Entscheidungsstichwort (Thema)
Spendenhöchstbetragsberechnung bei Kreditinstituten: Einbeziehung der Kredite, Wechselumsätze, Scheckumsätze und der Rediskontierung von Wechseln bei der Berechnung der "Summe der gesamten Umsätze" - Entgelt bei einer Kreditgewährung - Bindung des BFH an die Auslegung eines Aktenvermerks des FA durch das FG
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Formulierung "Summe der gesamten Umsätze" knüpft § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. (jetzt § 9 Abs.1 Nr.2 Satz 1 KStG 1996) nicht nur hinsichtlich des Begriffs "Umsatz", sondern auch hinsichtlich der Bemessung des Umsatzes an das Umsatzsteuerrecht an.
2. Zur "Summe der gesamten Umsätze" gehören nicht nur die steuerpflichtigen, sondern auch die steuerfreien Umsätze (Bestätigung des Senatsurteils vom 4. Februar 1970 I R 69/68, BFHE 98, 180, BStBl II 1970, 349).
3. Die Gewährung von Krediten und das Inkasso von Schecks und Wechsel erhöht die "Summe der gesamten Umsätze". Die Erhöhung bemißt sich jedoch nicht nach den Kreditsummen, Schecksummen und Wechselsummen. Bemessungsgrundlage sind vielmehr die Entgelte, die der Steuerpflichtige für die Kreditgewährungen und den Einzug der Schecks und Wechsel erhält.
4. Beim Rediskontgeschäft erhöhen die Rediskontbeträge die "Summe der gesamten Umsätze".
Orientierungssatz
1. Bei der Gewährung eines Kredits gegen Entgelt besteht die Leistung in der Überlassung von Kapital auf Zeit und das Entgelt in den vom Kreditnehmer entrichteten Zinsen und Kreditnebenkosten. Die Rückzahlung der Kreditsumme ist keine Entgeltzahlung. Sie ist keine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung.
2. An eine Auslegung eines Aktenvermerks des FA durch das FG ist der BFH gebunden, wenn sie weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungsregeln verstößt (vgl. BFH-Urteil vom 28.1.1986 IX R 12/80).
Normenkette
EStG § 10b Abs. 1 S. 1; FGO § 118 Abs. 2; GewStG 1984 § 9 Nr. 5 S. 1; KStG 1977 § 9 S. 1 Nr. 3 Buchst. a S. 1 Fassung 1988-12-22; KStG 1991 § 9 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Fassung 1995-10-11; UStDV 1991 § 43; UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. a, c, d; UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. a, c, d
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.10.1993; Aktenzeichen 6 K 215/90 K) |
Tatbestand
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) --eine Sparkasse-- spendete im Jahr 1988 (Streitjahr) zur Förderung wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke 1 490 858 DM. Diese Summe zog sie bei der Ermittlung ihres zu versteuernden Einkommens in voller Höhe ab. Wegen der für den Spendenabzug geltenden Höchstbeträge (§ 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze - -KStG a.F.-- vom 22. Dezember 1988, BGBl I 1988, 2615, BStBl I 1989, 40) berücksichtigte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) bei der Veranlagung die Spenden nur in Höhe von 822 066 DM einkommensmindernd. Dabei ging er --abweichend von seiner bei der Veranlagung der Klägerin für 1987 vertretenen Rechtsauffassung-- davon aus, daß die Summen der von der Klägerin im Streitjahr rediskontierten Wechsel und der ihr zum Einzug eingereichten Wechsel und Schecks den umsatz- und lohnsummenabhängigen Spendenhöchstbetrag nicht erhöhten.
Der Einspruch der Klägerin war erfolglos. Während des Klageverfahrens erließ das FA am 1. Juli 1992 nach einer Außenprüfung einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, in dem wie zuvor die Spenden nicht in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt wurden. Die Klägerin leitete den Änderungsbescheid in das Klageverfahren über.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es vertrat die Ansicht, die Summen der von der Klägerin rediskontierten Wechsel erhöhe die "Summe der gesamten Umsätze" i.S. des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 265 veröffentlicht.
