K, der bereits im vorinstanzlichen Verfahren Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt hatte, erhoben worden.
a) Ist eine prozessuale Willenserklärung nicht eindeutig, so ist sie wie eine Willenserklärung i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) analog § 133 BGB auszulegen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. September 1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171). Dabei ist allein die Bezeichnung der Beteiligten in der Klage- oder Beschwerdeschrift nicht maßgebend; vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der Beteiligtenbezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizumessen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 29. November 1995 X B 328/94, BFHE 179, 222, BStBl II 1996, 322, m.w.N.).
b) Die Bezeichnung des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift ist nicht eindeutig. So ist im Rubrum der Beschwerdeschrift zwar der Antragsteller, der Gesellschafter K, genannt, seinem Namen folgt jedoch der Zusatz "in Prozeßstandschaft für die GbR" sowie die Bezeichnung "Klägerin - Beschwerdeführerin". In der Begründung der Beschwerde ist einerseits die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Beschwerdeführerin bezeichnet, andererseits ist "vom Kläger und Beschwerdeführer" die Rede. Die von den Gesellschaftern der GbR eingereichten Prozeßvollmachten weisen als Verfahrensbeteiligte jeweils die GbR aus.
c) Entsprechend den Ausführungen zu Abschnitt 1. a der Gründe legt der Senat die Beschwerdeschrift dahingehend aus, daß Beschwerdeführer gegen die Ablehnung des PKH-Antrags der Gesellschafter K ist, nicht hingegen die GbR, an der K neben seiner Ehefrau beteiligt ist. Der Senat hat dabei berücksichtigt, daß im PKH-Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) allein K beteiligt war; so wurde im PKH-Antrag ausdrücklich K als Antragsteller bezeichnet, dem Antrag waren nur Unterlagen des K, nämlich die Erklärungen über seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse sowie von ihm abgegebene eidesstattliche Versicherungen, beigefügt, und der Antrag lautete auf Gewährung von PKH für K. Der Beschwerdeschrift lassen sich demgegenüber --mit Ausnahme der mißverständlichen Beteiligtenbezeichnung-- keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß nunmehr die bislang am PKH-Verfahren nicht beteiligte und vom Ablehnungsbeschluß des FG nicht betroffene GbR Beschwerde einlegen und mit der sinngemäßen Wiederholung des im FG-Verfahren gestellten Antrags --Gewährung von PKH für K-- fremde Rechte geltend machen will.
d) Ist nach den vorstehenden Ausführungen der Gesellschafter K Beschwerdeführer, so ist seine Beschwerdebefugnis zu bejahen, da er --wie ausgeführt-- als PKH-Antragsteller Beteiligter (entsprechend § 57 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) des finanzgerichtlichen Verfahrens war.
Soweit das FG den Antragsteller K im Rubrum seines angefochtenen Beschlusses nicht als Antragsteller bezeichnet hat, ist die Beteiligtenbezeichnung im Beschluß des FG vom 8. September 1998 zu berichtigen. Das FG hat im Rubrum des Beschlusses lediglich die Beteiligten der Hauptsache genannt, indem es den Antragsteller K "in Prozeßstandschaft für die GbR" als "Klägerin" und das Finanzamt als Beklagten aufgeführt hat, und nur im Tatbestand den K als Antragsteller bezeichnet. Da der Antragsteller K im PKH-Verfahren aber weder in Prozeßstandschaft für die GbR noch als "Klägerin" tätig geworden ist, sondern als Antragsteller eigene Rechte in eigenem Namen geltend gemacht hat, ist die Beteiligtenbezeichnung richtigzustellen; dies ist auch in der Beschwerdeinstanz noch möglich (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1991 XI R 40/88, BFHE 168, 343, BStBl II 1992, 741).
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht statthaft, da der Antragsteller sein auf Gewährung von PKH gerichtetes Begehren nicht mehr erreichen kann, nachdem die Beschwerde erst nach Beendigung der Instanz im Hauptsacheverfahren eingelegt worden ist. Denn PKH kann grundsätzlich nur für die Zukunft, nicht hingegen für ein bereits abgeschlossenes Verfahren gewährt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838, unter 1. b der Gründe; vom 5. November 1985 VII B 88/83, BFHE 144, 407, BStBl II 1986, 71). Die Hauptsacheninstanz ist mit ihrer Verkündung am 8. September 1998 beendet worden (vgl. hierzu BFH-Beschluß in BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838, unter 1. b der Gründe, m.w.N.), der Beschwerdeführer hat die Beschwerde hingegen erst am 29. Januar 1999 erhoben.
Allerdings kann PKH ausnahmsweise rückwirkend und sogar nach Abschluß des Verfahrens gewährt werden. Eine derartige Ausnahme wird dann bejaht, wenn der Antragsteller den PKH-Antrag noch während des Verfahrens mit den erforderlichen Unterlagen rechtzeitig gestellt hat, vom FG aber so spät beschieden worden ist, daß eine Einlegung der Beschwerde vor Abschluß der Instanz nicht mehr möglich oder zumutbar war (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838, unter 1. b der Gründe; in BFHE 144, 407, BStBl II 1986, 71). Hierdurch soll verhindert werden, daß der Antragsteller durch ein Versäumnis des FG seinen Anspruch auf PKH verliert.
Die Voraussetzungen für diese Ausnahme liegen indes nicht vor. Denn weder ist der Antrag auf PKH rechtzeitig gestellt worden noch hat das FG seinen Beschluß verspätet gefaßt. Nachdem der Antragsteller bereits am 25. Juni 1998 eidesstattliche Versicherungen gegenüber dem Amtsgericht M abgegeben und am 26. Juni 1998 erstmalig eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erhalten hatte, stellte er seinen PKH-Antrag, dem zudem eine nicht unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung i.V.m. § 142 FGO) beigefügt war (zum Erfordernis einer Unterschrift vgl. BFH-Beschluß vom 10. Juli 1997 XI S 9/97, BFH/NV 1998, 79), erst am 2. September 1998 und damit lediglich sechs Tage vor der mündlichen Verhandlung. Unter diesen Umständen kann es nicht beanstandet werden, daß das FG über den PKH-Antrag nicht vor der Entscheidung in der Hauptsache entschieden hat.
Fundstellen
Haufe-Index 422591 |
BFH/NV 2000, 442 |