Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme der Schenkung auf den Todesfall nach dem Tod des Schenkers. Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren. Ablehnung einer Gutachteneinholung. Streitwertermittlung
Leitsatz (amtlich)
1. Schenkungen auf den Todesfall stellen, soweit sie nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen worden sind, ihrem Wesen nach nichts anderes als eine durch Erbvertrag begründete Erbeinsetzung oder ein erbvertragliches Vermächtnis dar. Die Steuerschuld entsteht erst mit dem Tod des Erblassers bzw. mit dem noch späteren Zeitpunkt der Annahme des Erwerbsangebots.
2. Wenn ein Finanzgericht einem Antrag auf Einholung eines Gutachtens im Rahmen seiner grundsätzlich freien Entscheidung über den Umfang der Beweisaufnahme nicht entspricht, ist deshalb noch nicht der Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs oder der mangelhaften Sachaufklärung gegeben.
3. Der II. Senat folgt grundsätzlich auch für den Bereich der Erbschaftsteuer der Auffassung des III. Senats des BFH (Bewertungssenats), daß die Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften – AntBewR 1953 – vom 14.2.1965 (BStBl I 1955, 97) – sogenanntes Stuttgarter Verfahren – für die Steuergerichte zwar nicht bindend sind, aber als eine grundsätzlich geeignete Bewertungsgrundlage auch von den Steuergerichten angewendet werden können.
4. Der Streitwert im finanzgerichtlichen Verfahren ist nach dem Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der sich aus den Anträgen des Rechtsmittelführers ergebenden Steuer zu berechnen, nicht aus demjenigen Unterschiedsbetrag, der sich nach den Besteuerungsanträgen der Beteiligten ergibt, sofern nicht gleichzeitig das begehrende Finanzamt selbst Rechtsmittelführer ist.
Normenkette
ErbStG 1951 § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 17b Abs. 1 Nr. 1, §§ 21-22; BewG § 13 Abs. 2; AO §§ 278, 320; BGB § 2301
Gründe
Am 6. Dezember 1955 ist der Vater des Beschwerdeführers (Bf.), der Kaufmann W. verstorben. Er ist auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute W. vom 10. März 1950 von seiner Ehefrau als befreiter Vorerbin beerbt worden; Nacherben zu gleichen Teilen sind der Bruder des Bf., der Kaufmann … H., und der Bf. selbst. Dem letzteren hatte der Erblasser am 22. Januar 1952, also vor seinen Tode, in notarieller Form das Angebot gemacht, von den ihm gehörenden Anteilen an der W. GmbH nominell 27.500 DM gegen Zahlung von 27.500 DM käuflich zu erwerben. Dieses Angebot war bis zum Tode des Erblassers jederzeit widerruflich und konnte erst nach dem Tode des Erblassers vom Bf. angenommen werden. Die Annahme wurde am 15. Dezember 1955 ebenfalls in notarieller Form erklärt. Das Finanzamt erblickte in der Übertragung der GmbH-Anteile, deren gemeinen Wert die Witwe des Erblassers in der Anlage zur Erbschaftsteuererklärung mit „ca. 842 v.H.” auf den 1. Januar 1953 angegeben hatte, einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb des Bf., soweit am 15. Dezember 1955 der gemeine Wert der Anteile (842 v.H., von 27.500 DM – 231.550 DM) den Kaufpreis von 27.500 DM überstiege. Es nahm eine Bereicherung des Bf. in Höhe von 204.050 DM an und setzte durch vorläufigen Teilsteuerbescheid vom 4. Januar 1957 eine Erbschaftsteuer von 9.570 DM fest.