Die Klägerin und das FA stützten ihre Revisionen auf Verletzung des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. Die Klägerin macht zudem geltend, das FG-Urteil beruhe auf einer Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1988 vom 1. Juli 1992 Spenden in Höhe von 1 490 858 DM einkommensmindernd zu berücksichtigen und die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt,
1. die Revision der Klägerin zurückzuweisen und
2. das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als das FG in die Berechnung des Spendenhöchstbetrags die Summen der rediskontierten Wechsel einbezogen hat.
Entscheidungsgründe
II. Die Revisionen sind begründet. Sie führten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der erkennende Senat hält zwar die Rechtsausführungen des FG weitgehend für zutreffend. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen aber nicht aus, um den umsatz- und lohnsummenabhängigen Spendenhöchstbetrag zu ermitteln.
A) Revision der Klägerin
1. Die Revision ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und zumindest hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben auch fristgerecht begründet. Ungeklärt bleiben kann, ob die Klägerin die geltend gemachte Verletzung des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. fristgerecht begründet hat. Selbst wenn die im Schriftsatz vom 22. Dezember 1993 enthaltene Bezugnahme der Klägerin auf ihren Schriftsatz vom 23. September 1993 an das FG keine ausreichende Revisionsbegründung hinsichtlich dieses Streitpunktes sein sollte (s. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3.Aufl. 1993, § 120 Rz.33, 34, m.w.N.), würde dies entgegen der Auffassung des FA nicht dazu führen, daß die Revision insoweit unzulässig ist und der Senat über diesen von der Klägerin geltend gemachten Revisionsgrund nicht entscheiden darf. Gemäß § 118 Abs.3 FGO kommt eine Bindung des BFH an die geltend gemachten Revisionsgründe nur bei auf Verfahrensmängel gestützten Revisionen in Betracht (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz.46 f.). Die Revision der Klägerin ist keine Verfahrensrevision. Sie wird auf Verletzung materiellen Rechts gestützt und ist zumindest hinsichtlich eines derartigen Revisionsgrundes ausreichend und fristgerecht begründet worden.
2. Die Revision der Klägerin ist begründet.
Die Gewährung von Krediten und das Inkasso von Schecks und Wechsel erhöht die "Summe der gesamten Umsätze" i.S. des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. (jetzt: § 9 Abs.1 Nr.2 Satz 1 KStG). Die Erhöhung bemißt sich entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht nach den Kredit-, Scheck- und Wechselsummen. Bemessungsgrundlage sind vielmehr die Entgelte, die die Klägerin für die Kreditgewährungen und den Einzug der Schecks und Wechsel erhielt. Die Revision der Klägerin hat dennoch Erfolg, da das FG die Höhe dieser Entgelte bisher nicht festgestellt hat.
a) Gemäß § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. darf die Klägerin bei der Ermittlung ihres im Streitjahr erzielten Einkommens Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser und wissenschaftlicher Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke (sog. Spenden) bis zur Höhe von insgesamt 5 v.H. des Einkommens oder 2 v.T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter abziehen. Zur "Summe der gesamten Umsätze" gehören nicht nur die steuerpflichtigen, sondern auch die steuerfreien Umsätze (Senatsurteil vom 4. Februar 1970 I R 69/68, BFHE 98, 180, BStBl II 1970, 349; ebenso z.B. Streck, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 4.Aufl. 1995, § 9 Anm.17; Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 9 KStG Tz.70; Blümich/Sondergeld, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 15.Aufl., § 9 KStG Rz.50; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21.Aufl., § 9 KStG Anm.78; R 113 Abs.1 der Einkommensteuer-Richtlinien 1993 i.V.m. Abschn.42 Abs.1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1990).
Mit der Formulierung "Summe der gesamten Umsätze" knüpft das KStG nicht nur hinsichtlich des Begriffs "Umsatz", sondern auch hinsichtlich der Bemessung des Umsatzes an das Umsatzsteuerrecht an. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß weder in § 9 KStG noch in den anderen ertragsteuerrechtlichen Vorschriften über den umsatz- und lohnsummenabhängigen Spendenhöchstbetrag (§ 10b Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes; § 9 Nr.5 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes) geregelt ist, wie die Höhe der "Summe der gesamten Umsätze" zu ermitteln ist. Das wäre jedoch erforderlich, wenn für die Berechnung des umsatz- und lohnsummenabhängigen Spendenhöchstbetrages in bezug auf die Umsätze andere Bemessungsgrundlagen als die des Umsatzsteuerrechts gelten sollten.
