Leitsatz (amtlich)
Gründet der Vater mit seinen minderjährigen Kindern eine Personengesellschaft zur Fortführung des väterlichen Unternehmens, so können die minderjährigen Kinder als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Nr. 2 EStG regelmäßig nur dann anerkannt werden, wenn für die Dauer der Minderjährigkeit und der Mitgliedschaft der Kinder gemäß § 1909 BGB Ergänzungspfleger für die Kinder bestellt werden, weil nur unter dieser Voraussetzung klare und eindeutige Rechtsverhältnisse geschaffen sind und deren tatsächlicher Vollzug gesichert ist.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Prozeßparteien im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung, ob die im Gesellschaftsvertrag einer Familienpersonengesellschaft vereinbarte Gewinnverteilung einkommensteuerrechtlich anzuerkennen ist.
1. A, der Kläger und Revisionsbeklagte zu 2), war Alleininhaber eines in das Handelsregister eingetragenen Großhandelsunternehmens. Am 21. November 1967 schloß er mit seinen sieben minderjährigen Kindern, den Beigeladenen, diese gesetzlich vertreten durch eine vom Vormundschaftsgericht bestellte Ergänzungspflegerin, einen Vertrag über die Gründung einer KG, den das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 14. Dezember 1967 vormundschaftsgerichtlich genehmigte. Die KG, die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1), führte, wie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, das von A eingebrachte Einzelunternehmen mit Wirkung vom 30. Dezember 1967 fort.
A war persönlich haftender Gesellschafter der KG; seine sieben minderjährigen Kinder waren Kommanditisten (§ 1 des Gesellschaftsvertrags). Die Gesellschaft hatte bei der Gründung ein Festkapital von 100 000 DM; davon entfielen auf den persönlich haftenden Gesellschafter eine Geschäftseinlage von 51 000 DM und auf die sieben Kommanditisten je eine Kommanditeinlage von 7 000 DM, insgesamt also 49 000 DM. Gemäß § 1 des Gesellschaftsvertrages brachte jeder Kommanditist seine Geschäftseinlage von je 7 000 DM dadurch ein, "daß der Komplementär A jedem Kommanditisten aus dem Betriebsvermögen der Einzelhandelsfirma A den Betrag von 7 000 schenkungsweise überläßt".
A brachte sein Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven zu Buchwerten in die KG ein, und zwar in der Weise, daß die KG den über die Einlage des A von nominell 51 000 DM und den über die schenkungsweise überlassenen Einlagen der sieben Kommanditisten von nominell 49 000 DM hinausgehenden Betrag des Buchwertes des eingebrachten Betriebsvermögens in Höhe von 344 075,85 DM als mit 4 v. H. zu verzinsendes Darlehen des Komplementärs A gutschrieb.
2. Die für die steuerliche Beurteilung wichtigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags lauteten wörtlich wie folgt:
Dauer der Gesellschaft und Geschäftsjahr
§ 2
Die Kommanditgesellschaft wird für die Zeit ab 30.12.1967 für unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung ist dem einzelnen Kommanditisten erst frühestens zum Ende des Jahres, in das sein 20. Geburtstag fällt, möglich.
Geschhäftsführung und Vertretung
§ 3
Zur Vertretung der Gesellschaft und zur Geschäftsführung ist der Persönlich haftende Gesellschafter berechtigt.
Das Widerspruchsrecht der Kommanditisten gemäß § 164 HGB bei Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, wird ausgeschlossen.
Pflichten und Rechte der Gesellschafter
§ 4
Der persönlich haftende Gesellschafter hat seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zu widmen. Er erhält für seine Tätigkeit in der Gesellschaft einen auf Geschäftsunkosten zu verbuchenden Betrag von monatlich je DM 2 500 ...
Aufstellung und Prüfung der Bilanz
§ 6
Die jährliche Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung ist von dem persönlich haftenden Gesellschafter innerhalb der ersten vier Monate des folgenden Jahres aufzustellen und zu unterzeichnen.
