Leitsatz (amtlich)

Das Zerschneiden von in großen Bogen bezogenem Butterbrotpapier in kleinere, für den Verbraucher passende Formate ist nach § 12 Abs. 1 UStDB steuerlich schädlich.

 

Normenkette

UStG § 7 Abs. 3; UStDB 1938 §§ 12, 52 Ziff. 3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) betreibt eine Papiergroßhandlung. Streitig ist, ob für die Großhandelslieferung mit Butterbrotpapier, das die Bfin. in großen Bogen bezogen und sodann in kleinere, für den Verbraucher passende Formate zerschnitten hatte, der ermäßigte Steuersatz des § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Betracht kommt. Die Vorinstanzen haben dies verneint. Das Finanzgericht hat hierzu ausgeführt, daß durch das Zerschneiden von Papier auf kleinere, für die Zwecke des Abnehmers passende Formate ein neues Verkehrsgut entstünde, weil die Abnehmer, auf deren Einstellung es bei der Beurteilung der Verkehrsauffassung über diese Frage ankäme, den zugeschnittenen kleineren Formaten, die für ihre besonderen Zwecke paßten, vor der nicht geschnittenen Ware zweifellos den Vorzug geben würden. Bei Gegenständen des täglichen Bedarfs sei die Beurteilung durch den Konsumenten das Entscheidende für die Feststellung der Verkehrsauffassung. Infolge der Änderung der Marktgängigkeit gehe aber die vorgenommene Behandlung über ein bloßes Verteilen der Ware hinaus. Das Auspfunden von Margarine, auf das sich die Bfin. berufe, sei ein typischer Vorgang des Umpackens und als solcher gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) steuerlich unschädlich.

 

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.

Die Ausführungen des Finanzgerichts lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Die Rb. bezweifelt auch nicht, daß sich die Vorentscheidung in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung hält (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 284/39 vom 15. Dezember 1939, Slg. Bd. 48 S. 91, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1940 S. 231). Sie erblickt jedoch einen Verstoß gegen §§ 1, 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) darin, daß das Finanzgericht die Entwicklung der Verhältnisse übersehen und nicht geprüft habe. Da bis zum UStG von 1934 nur der nicht lagerhaltende Großhandel begünstigt gewesen sei, habe der bearbeitende Großhandel, bei dem die Besitzergreifung der Ware zwangsläufig sei, durch die Rechtsprechung nicht die gebührende Würdigung erfahren. Denn die besonderen Absichten, die der Gesetzgeber von 1934 verfolgt habe, als er den lagerhaltenden Großhandel begünstigte, hätten auf den bearbeitenden Großhandel nicht zugetroffen, der eine Umsatzbesteuerung von 2 % nach den bisherigen Erfahrungen hätte tragen können. Durch die Erhöhung der Steuersätze sei jedoch für den Papiergroßhandel der Zeitpunkt eingetreten, in dem der allgemeine Steuersatz die für ihn noch tragbare Kostenquote übersteige, so daß er zum Erliegen kommen müsse und mit seiner Ausschaltung zu rechnen habe.

Die Rb. verkennt jedoch, daß es nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein kann, volkswirtschaftliche Nachteile, die sich aus der geltenden gesetzlichen Regelung für einzelne Wirtschaftszweige ergeben können, durch Nichtanwendung des Gesetzes auszuräumen. Ein Steuergericht wäre auch gar nicht in der Lage, Untersuchungen darüber anzustellen, in welchen Wirtschaftszweigen die von der Rb. angeführten Nachteile eine Änderung des bisherigen Rechtszustandes erforderlich machen. Dies ist allein Aufgabe des Gesetzgebers. Die Rechtsprechung kann auch nicht in dem ihr zur Prüfung unterbreiteten Einzelfalle, in dem nur die besonderen Verhältnisse eines eng begrenzten Wirtschaftszweiges, im Streitfalle des Papiergroßhandels, untersucht werden können, eine Entscheidung treffen, dessen Auswirkungen auf andere Großhandelszweige von ihr gar nicht zu übersehen sind.

Wenn die Rb. unter Bezugnahme auf einen inzwischen durch Erlaß vom 14. September 1937 S 4216 -- 448 III (Umsatzsteuer-Kartei S 4216 Karte 19) überholten Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 27. März 1935 S 4216 -- 94 -- III zu der Auffassung kommt, die von der Vorentscheidung vertretene Auslegung der §§ 7 Abs. 3 UStG, 12 UStDB sei nicht zwingend, so sei demgegenüber darauf hingewiesen, daß die in dem letztgenannten Erlaß als steuerlich unschädlich bezeichneten Beispiele sich nicht unbedingt mit dem Sachverhalt des Streitfalles decken. So kann das Schneiden von Doppelbogen in Einfachbogen oder das Schneiden von Bogen zu Blättern, wenn es nicht gerade für die Zwecke des Abnehmers besonders passende Formate zum Ziele hat, u. U. eine bloß mengenmäßige Zuteilung sein. Insbesondere trifft die Ziff. f a. a. O. nicht den Streitfall, wenn dort das Verpacken geschnitenen Butterbrotpapiers in Rollen als steuerlich unschädlich angesehen wird. Im Ergebnis zielt dieser Einwand der Rb. auf ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung, die freilich dem Erlaß vom 27. März 1935 in der dort ausgesprochnen Verallgemeinerung nicht gefolgt ist, an der aber der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse gemäß seinen obigen Ausführungen festhält. Danach ist die Großhandelsvergünstigung nur dem Großhändler zu gewähren, der sich auf seine eigentliche Aufgabe der reinen Warenverteilung beschränkt (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 437/35 vom 4. Oktober 1935, Slg. Bd. 38 S. 283/284 und Urteil des Bundesfinanzhofs V 2/50 U vom 9. Februar 1953, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- III S. 180).

Wenn schließlich die Rb. ausführt, der Gesetzgeber habe bei Fassung des § 7 Abs. 3 durch das UStG vom 16. Oktober 1934 vorausgesetzt, daß dem bearbeitenden Großhandel nicht untragbare Nachteile erwachsen würden, so daß infolge der Entwicklung der Verhältnisse der § 12 UStDB nicht mehr im Einklang mit dem Grundgedanken des Gesetzes stehe, so würde ein Eingehen auf diesen Einwand wiederum eine Untersuchung aller durch § 12 UStDB betroffenen Wirtschaftszweige voraussetzen. Im Streitfalle kommt noch der allgemeine Steuersatz von 3 % in Betracht, der durch das UStG vom 28. Juni 1951 inzwischen auf 4 % erhöht worden ist, ohne daß der Gesetzgeber diese Erhöhung zum Anlaß genommen hätte, im § 12 UStDB 1951 außer den im Abs. 1 Satz 3 a. a. O. ausdrücklich zugelassenen Bearbeitungsmaßnahmen weitere Vergünstigungen für den bearbeitenden Großhandel einzuräumen. Daß sich § 12 UStDB im Rahmen der durch § 18 UStG 1934 und 1951 erteilten Ermächtigung hält, kann nicht bezweifelt werden.

Der Vorentscheidung ist deshalb beizutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425852

BStBl III 1954, 31

BFHE 1954, 311

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