Die Auffassung des Finanzamts, daß mit dem Erwerb der GmbH-Anteile durch den Bf. zu seinen Gunsten eine Schenkung auf den Todesfall im Sinne des § 2301 BGB eingetreten sei, ist im ersten Rechtsgange vom Finanzgericht und dem Grunde nach auch vom erkennenden Senat bestätigt worden. Dieser hat gleichfalls das Vorliegen einer gemischten Schenkung auf den Todesfall bejaht. Er hat das Urteil des Finanzgerichts lediglich aus dem Grunde aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil er abweichend von den Ausführungen der Vorinstanz die Höhe der festgesetzten Steuer nicht als unstreitig ansah und deshalb eine erneute Prüfung des Rechtsmittels im Hinblick auf die Höhe des Steueranspruchs für erforderlich hielt.
Zu dieser Frage hat das Finanzamt im zweiten Rechtsgang die Auffassung vertreten, daß als Stichtag für die Bewertung der erworbenen GmbH-Anteile frühestens der Todestag des Erblassers – der 6. Dezember 1955 – oder gegebenenfalls der Tag der Annahme des Kaufangebots – 15. Dezember 1955 – in Betracht komme. Für diese beiden Zeitpunkte, die nur neun Tage auseinanderlägen, ergebe sich der gleiche Anteilswert. Dieser sei gemäß §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 21, 22 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1951 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) und den dazu ergangenen Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften (AntBewR) 1953 unter Berücksichtigung des Reinvermögens der GmbH vom 1. Januar 1956 (590.000 DM) und ihrer Ertragslage während der Jahre 1954, 1955 und 1956 bei einem durchschnittlichen Jahresertrag von 89.014 DM auf 1.148 DM für je 100 DM Anteile zu ermitteln. Danach betrage der Wert der erworbenen Anteile 315.700 DM, der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs 288.200 DM und die festzusetzende Erbschaftsteuer 15.492 DM.
Der Bf. ist demgegenüber der Meinung, daß unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesfinanzhofs in seinem im ersten Rechtsgang erlassenen Urteil vom 22. Februar 1961 als Bewertungestichtag der Tag des Erwerbsangebotes, also der 22. Januar 1952, zu gelten habe. Für diesen Tag sei unter Berücksichtigung eines am 13. Oktober 1956 durchgeführten Anteilsverkaufes, bei dem 5.000 DM Stammanteile zum Kurse von 400 v.H. veräußert worden seien, höchstens ein Anteilswert von 300 V.H. zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung dieses Kurses sei der Wert der veräußerten Anteile auf 82.500 DM, der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs auf 55.000 DM und der Betrag der Steuer auf 750 DM zu ermitteln. Der Bf. stellte dazu folgende Anträge:
- den maßgebenden Bewertungsstichtag durch eine Zwischenentscheidung festzustellen,
- über den Wert der Anteile erforderlichenfalls ein Gutachten der Handelskammer einzuholen und
- die Steuer höchstens auf 750 DM festzusetzen.
Das Finanzgericht ist diesen Anträgen nicht gefolgt. Es ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß als Stichtag für die Bewertung der erworbenen Anteile der Tag der Annahme des Erwerbsangebotes, d.h. der 15. Dezember 1955, anzusehen sei, und hat nach Beiziehung der Steuerakten der … W.-GmbH und nach Vernehmung des ehemaligen Geschäftsführers … O. und der Frau … W. als Auskunftspersonen dahin erkannt, daß unter Änderung des angefochtenen Bescheides die Erbschaftsteuer endgültig auf 9.927,50 DM festgesetzt wird. Dazu hat das Finanzgericht ausgeführt, der Wert der Anteile könne nicht aus des Veräußerungapreis abgeleitet werden, der bei den im Oktober 1956 durchgeführten Anteilsverkaufen an den früheren Geschäftsführer der GmbH … O. erzielt worden sei. Denn diese Geschäfte lägen zeitlich zu weit vom Stichtag entfernt; zudem seien die Anteile auch nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr veräußert worden. Der Wert der Anteile müsse deshalb gemäß § 13 Abs. 2 BewG geschätzt werden. Für diese Schätzung böten die AntBewR 1953 eine geeignete und ausreichende Grundlage, so daß es der Einholung eines Gutachtens der Handelskammer nicht bedürfe. Allerdings süßten bei der Ermittlung der Ertragsverhältnisse die Betriebsergebnisse der GmbH aus dem Jahre 1956 als nach dem Stichtag liegend unberücksichtigt bleiben, Nach den Betriebsergebnissen der Jahre 1953 bis 1955 sei der durchschnittliche Jahresertrag auf 4.897 DM zu ermitteln, so daß sich der Wert der Anteile zum Stichtag auf 865,60 DM für je 100 DM Nennbetrag berechnen lasse. Unter Berücksichtigung dieses Kurswertes betrage der Wert der vom Bf. erworbenen Anteile 238.040 DM, der steuerpflichtige Erwerb 210.540 DM, so daß sich nach Abzug des Freibetrages von 30.000 DM (§ 17b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1951) die festgesetzte Steuer in Höhe von 9.927,50 DM ergebe.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Bf. unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Nichtanwendung bzw. unrichtige Anwendung des geltenden Rechts, Verstöße gegen den Akteninhalt sowie wesentliche Verfahrensmängel; außerdem begehrt er eine Änderung der vom Finanzgericht getroffenen Streitwertfeststellung.