Die Bilanz einschl. der Gewinn- und Verlustrechnung ist von einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Steuerberater zu prüfen. Der Abschlußprüfer ist von den persönlich haftenden Gesellschaftern im Einvernehmen mit dem Vertreter der Kommanditisten zu bestellen ...
Verteilung von Gewinn und Verlust
§ 7
Der aus der Bilanz sich ergebende Reingewinn wird wie folgt verteilt:
a) alle Gesellschafter erhalten zunächst ihr Kapitalguthaben mit 6 % verzinst. Reicht der Jahresgewinn hierzu nicht aus, so bestimmen sich die Gewinnanteile nach einem entsprechend niedrigeren Satz.
b) Von dem dann verbleibenden Reingewinn erhalten die persönlich haftenden Gesellschafter je 1/5 vorweg, der überschießende Gewinn wird unter die Gesellschafter nach Verhältnis der ursprünglichen Kapitaleinlagen verteilt.
Ein aus der Bilanz sich ergebender Verlust wird von den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer ursprünglichen Kapitaleinlagen getragen, jedoch von den Kommanditisten nur bis zum Betrag ihrer Kommanditeinlage.
Entnahmen, Kapitalerhöhung, Verbuchung der Gewinnanteile
§ 8
Entnahmen zu Lasten der Kapitalkonten sind weder dem Kommanditisten noch dem persönlich haftenden Gesellschafter gestattet. Eine Entnahme von Gewinnen ist nur nach Feststellung der Bilanz und Beschlußfassung über die Verwendung des Gewinns durch die ordentliche Gesellschafterversammlung zulässig. Sie ist insoweit ausgeschlossen, als der Kapitalanteil eines Gesellschafters durch Verlustabbuchung unter seine ursprüngliche Höhe vermindert ist. In einem solchen Fall ist der Gewinn zunächst zur Wiederauffüllung des Kapitalanteils zu verwenden.
Ferner kann die Gesellschaft die auf die Gewinnanteile entfallende Einkommensteuer und Kirchen-Einkommensteuer aus Gesellschaftsmitteln zahlen. Eine Erhöhung der Kapitalkonten durch Zuschreibung von Gewinnanteilen und durch Neueinlagen ist nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zulässig.
Die Gewinnanteile der Gesellschafter werden, soweit sie nicht gemäß § 1 Satz 3 zur Auffüllung der Kapitalkonten benötigt werden, innerhalb von 8 Tagen nach Abhaltung der Gesellschafterversammlung an die Gesellschafter ausgezahlt.
Lassen die Gesellschafter im Einvernehmen mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Gewinnanteile in der Firma stehen, so sind diese auf Privatkonten gutzuschreiben und mit 4 % zu verzinsen. Wird jedoch eine gegenseitige Kündigungsfrist von 6 Monaten vereinbart, so erhöht sich der Zinsfuß auf 5 %.
...
§ 10
Der Beschlußfassung durch die Gesellschafter, sei es in der Gesellschafterversammlung oder auf schriftlichem Wege gemäß § 10 Abs. 3, unterliegen nach den Vorschriften dieses Vertrages:
Bestellung des Abschlußprüfers;
Gewinnverwendung;
Genehmigung der Auseinandersetzungsbilanz;
Auflösung der Gesellschaft;
Abänderung des Gesellschaftsvertrags.
§ 11
Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung erfolgt, soweit nicht etwas anderes in diesem Vertrag bestimmt ist, jeweils mit einfacher Stimmenmehrheit. Die Stimmenmehrheit richtet sich nach Kapitalanteilen, und zwar dergestalt, daß je 1 000 DM Kapitalanteil eine Stimme gewähren.
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Übertragung der Anteile
§ 12
Die Gesellschafter können ihre Kapitalanteile nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter, insbesondere der Zustimmung des persönlich haftenden Gesellschafters, an Dritte oder Gesellschafter veräußern oder verpfänden.
