Entscheidungsstichwort (Thema)
Instandsetzungsaufwendungen in der Selbstnutzungsphase grundsätzlich keine vorab entstandenen Werbungskosten im Hinblick auf künftige Vermietung
Leitsatz (NV)
Aufwendungen für Instandsetzungsarbeiten an einer Wohnung, die der Steuerpflichtige während der Zeit der Selbstnutzung durchführt, sind grundsätzlich nicht als vorab entstandene Werbungskosten im Zusammenhang mit einer nach der Eigennutzung geplanten Vermietung abziehbar (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind als zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute Eigentümer einer Eigentumswohnung, die sie bis zum 21. Juli 2003 selbst nutzten und ab dem 22. Juli 2003 vermieteten. Im August des Streitjahres (2002) ließen sie einen neuen Heizkessel einbauen. Es entstanden ihnen Aufwendungen in Höhe von 3 000 €. Zuvor hatten sie sich an den Beklagten und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit dem Begehren gewandt, ihnen die steuerrechtliche Berücksichtigung dieses Aufwands als vorab entstandene Werbungskosten verbindlich zuzusagen. Hintergrund war der für August des Jahres 2003 beabsichtigte Umzug in ein noch zu errichtendes Einfamilienhaus und die noch während der Zeit ihres Wohnens im Hinblick auf die künftige Vermietung durchzuführende Renovierung. Das FA lehnte eine verbindliche Zusage ab.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger 3 000 € vergeblich als vorab entstandene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Die Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) sah in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1705 veröffentlichten Urteil einen Ausnahmefall, in dem der objektive Zusammenhang der Aufwendungen mit der Einkunftserzielung die private Nutzung der Wohnung überlagere. Dies ergebe sich aus dem Antrag auf die verbindliche Zusage und der dort bekundeten Umzugsabsicht und dem Plan, die Renovierungsaufwendungen noch in der Phase der Eigennutzung durchzuführen, um einen späteren Mietausfall zu vermeiden.
Hiergegen richtet sich die Revision, die das FA auf die Verletzung von § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stützt. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stelle eine typisierende Betrachtungsweise an. Es komme nicht auf die Zweckbestimmung der Maßnahme an, sondern darauf, dass sie dem Nutzungszusammenhang diene, in dessen Zeitraum die Aufwendungen angefallen seien.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG verletzt § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG, indem es die Aufwendungen von 3 000 € als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen hat.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das heißt, durch die sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572).
a) Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477).
b) Sind demgegenüber die Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einnahmeerzielung (§ 21 Abs. 1 EStG), sondern daneben auch, und zwar nicht unerheblich, durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Werden Renovierungs- oder Instandsetzungsarbeiten während der Vermietungszeit ausgeführt, geht der BFH typisierend davon aus, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen --unabhängig vom Zahlungszeitpunkt-- grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 IX R 34/03, BFHE 208, 232, BStBl II 2005, 343). Dagegen sind die Aufwendungen nicht zu berücksichtigen, wenn die Reparatur während der Zeit der Selbstnutzung durchgeführt wird. Es kommt in beiden Fällen der Typisierung nicht darauf an, ob und inwieweit die Erhaltungsmaßnahmen nach der Zweckbestimmung (auch) der jeweils anderen Nutzungsart zugute kommen sollen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Erneuerung der Heizungsanlage der steuerrechtlich nicht bedeutsamen Eigennutzung zuzuordnen; denn die Kläger ließen den Kessel im August des Streitjahres zu einer Zeit einbauen, in der sie selbst die Wohnung bewohnten. Es ist nicht erheblich, inwieweit diese Maßnahme nach den Intentionen der Kläger der sich an die Selbstnutzung der Wohnung anschließenden Vermietungsphase zugute kommen sollte. Es mag zwar sein, dass die Kläger dadurch, dass sie den Heizkessel während der Zeit austauschten, in der sie in der Wohnung noch selbst wohnten, eine zügigere Vermietung der Wohnung befördern wollten. Das führt zusammen mit den übrigen vom FG hervorgehobenen Umständen (Anfrage beim FA, parallele Errichtung eines Einfamilienhauses) aber noch nicht zu einer die Eigennutzung überlagernden Veranlassung durch die künftige Vermietung der Wohnung. Denn die Kläger haben die neue Heizungsanlage immerhin von Ende August des Streitjahres bis Ende Juli 2003 selbst genutzt.
3. Da das angefochtene Urteil diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Aufwendungen für den neuen Heizkessel sind nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei der ab Ende Juli 2003 beginnenden Vermietung der Wohnung zu berücksichtigen. Die Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2177972 |
BFH/NV 2009, 1259 |