Der Rb. muß der Erfolg versagt bleiben.
Was zunächst die beanstandeten Mängel des rechtlichen Gehörs anlangt, so ist die Verfahrensrüge insoweit unberechtigt, als der Bf. sieh dagegen wendet, daß er keine Gelegenheit gehabt habe, sich zu den Betriebsergebnissen der GmbH in den Jahren 1953, 1954 und 1955 zu äußern. Das Finanzamt hatte bereite in des Schriftsatz vom 11. Oktober 1961, der dem Bf. am 19. Oktober 1961 zur Gegenäußerung zugeleitet worden ist, eine Berechnung des Anteilswertes nach Maßgabe der AntBewR 1953 durchgeführt und dabei den Ertragswert unter Berücksichtigung der betrieblichen Jahresergebnisse von 1954 bis 1956 ermittelt. Außerdem war dem Bf. aus dem an ihn gerichteten Schreiben des Finanzgerichts vom 7. Mai 1962 bekannt, daß das Finanzgericht die Steuerakten der GmbH anfordern wollte, was am 11. Mai 1962 geschehen ist. Der Bf. hätte daher vor Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils vom 22. Juni 1962, dem eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist, ausreichend Gelegenheit gehabt, zu den Betriebsergebnissen der GmbH Stellung zu nehmen und, soweit er dies für erforderlich hielt, zu diesem Zwecke die Steuerakten der GmbH einzusehen. Wenn der Bf. dies ungeachtet der vorhandenen Möglichkeit unterlassen hat, so beruht dies nicht auf einem mangelhaften Verfahren des Finanzgerichts. Demgegenüber fällt es nicht ins Gewicht, daß das Finanzgericht bei der Ermittlung des Ertragswertes nicht wie das Finanzamt in dem vorerwähnten Schriftsatz von den Betriebsergebnissen für 1954 bis 1956, sondern von denjenigen für 1953 bis 1955 ausgegangen ist, da der Ansatz des erheblich niedrigeren Betriebsergebnisses für 1953 (23.585 DM) anstelle des Betriebsergebnisses für 1956 (275.938 DM) sich ausschließlich zum Vorteil des Bf. ausgewirkt hat.