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Sonstiges Ausscheiden eines Gesellschafters
§ 14
Die Auflösung der Gesellschaft tritt nicht ein,
a) wenn ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis nach § 2 dieses Vertrags kündigt;
b) wenn er den übrigen Gesellschaftern Anlaß gibt, die alsbaldige Auflösung der Gesellschaft gemäß §§ 133 und 140 HGB zu verlangen;
c) wenn über das Vermögen eines Gesellchafters das Konkursverfahren oder gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet wird;
d) wenn ein Privatgläubiger eines Gesellschafters dessen Auseinandersetzungsguthaben pfändet (§ 135 HGB).
...
In diesen Fällen scheidet der betreffende Gesellschafter zu dem maßgeblichen Zeitpunkt aus der Gesellschaft aus. ...
Berechnung und Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens
§ 15
Der ausscheidende Gesellschafter hat Anspruch auf Abfindung für seinen Kapitalanteil.
Auf den Tag des Ausscheidens des Gesellschafters ist eine Vermögensbilanz aufzustellen. In diese sind die vorhandenen Aktiven und Passiven mit dem Buchwert aufzunehmen. Ein Firmenwert bleibt dabei unberücksichtigt. Der sich danach aus der Vermögensbilanz ergebende Wert des Geschäftsanteils stellt das Auseinandersetzungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters dar.
...
Das Auseinandersetzungsguthaben ist dem ausscheidenden Gesellschafter erst mit Vollendung des 25. Lebensjahres auszuzahlen.
Der Gesellschaft bleibt es unbenommen, das Auseinandersetzungsguthaben in kürzerer Frist zurückzubezahlen. Die in der Gesellschaft stehengebliebenen Beträge sind vom Tage des Ausscheidens an bis zum Tag der Auszahlung mit 5 % zu verzinsen.
3. Keiner der Kommanditisten war im Streitjahr für die KG tätig.
4. Nach der Erklärung zur einheitlichen Feststellung des Gewinns für 1968 erzielte die KG in diesem Jahr einen Gewinn von 186 976,93 DM. Die KG verteilte diesen Gewinn in der Weise, daß sie dem Komplementär eine Darlehnsvergütung von 4 v. H. aus 344 075 DM = 13 763 DM gutschrieb und sodann, wie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen (§ 4, 7), dem Komplementär eine Tätigkeitsvergütung von 30 000 DM, eine Vorwegvergütung von 27 443 DM (= 1/5 des nach Abzug der Tätigkeitsvergütung und der Festverzinsung der Kapitalanteile verbleibenden Reingewinns) zurechnete, des weiteren die festen Kapitalanteile aller Gesellschafter mit 6 v. H. verzinste und den Restgewinn von 109 770,93 DM im Verhältnis der ursprünglichen Kapitaleinlagen (= festen Kapitalkonten) zueinander verteilte, so daß der Gewinnanteil des Komplementärs insgesamt 131 033,14 DM betrug und der Gewinnanteil jedes Kommanditisten 7 991,97 DM (= 420 DM feste Kapitalanteilsverzinsung und 7 572 DM Restgewinnanteil).
Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) stellte mit vorläufigem Gewinnfeststellungsbescheid vom 12. März 1970 zwar den Gewinn der KG für 1968 wie erklärt auf 186 977 DM fest, erkannte aber die vereinbarte Gewinnverteilung steuerlich nicht an. Das FA war der Ansicht, eine Gewinnbeteiligung der Kommanditisten könne nur in Höhe einer angemessenen, d. h. 20 %igen Verzinsung der nominellen Einlage der Kommanditisten von je 7 000 DM anerkannt werden. Demgemäß rechnete das FA den sieben Kommanditisten je einen Gewinnanteil von 1 400 DM und dem Komplementär den gesamten Restgewinn von 177 177 DM zu.