Umsatzsteuerrechtlich und damit auch bei der Berechnung der "Summe der gesamten Umsätze" i.S des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. bemißt sich der Umsatz in Form einer Lieferung oder sonstigen Leistung nach dem Entgelt (§ 10 Abs.1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1980/1993). Entgelt (= Gegenleistung; s. BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913; Husmann in Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 7.Aufl., § 1 Anm.118 f.; Abschn.1 Abs.1 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 1988/1996) ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs.1 Satz 2 UStG 1980/1993).
b) Die Gewährung von Krediten und das Inkasso von Handelspapieren, zu denen u.a. Schecks und Wechsel gehören (s. Philipowski in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr.8 Anm.147; Abschn.62 UStR 1988/1996), sind steuerfreie Umsätze in Form sonstiger Leistungen, wenn sie --wie im Streitfall-- von einem Unternehmer im Erhebungsgebiet der Umsatzsteuer gegen Entgelt und im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt werden (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 i.V.m. § 4 Nr.8 Buchst.a und d UStG 1980/1993). Die Höhe dieser Umsätze bemißt sich gemäß § 10 Abs.1 UStG 1980/1993 nach den Beträgen, die die Kreditnehmer bzw. Scheck- und Wechseleinreicher aufwenden, um die Leistungen des Kreditgebers bzw. des mit dem Inkasso beauftragten Unternehmers zu erhalten.
aa) Bei der Gewährung eines Kredits gegen Entgelt besteht die Leistung des Kreditgebers in der Überlassung von Kapital auf Zeit und das Entgelt in den vom Kreditnehmer entrichteten Zinsen und Kreditnebenkosten (s. BFH-Urteil vom 21. Juli 1988 V R 201/83, BFHE 154, 261; Philipowski in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr.8 Anm.12 f.; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, 1992/1995, II Rz.195 f.). Die Rückzahlung der Kreditsumme ist keine Entgeltzahlung. Sie ist keine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung (so im Ergebnis bereits das Senatsurteil in BFHE 98, 180, BStBl II 1970, 349; gl.A. Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 9 KStG Tz.70; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 9 KStG Anm.78; Seeger, Finanz-Rundschau 1990, 258). Auch bei einer unentgeltlichen Kreditgewährung ist die Kreditsumme zurückzuzahlen.
bb) Beim Inkasso von Schecks oder Wechseln gegen Entgelt durch ein Kreditinstitut besteht dessen Leistung in der Vorlage des Handelspapiers zum Zwecke der Einziehung der fälligen Geldforderung für fremde Rechnung und --falls und soweit der Scheck oder Wechsel eingelöst wird-- in der Gutschrift des Gegenwertes zugunsten des Einreichers (s. BFH-Urteil vom 8. März 1956 V 216/54 U, BFHE 62, 427, BStBl III 1956, 158; Philipowski in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 8 Anm.148). Entgelt für die Inkassotätigkeit ist die Inkassoprovision sowie die dem Kreditinstitut ggf. zu erstattenden weiteren Kosten der Einziehung der Forderung. Die Scheck- oder Wechselsumme, die das Kreditinstitut bei der Einlösung vom Scheck- oder Wechselschuldner erhält, ist kein Entgelt für die Inkassotätigkeit, sondern lediglich der aufgrund der Inkassovereinbarung dem Einreicher gutzuschreibende Gegenwert des Schecks oder Wechsels (gl.A. Streck, a.a.O.; a.A. FG Nürnberg, Urteil vom 24. Mai 1971 I 113/68 --rechtskräftig--, EFG 1972, 39; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 9 KStG Anm.78; Lademann/Boochs, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 9 Anm.13; Mössner/Seeger/ Lange, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 9 Rdnr.109).