Die Rüge des mangelnden rechtlichen Gehörs geht aber auch insoweit fehl, als sie unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 99/51 vom 5. Juli 1951 (veröffentlicht in Deutsche Steuer-Rundschau – DStR – 1952 S. 370) mit der Ablehnung des Antrage auf Einholung eines Gutachtens der Handelskammer begründet wird. Der Sachverhalt in dem Falle des vom Bf. erwähnten Urteils lag insofern anders, als dem Finanzgericht bei Erlaß des Urteils ein Gutachten vorlag, von dem es abgewichen ist. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Falle den Mangel des rechtlichen Gehörs darin erblickt, daß das Finanzgericht vor Erlaß seines Urteils dem Bf. keine Gelegenheit zur Ergänzung und Erläuterung des bereite vorgelegten Gutachtens gegeben hat, sondern, ohne weitere Anhörung des Bf. aus eigener Sachkenntnis ein von dem Inhalt des Gutachtens abweichendes Urteil erlassen hat. Im Streitfalle lag aber dem Finanzgericht bei der Urteilsfällung ein Gutachten nicht vor. Ob das Finanzgericht von sich aus ein solches Gutachten einholt oder nicht, unterliegt grundsätzlich seiner freien Entscheidung, da es über den Umfang der Beweisaufnahme nach eigenen Ermessen zu bestimmen hat. Es genügt in diesem Falle, wenn die Gründe für die Beschränkung der Beweisaufnahme im Urteil des Finanzgerichts selbst dargelegt werden. Auch wenn daher im Einzelfalle die Einholung eines Gutachtens seitens des Finanzgerichts zu Unrecht unterlassen worden ist, bedeutet dies keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern allenfalls eine ungenügende Aufklärung des Sachverhalts und eine ssangolhafte Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen, die im Zusammenhang mit der materiellen Rechtslage zu prüfen wären.
Ähnliches gilt auch für den vom Bf. geltend gemachten Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten, der aus dem vom Finanzgericht festgestellten Beweisergebnis hergeleitet wird. Der Bf. hat insoweit jedoch selbst nicht behauptet, daß das Finanzgericht den Inhalt der protokollierten Zeugenaussagen im Urteil in unzutreffender Weise wiedergegeben habe. Vielmehr rügt der Bf., daß das Finanzgericht auf Grund der Beweisprotokolle zu einer fehlerhaften Rechtsauffassung gelangt sei. Es handelt sich daher in Wirklichkeit nicht um die Rüge eines Aktenverstoßes, sondern um Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des Finanzgerichts, die nur dann zu einem Erfolg führen können, wenn die Würdigung des Finanzgerichts gegen die Denkgesetze oder die allgemeine Lebenserfahrung verstößt.
Die Entscheidung hängt daher im Streitfalle davon ab, ob vom Finanzgericht tatsächliche Feststellungen in ausreichendem Umfang getroffen worden sind, um den Sachverhalt überhaupt beurteilen zu können, und ob die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts zutreffend vorgenommen worden ist oder nicht.
Mit Recht ist das Finanzgericht bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage davon ausgegangen, daß durch das den ersten Rechtsgang abschließende Urteil des erkennenden Senats vom 22. Februar 1961 das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall bindend festgestellt worden ist. Hinsichtlich derartiger Schenkungen auf den Todesfall ist bereits in den Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 1/30 vom 21. Mai 1931 (Slg. Bd. 29 S. 137 ff.) ausgeführt, daß sie, soweit sie nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen worden sind, ihrem Wesen nach nichts anderes als eine durch Erbvertrag begründete Erbeinsetzung oder ein erbvertragliches Vermächtnis darstellen. Geht man von dieser Erwägung aus, so finden, da es sich somit bei der Schenkung auf den Todesfall, in diesem Sinne um einen Erwerb von Todes wegen handelt, für die Frage der Entstellung der Steuerschuld die Vorschriften des § 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1951 Anwendung. Danach entsteht die Steuerschuld erst, und zwar frühestens mit dem Tode des Erblassers (vgl. dazu Troll, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, Anm. 26 zu § 2 ErbStG). Das Finanzgericht hat aber im Streitfalle mit Recht den noch späteren Zeitpunkt der Annahme des Erwerbsangebotes, d.h. den 15. Dezember 1955, als Stichtag zugrunde gelegt, weil erst mit der Abgabe der Annahmeerklärung das den Bf. auf den Todesfall zugewendete Kaufrecht ausgeübt und damit auch der Erwerb von Todes wegen vollendet worden ist. Der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld ist aber entgegen den Ausführungen des Bf. grundsätzlich auch für die Wertermittlung maßgebend, wie sich aus § 21 ErbStG 1951 ergibt.