Der hiergegen mit Einwilligung des FA-Vorstehers erhobenen Sprungklage gab das FG in vollem Umfang statt. Das FG war der Meinung, der Gesellschaftsvertrag sei zivilrechtlich wirksam und deshalb auch steuerlich anzuerkennen. Auch die vereinbarte Gewinnverteilung sei nicht zu beanstanden, weil sie den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen entspreche, insbesondere die Tätigkeit und das Haftungsrisiko des Komplementärs vorweg angemessen abgelte und sodann berücksichtige, daß der Komplementär und die Kommanditisten am Vermögen des Unternehmens einschließlich der stillen Reserven und eines etwa vorhandenen Firmenwerts im Verhältnis ihrer Kapitalanteile, also im Verhältnis 51 : 49, beteiligt seien.
Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Feststellungsbescheid wiederherzustellen. Das FA rügt die Verletzung der Vorschriften des § 12 Nr. 2 und des § 15 Nr. 2 EStG und beanstandet insbesondere die vom FG anerkannte Verteilung des nach Abzug der Vergütungen für den Komplementär verbleibenden Restgewinns.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet, wenn auch aus anderen Gründen als das FA geltend gemacht hat. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, weil die als Kommanditisten in die KG aufgenommenen sieben minderjährigen Kinder im Streitjahr nicht als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Nr. 2 EStG anerkannt werden können.
1. Entgegen der Ansicht des FG ist bereits zweifelhaft, ob der Vertrag über die Errichtung der KG zivilrechtlich wirksam zustandegekommen ist. Denn nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte und der herrschenden Lehre im Schrifttum ist dann, wenn mehrere Minderjährige als Gesellschafter in eine aus dem Vater und den Kindern bestehende Personengesellschaft aufgenommen werden sollen, zum Abschluß des Gesellschaftsvertrags für jedes Kind ein besonderer Ergänzungspfleger zu bestellen (Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts - BayObLG - vom 16. Dezember 1958 BReg. 1 Z 69/58, Zeitschrift für Familienrecht 1959 S. 125 - FamRZ 1959, 125 -; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl., S. 66; Fischer in Großkommentar HGB, 3. Aufl., § 105 Anm. 24). Diesen Anforderungen ist im Streitfall nicht genügt, denn wie sich aus der Unterschrift unter dem Gesellschaftsvertrag und der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ergibt, waren sämtliche Kinder durch die Ehefrau des Komplementärs und Mutter der Kinder als gerichtlich bestellte Ergänzungspflegerin vertreten. Vereinzelt findet sich im Schrifttum allerdings auch die Ansicht, die Vertretung mehrerer Minderjähriger durch einen Pfleger sei zulässig, wenn das Vormundschaftsgericht sie gestatte (vgl. die Nachweise bei Hueck, a. a. O., S. 66 Fußnote 47 a). Eine abschließende Stellungnahme erübrigt sich jedoch, denn auch wenn die zivilrechtliche Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags unterstellt wird, können die Kinder im Streitjahr nicht als Mitunternehmer angesehen werden.
2. Gesellschaftsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern können steuerlich nur anerkannt werden, wenn klare und eindeutige Rechtsverhältnisse geschaffen und diese tatsächlich vollzogen werden. Beides muß in einer Weise geschehen, daß sich die bisherigen Gegebenheiten, soweit sie für die Frage einer Mitunternehmerschaft von Belang sind, wirtschaftlich spürbar ändern. Hieran fehlt es im Streitfall, weil alle Kommanditisten im Streitjahr minderjährig waren und für sie zur Ausübung ihrer Gesellschafterrechte keine Ergänzungspfleger für die Dauer ihrer Minderjährigkeit und ihrer Mitgliedschaft bei der KG bestellt waren.