Daß die Klägerin beim Inkassogeschäft die Schecks und Wechsel für fremde Rechnung einlöste, ergibt sich für das Streitjahr aus Nr.1 Abs.3, Nr.48 und Nr.53 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen 1986/1988, die nach den Feststellungen des FG auch im Geschäftsbetrieb der Klägerin galten (abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 17.Aufl. 1990, Bankbedingungen 6). Danach führten die Sparkassen im Streitjahr den Einzug von Schecks und Wechsel nur auf Gefahr des Kunden aus. Falls sie dem Kunden den Gegenwert des Schecks oder Wechsels bereits vor Eingang gutschrieben oder auszahlten, geschah dies unter dem Vorbehalt des Eingangs. Wurde der Scheck oder Wechsel nicht eingelöst, durfte die Sparkasse den gutgeschriebenen oder ausgezahlten Betrag rückbelasten.
Soweit die Klägerin es zuließ, daß die Kunden bereits vor Eingang des Gegenwerts über den unter Vorbehalt des Eingangs gutgeschriebenen Betrag verfügten, gewährte sie ihnen Kredit (s. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., 19.Aufl. 1995, Art.28 des Scheckgesetzes, Anhang Rdnr.33 b., Art.11 des Wechselgesetzes, Anhang Rdnr.9). Das von der Klägerin angesprochene Ausfallrisiko beim Inkassogeschäft beruht auf dieser Kreditgewährung. Es ist nicht Folge des Inkassogeschäfts und läßt somit auch nicht den Schluß zu, die Klägerin habe beim Einzug der Scheck und Wechsel auf eigene Gefahr gehandelt.
c) Zur Höhe und Zusammensetzung der Umsätze der Klägerin hat das FG in tatsächlicher Hinsicht durch Verweisung auf eine Zusammenstellung der betriebswirtschaftlichen Abteilung der Klägerin vom 31. Dezember 1988/16. August 1989 betreffend "Ermittlung der Umsätze nach § 9 Nr.3 KStG und Vorstandsinfo Nr.15 vom 14. Februar 1974 RSGV" (Bl.47 der Körperschaftsteuer-Akten) u.a. festgestellt, daß die Zins- und Diskonterträge 87 669 126,26 DM und die Erträge aus Provisionen und Gebühren 39 349 429,79 DM betrugen und diese Beträge vom FA in voller Höhe bei der Ermittlung der "Summe der gesamten Umsätze" berücksichtigt wurden. Aus diesen Feststellungen ergibt sich jedoch nicht, wie hoch die Entgelte für die Kreditgewährungen und den Einzug der Schecks und Wechsel waren und ob sie vollständig in diesen Beträgen enthalten sind. Zudem hat das FG nicht festgestellt, ob sich aufgrund der Außenprüfung, die zum Erlaß des nunmehr angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides vom 1. Juli 1992 führte, Änderungen der Umsätze ergaben. Die Sache war deshalb zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurückzuverweisen.
d) Das FA war nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, die Umsätze aus dem Inkassogeschäft auch im Streitjahr nach den Scheck- und Wechselsummen zu bemessen. Das FG hat aus einem Aktenvermerk der Klägerin vom 2. Juli 1987 den Schluß gezogen, das FA habe sich in einem Gespräch mit Mitarbeitern der Klägerin hinsichtlich der Einbeziehung der Scheck- und Wechselsummen in die "Summe der gesamten Umsätze" i.S des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a Satz 1 KStG a.F. zwar für den Veranlagungszeitraum 1987 der Rechtsauffassung der Klägerin angeschlossen, einen Bindungswillen für die Folgejahre habe es aber nicht erkennen lassen. An diese Auslegung der in dem Aktenvermerk wiedergegebenen Erklärungen des FA ist der erkennende Senat gebunden, da sie weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungsregeln verstößt (s. BFH-Urteil vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz.17).
Nach dem Aktenvermerk lehnte das FA es in dem Gespräch am 2. Juli 1987 ab, der Klägerin die erbetene verbindliche Auskunft über die Einbeziehung der Scheck- und Wechselsummen zu erteilen. Statt dessen verwies es die Klägerin auf das ihre Rechtsauffassung stützende rechtskräftige Urteil des FG Nürnberg in EFG 1972, 39. Dies läßt ohne Rechtsverstoß die Auslegung des FG zu, das FA habe zwar 1987 die Rechtsauffassung der Klägerin geteilt, es habe aber für die Klägerin erkennbar eine Festlegung für die Zukunft vermeiden wollen und auch vermieden.