Wenn der Bf. der Fassung des den ersten Rechtsgang abschließenden Urteils des erkennenden Senats eine andere Rechtsauffassung entnehmen zu können glaubt, so kann seinen Ausführungen nicht gefolgt werden. Der drittletzte Satz des genannten Urteils, auf den sich der Bf. beruft, besagt nur, daß die Angaben der Witwe des Erblassers über den gemeinen Wert der Anteile für die Bewertung der letzteren nicht ausschlaggebend seien, besagt aber nichts über den Stichtag, auf den die Bewertung durchzuführen ist. Auch der vom Bf. weiterhin zitierte Satz:
„Ob die für den Abschluß eines Erbvertrages geltenden Formvorschriften im Streitfall gewahrt sind, die auch die gleichzeitige Anwesenheit beider Vertragsteile vor dem Richter oder des Notar verlangen, kann dahingestellt bleiben, da die Schenkung von Todes wegen von den Beteiligten als gültig behandelt und ausgeführt worden ist (§ 5 Abs. 3 des Steueranpasaungsgesetzes)”
enthält keine Ausführungen über den maßgeblichen Bewertungszeitpunkt, sondern stellt lediglich fest, daß es auf die Einhaltung der bürgerlich-rechtlichen Formvorschriften für den Abschluß eines Erbvertrages nicht ankomme, weil die Beteiligten im Streitfall die Schenkung von Todes wegen als rechtsgültig behandelt hätten. Es hätte an sich näherer Ausführungen des Senats über den Bewertungszeitpunkt überhaupt nicht bedurft, weil sich dieser aus den §§ 14, 21 ErbStG 1951 ohnehin ergibt. Der Senat hat aber auch seinerseits ausdrücklich auf die §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 21 usw. des ErbStG verwiesen und dazu noch ausgeführt, es sei zu berücksichtigen, „daß der Bf. das Erwerbsangebot hinsichtlich der GmbH-Anteile erst nach dem Tode seines Vaters annehmen konnte.” Dieser Satz hätte damals vom Senat sinngemäß noch dahin ergänzt werden können, daß erst mit der Verwirklichung des dem Bf. zugewendeten Optionsrechtes der Erwerb von Todes wegen eingetreten sei. Jedenfalls aber können die Ausführungen des Senate, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, nur bedeuten, daß die Wertverhältnisse zur Zeit der Annahme des Kaufangebots maßgebend sind.
Die Bewertung des steuerpflichtigen Erwerbs ist gemäß §22 Ahg. 1 ErbStG unter Anwendung der Vorschriften des ersten Teils des BewG (Allgemeine Bewertungsvorschriften) durchzuführen. Für die Bewertung von Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die keinen Kurswert haben, ist demgemäß der § 13 Abs. 2 BewG maßgebend. Danach ist für den Wertansatz derartiger GmbH-Anteile der gemeine Wert bestimmend, der sich in der Regel aus dem Preis ergibt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der Bf. will deshalb den gemeinen Wert der hier in Betracht kommenden GmbH-Anteile aus dem Preis ableiten, der anläßlich der am 13. Oktober 1956 durchgeführten Anteilsverkäufe erzielt worden ist. Ob die Zeitdifferenz zwischen dem Verkaufszeitpunkt und dem Bewertungsstichtag im Streitfalle so erheblich ist, daß schon aus diesem Grunde der tatsächlich erzielte Verkaufspreis der Bewertung nicht zugrunde gelegt Werden könnte, braucht nicht näher erörtert zu werden, weil der Vorinstanz jedenfalls darin beizupflichten ist, daß die Anteile nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr veräußert worden sind. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, ob die erwartete bzw. die tatsächliche Preisgestaltung dem wirklichen Wert der Anteile mehr oder weniger nahe kam. Entscheidend ist vielmehr, daß es sich hier nach den Bekundungen der Auskunftspersonen um eine Veräußerung gehandelt hat, die im normalen Geschäftsverkehr niemals zustande gekommen wäre und die nur deshalb zustande gekommen ist, weil der Erwerber der Anteile schon seit Jahren im Betrieb der GmbH als Geschäftsführer tätig war und weil die Veräußerer sich zum Verkaufe nur bereit gefunden haben, um sich das Fachwissen und die Mitarbeit des Erwerbers für den Betrieb der GmbH zu erhalten. Das Finanzbericht hat aus dieser, Sachlage mit Recht den Schluß gezogen, daß auch der Kaufpreis nicht allein unter Berücksichtigung des Gesamt Vermögens und der Ertragsaussichten der GmbH bemessen, sondern daß der Kaufpreis offenbar auch unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen des Erwerbers zum Geschäftsbetrieb der GmbH und zu deren Inhabern gebildet worden ist. Es ist deshalb auch nicht von wesentlicher Bedeutung, daß der Erwerber einen noch niedrigeren Erwerbspreis, etwa den Nennwert der Anteile, in Anbetracht seiner persönlichen Verdienste um die Entwicklung der GmbH für richtig gehalten hätte; wesentlich ist vielmehr, daß der tatsächlich geforderte und erzielte Preis erheblich und erkennbar hinter dem wirklichen Vermögenswert der Anteile zurückgeblieben ist und daß ein solcher Preis einem unbeteiligten Dritten angesichts der damaligen Vermögens- und Ertragslage der GmbH nicht zugebilligt worden wäre.
Da somit der gemeine Wert der veräußerten GmbH-Anteile aus den vorliegenden Verkäufen nicht abgeleitet werden kann, ist er gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Das Finanzgericht hat diese Schätzung nach dem in den AntBewR 1953 vom 14. Februar 1955 (Bundessteuerblatt –BStBl– 1955 I S. 97) festgelegten sogenannten Stuttgarter Verfahren zur Bewertung nicht notierter. Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften durchgeführt. Der III. Senat als der zuständige Bewertungssenat des Bundesfinanzhofs hat dieses Verfahren in dem Urteil III 352/59 U vom 29. März 1963 (BStBl 1963 III S. 324, Slg. Bd. 77 S. 19) grundsätzlich als ein geeignetes Verfahren zur Ermittlung der Anteilswerte anerkannt. Er hat die AntBewR 1953, obwohl sie für die Steuergerichte nicht bindend sind, selbst als eine geeignete Bewertungsgrundlage zur Anwendung gebracht. Der erkennende Senat trägt keine Bedenken, eich für den Bereich des Erbschaftsteuerrechts der Auffassung des III. Senats grundsätzlich anzuschließen, zumal bei dem jetzt zur Anwendung gelangenden Stuttgarter Verfahren der tatsächliche Vermögenswert des Unternehmens in angemessener Weise und in weit stärkerem Maße als nach dem in der Vergangenheit angewandten Berliner Verfahren berücksichtigt wird. Fehler bei der Anwendung dieses Bewertungsverfahrens haben sich bei Überprüfung der vom Finanzgericht festgestellten Anteilswerte nicht feststellen lassen. Wenn das Finanzgericht bei der Ermittlung des Ertragswertes der GmbH-Anteile das Betriebsergebnis für 1956 außer Betracht gelassen hat, so entspricht dies dem für das Erbschaftsteuerrecht maßgebenden Stichtagsprinzip (vgl. hierzu Megow, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 4. Aufl., Bem. II 4 zu § 23, S. 391 f.) und wirkt sich im übrigen, wie bereits ausgeführt, lediglich zugunsten des Bf. aus, weil das statt dessen berücksichtigte Betriebsergebnis für das Jahr 1953 erheblich niedriger liegt. Da sich für den Zeitraum