a) Ist der Gesellschaftsvertrag wirksam, so haben die Kinder einen Gesellschaftsanteil (Mitgliedschaft) erlangt, der sowohl aus personenrechtlichen Elementen (Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft wie z. B. Teilnahme an Beschlüssen der Gesellschafterversammlung) als auch aus vermögensrechtlichen Elementen (z. B. Anteil am Kapital und am Gewinn der Gesellschaft) besteht. Es ist zweifelhaft, ob die Kommanditisten nicht rechtlich gehindert sind, ihre Rechte auf Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft auszuüben, sofern ihnen nicht für die Dauer ihrer Mitgliedschaft insoweit jeweils ein Ergänzungspfleger bestellt ist. Denn zivilrechtlich ist nicht abschließend geklärt, ob die Abstimmlung in einer Gesellschafterversammlung einer Personengesellschaft den Charakter eines Rechtsgeschäfts hat und demgemäß die Vorschrift des § 181 BGB auf Gesellschafterbeschlüsse angewendet werden muß. Der BGH (Urteil vom 26. Januar 1961 II ZR 240/59, LM Nr. 8 zu § 138 HGB) hat die Frage bisher insoweit bejaht, als der Gesellschafterbeschluß eine Änderung des Gesellschaftsvertrags zum Gegenstand hat, im übrigen aber ausdrücklich offengelassen. Wäre die Frage zu bejahen, so könnten die Eltern ihre Kinder in der Gesellschafterversammlung nicht gesetzlich vertreten (§§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB). Insbesondere wäre nicht etwa nur der Vater, sondern auch die Mutter von der Gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen (vgl. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB; ferner Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10./11. Aufl., § 1629 Anm. 78). Demgemäß wäre zur Ausübung der Gesellschaftsrechte gemäß § 1909 BGB die Bestellung von Ergänzungspflegern für die Dauer der Mitgliedschaft und der Minderjährigkeit zwingend erforderlich.
b) Die elterliche Gewalt umfaßt das Recht und die Pflicht, für das Vermögen des Kindes zu sorgen und das Kind dabei zu vertreten. Sieht man einmal von der zu a) dargestellten Problematik ab, so können die Eltern als Vermögensverwalter und gesetzliche Vertreter grundsätzlich nach eigenem Gutdünken darüber befinden, ob sie z. B. in einer Gesellschafterversammlung der KG für eine Gewinnverwendung im Sinne einer Möglichkeit zur Entnahme stimmen, und ob sie dann, wenn der Beschluß eine Entnahme zuläßt, von dieser Möglichkeit im Namen der Kinder tatsächlich Gebrauch machen wollen.
Wären die Eltern vor Aufnahme der Kinder in die Gesellschaft gemeinsam Inhaber des in die Gesellschaft eingebrachten Unternehmens gewesen und auch nach Aufnahme der Kinder beide Gesellschafter geblieben, so wäre offensichtlich, daß sich durch die Aufnahme der minderjährigen Kinder in das Unternehmen vom Tatsächlichen her gesehen bis zu deren Volljährigkeit kaum etwas geändert hätte, wenn alle Gesellschaftsrechte der Kinder nur die Eltern geltend machen können. Aus der Sicht der Eltern als Gesellschafter ist die tatsächliche Lage ebenso, wie wenn im Gesellschaftsvertrag das Entnahmerecht der Kinder, alle Mitverwaltungsrechte und jegliche Verfügungsbefugnis über den Gesellschaftsanteil bis zur Volljährigkeit der Kinder ausgeschlossen wären. Die wirtschaftliche Alleinunternehmerschaft der Eltern wäre im wesentlichen unangetastet geblieben. Die Beteiligung der Kinder am Vermögen der Gesellschaft würde sich, obwohl sie zivilrechtlich zweifelsfrei von Anfang an besteht, grundsätzlich - abgesehen von extremen Sonderfällen wie z. B. einer Pfändung in das Kindesvermögen - solange wirtschaftlich nicht aktualisieren als die Kinder minderjährig sind. Die tatsächliche Situation ist aber regelmäßig nicht anders, wenn, wie im Streitfall, allein der Vater Betriebsinhaber war und zusammen mit den Kindern eine Gesellschaft gründet. Hierauf weist auch der zu a) erwähnte Ausschluß der Mutter von der gesetzlichen Vertretung hin. Wenn überhaupt, so hat sich der Vater seiner wirtschaftlichen Alleinherrschaft über das Unternehmen nicht zugunsten der Kinder, sondern zugunsten der Ehefrau begeben.