B) Revision des FA
Auch die Revision des FA ist begründet. Die Umsätze der Klägerin aufgrund der Veräußerung der in Wechseln verbrieften Geldforderungen durch Rediskontierung bemessen sich weder --wie das FG meint-- nach den Wechselsummen noch --wie das FA ursprünglich meinte-- nach der Differenz zwischen den Anschaffungskosten der Wechsel und den Rediskonterlösen.
1. Durch die Rediskontierung der Wechsel übertrug die Klägerin die in den Wechseln verbrieften Geldforderungen gegen Entgelt auf die Deutsche Bundesbank. Diese Veräußerungen der Geldforderungen waren Umsätze i.S des § 1 Abs.1 Nr.1 UStG 1980/1993, die gemäß § 4 Nr.8 Buchst.c UStG 1980/1993 steuerfrei sind. Es waren Umsätze der Klägerin, da ihr die rediskontierten Wechsel von den Kunden durch Wechseldiskontgeschäft und nicht nur zum Einzug übertragen worden waren (zur Rechtsnatur des Wechseldiskontgeschäfts s. Senatsurteil vom 26. April 1995 I R 92/94, BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594). Daß die wechselrechtlichen oder andere Rückgriffsrechte es nicht ausschließen, die Übertragung der in Wechseln verbrieften Geldforderungen im Wege des Diskont- oder Rediskontgeschäfts als Umsätze zu beurteilen, ergibt sich auch aus § 43 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung --UStDV-- 1991 (s.a. Abschn.210 Abs.1 bis 4 UStR 1996).
2. Als Entgelt (= Gegenleistung für die Übertragung der Geldforderung) erhielt die Klägerin von der Leistungsempfängerin Deutsche Bundesbank die Rediskontbeträge. Sie sind die Bemessungsgrundlage der Umsätze und erhöhen die "Summe der gesamten Umsätze" i.S. des § 9 Satz 1 Nr.3 Buchst.a KStG a.F. Der Betrag der übertragenen Geldforderung (Wechselsumme) ist keine Bemessungsgrundlage des Umsatzes. Die Höhe des Umsatzes bestimmt sich nach der Höhe der Gegenleistung und nicht nach der der Leistung. Auch die Differenz zwischen den Anschaffungskosten des Wechsels (s. Senatsurteil in BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594) und dem Rediskontbetrag ist keine Bemessungsgrundlage, da sich die Höhe des Umsatzes nicht nach dem Saldo zwischen den Gestehungskosten (u.a. Anschaffungs- oder Herstellungskosten) der erbrachten Lieferung oder sonstigen Leistung und dem erzielten Entgelt bestimmt.
3. Zur Höhe der Rediskontbeträge fehlen bisher tatsächliche Feststellungen. Das FG hat zwar die Summe der "rediskontierten Wechsel" mit 73 967 395,91 DM festgestellt. Es ist aber unklar, ob es sich bei diesem Betrag um die Summe der Rediskonterlöse oder --was aufgrund der vom FG vertretenen Rechtsauffassung naheliegt-- um die Wechselsummen handelt. Das FG wird auch noch zu klären haben, inwieweit es sich bei dem in der Zusammenstellung der Klägerin vom 31. Dezember 1988/16. August 1989 (s.o. A 2. c) unter der Bezeichnung "Zinserträge und Diskont" ausgewiesenen Betrag von 87 679 126,26 DM um Diskonterlöse handelt und ob diese bereits unter einer anderen Position der Zusammenstellung (insbesondere in der Position "rediskontierte Wechsel") als Umsätze miterfaßt worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 66086 |
BFH/NV 1997, 227 |
BStBl II 1997, 327 |
BFHE 182, 116 |
BFHE 1997, 116 |
BB 1997, 768-771 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1997, 1377 (Leitsatz) |
DStRE 1997, 519-521 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 415-416 (Leitsatz) |
StE 1997, 206-207 (Kurzwiedergabe) |