von 1953 bis 1955 auf diese Weise ein Ertragshundertsatz von nur 6,85 v.H. ergibt, der immerhin um mehrmals 1 v.H. hinter der in den AntBewR als normal vorausgesetzten Rendite von 8 v.H. zurückbleibt, führt die Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile im Ergebnis dazu, daß dieser Wert mit 865,60 DM um rund 200 DM hinter dem damaligen Vermögenswert der Anteile zurückbleibt. Den so ermittelten gemeinen Wert der Anteile durch weitere Wertabschläge zu ermäßigen, besteht im Streitfalle auch dann kein Anlaß, wenn man anerkennt, daß ein besonderer Abschlag im allgemeinen bei solchen Gesellschaften geboten ist, bei denen nachhaltig unverhältnismäßig geringe Erträge einem großen Vermögen gegenüberstehen (vgl. hierzu Megow, a.a.O., S. 395). Denn im Streitfall ergibt sich für den Zeitraum von 1953 bis 1955 nur deshalb eine ungewöhnlich niedrige Rendite, weil er das infolge einer außerordentlich hohen Pensionsrückstellung … zum Verlustjahr gewordene Geschäftsjahr 1955 mit umfaßt. Daß der Ertragshundertsatz auch weiterhin hinter der als normal vorausgesetzten Rendite zurückbleiben würde, war unter diesen Umständen nicht zu erwarten, was im übrigen auch durch das tatsächliche Betriebsergebnis des Jahres 1956 mit einem berücksichtigungsfähigen Gewinn in Höhe von … bestätigt wird. Unter diesen Umständen hätte eher Anlaß zu einer Nachprüfung in der Richtung bestanden, ob nicht die Besonderheiten der Ertragsverhältnisse bei der GmbH im Jahre 1955 einen Zuschlag rechtfertigen könnten. Der Senat hat davon jedoch Abstand genommen, weil auch das für die Ermittlung der Anteilswerte zuständige Finanzamt für Körperschaften das Betriebsergebnis der GmbH im Jahre 1955 seiner Wertberechnung zugrunde gelegt hat, ohne irgendwelche Zu- oder Abschläge zur Anwendung zu bringen.
Im übrigen hatte das Finanzgericht auch keine Veranlassung, im Hinblick auf die Besonderheiten der Branche, in der sich die GmbH betätigt, ein Gutachten der Handelskammer einzuholen. Denn, wenn es auch zutreffen mag, daß das von der GmbH betriebene Gewerbe nicht unerhebliche Risiken mit sich bringt, so ist dies keine ungewöhnliche Besonderheit, da letzten Endes jeder gewerbliche Betrieb zur Übernahme eines gewissen Geschäftsrisikos führt. Im übrigen läßt der Bericht des Finanzamts für Körperschaften über die in der Zeit vom 17. Dezember 1956 bis zum 20. Dezember 1957 durchgeführte Betriebsprüfung erkennen, daß sich die tatsächlich eingetretenen Verluste aus dem Kundengeschäft in mäßigen Grenzen halten und daß sie die auch sonst üblichen Verluste an Kundenforderungen in anderen Geschäftszweigen nicht übersteigen.
Unter diesen Umständen erweist sich die Rb. in der Sache selbst als unbegründet.
Darüber hinaus bietet auch die Streitwertberechnung des Finanzgerichts keinen Anlaß zu Beanstandungen. Jedenfalls kann die vom Bf. begehrte Erhöhung des Streitwertes nicht in Betracht kommen, da der Streitwert im finanzgerichtlichen Verfahren nach dem Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der sich aus den Anträgen des Rechtsmittelführers ergebenden Steuer zu berechnen ist, nicht aus demjenigen Unterschiedsbetrag, der sich nach den Besteuerungsanträgen der Beteiligten ergibt, sofern nicht gleichzeitig das Finanzamt selbst Rechtsmittelführer ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 160/54 U vom 16. August 1955, BStBl 1955 III S. 355, Slg. Bd. 61 S. 401).
Fundstellen