c) Nach Auffassung des Senats erscheint es aus den vorstehenden Gründen für die steuerliche Anerkennung einer Mitunternehmerschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern regelmäßig geboten, daß für die Dauer der Minderjährigkeit und der Mitgliedschaft der Kinder in der Personengesellschaft gemäß § 1909 BGB Ergänzungspfleger bestellt werden, weil nur unter dieser Voraussetzung klare und eindeutige Rechtsverhältnisse geschaffen sind und deren tatsächlicher Vollzug sichergestellt ist. Dabei muß die Mutter der Kinder und Ehefrau des Komplementärs als Pflegerin ausscheiden.
d) Hiergegen läßt sich nicht einwenden, daß dann, wenn sich im Einzelfall ein Vormundschaftsgericht auf den Standpunkt stellt, die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung sei kein Rechtsgeschäft, und damit die Notwendigkeit einer Ergänzungspflegschaft für die Dauer der Mitgliedschaft verneint, eine Pflegschaft nicht zu erlangen und damit die steuerliche Anerkennung eines Gesellschaftsverhältnisses mit minderjährigen Kindern schlechthin ausgeschlossen sei. Denn selbst wenn man diese Prämisse als richtig unterstellt, bestünde doch in jedem Flale, wie das FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 29. September 1971 V 13/71 (vgl. dazu Deutsches Steuerrecht 1972 S. 583, 584, sowie Rechts- und Wirtschaftspraxis 14 Steuer-R D Familien-Unternehmen. II 10b Einzelfragen) in anderem Zusammenhang zu Recht erwähnt, die Möglichkeit, daß die Eltern bei der Zuwendung des Gesellschaftsanteils ihr eigenes Vermögensverwaltungsrecht als gesetzliche Vertreter der Kinder gemäß § 1638 Abs. 1 BGB ausschließen (vgl. dazu Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10./11. Aufl., § 1638 Anm. 9). Damit wäre ein zwingender Grund für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft auf die Dauer der Mitgliedschaft gegeben.
3. Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es keiner abschließenden Prüfung, ob, wofür immerhin einiges spricht, die steuerliche Anerkennung der KG als Mitunternehmerschaft im Streitfall nicht auch daran hätte scheitern müssen, daß nach dem Gesellschaftsvertrag der Vater als Komplementär und bisheriger Alleinunternehmer in der Gesellschafterversammlung die Stimmenmehrheit hat und die Gesellschafterversammlung z. B. über die Gewinnverwendung und vor allem auch über die Änderung des Gesellschaftsvertrags mit Stimmenmehrheit beschließt. Es drängt sich die Erkenntnis auf, daß damit der Vater nicht nur allein darüber befindet, ob der jährliche Gewinn einer Rücklage zugeführt wird oder entnommen werden kann, sondern auch in der Lage ist, durch Änderung des Gesellschaftsvertrags das Entnahmerecht der Kommanditisten zu beschränken oder diese sogar ohne Anspruch auf Abfindung aus der Gesellschaft auszuschließen. Dagegen spricht nur, daß im Gesellschaftsrechtlichen Schrifttum offensichtlich die Meinung vorherrscht, bei allen Gesellschafterbeschlüssen sei der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten und bestimmte Änderungen des Gesellschaftsvertrags könnten selbst bei ausdrücklicher Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nicht durch Mehrheitsbeschluß, sondern nur einstimmig beschlossen werden (vgl. Hueck, a. a. O., S. 179; Fischer in Großkommentar HGB, 3. Aufl., § 119 Anm. 12).
4. Da der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid auf die Klage nicht zu ungunsten der Kläger geändert werden kann, ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Frage der Angemessenheit der vereinbarten Gewinnverteilung war nicht zu prüfen (vgl. dazu den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 29. Mai 1972 Gr. S. 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5).
Fundstellen
Haufe-Index 70349 |
BStBl II 1973, 309 |
BFHE 1973, 219 |