Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung
Leitsatz (NV)
Ist der Leistungsempfänger eine Privatperson, liegt eine wirksame Rechnungsberichtigung i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 schon dann vor, wenn dem Leistungsempfänger eine Korrekturmitteilung des leistenden Unternehmers tatsächlich zugeht.
Normenkette
UStG 1980 § 14 Abs. 2-3, § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Streitjahr (1985) einen Handel mit Kfz und führte neben Inlandsumsätzen Ausfuhrlieferungen an US-Abnehmer aus, wobei er Umsatzsteuer in Rechnungen offen auswies.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte gegen den Kläger für 1985 Umsatzsteuer in Höhe von ... DM fest und berücksichtigte hierbei nach seiner Ansicht unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge von ... DM gemäß § 14 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980).
Zur Begründung der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage brachte der Kläger vor, er habe im Jahr 1985 Kfz an US-Abnehmer für insgesamt netto ... DM geliefert. Die Rechnungen, in denen er jeweils Umsatzsteuer in Höhe von 14 v.H. ausgewiesen habe, hätten den Hinweis enthalten, daß nach Vorlage der entsprechenden Ausfuhrnachweise die Umsatzsteuer zurückgezahlt werde. Nach Vorliegen der gemäß § 6 UStG 1980 erforderlichen Nachweise habe er die zunächst in Rechnung gestellte Umsatzsteuer den Kunden erstattet. Die Käufer seien nach Ablauf ihrer Dienstzeit wieder in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Nach Beanstandung durch das FA habe er noch im Jahr 1985 berichtigte Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis geschrieben und an die ihm bekannten Anschriften der Kunden in den Vereinigten Staaten gesandt mit der Bitte, die ursprünglichen Rechnungen zurückzusenden, jedoch keine Anwort erhalten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Umsatzsteuerschuld nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 wäre nur dann entfallen, wenn der Kläger die Originalrechnungen zurückerhalten hätte. Im Streitfall sei nicht einmal bekannt, ob die berichtigten Rechnungen die Leistungsempfänger erreicht hätten.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 14 Abs. 2 UStG 1980. Er bringt vor: Die Absendung der Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis an seine Kunden reiche als Berichtigung i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 aus. Die Rückgabe der Originalrechnungen sei nicht nötig.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1980 schuldet der Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach dem Umsatzsteuergesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen hat, auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, so ist § 17 Abs. 1 UStG 1980 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 entsprechend anzuwenden.
§ 14 Abs. 2 (und nicht Abs. 3) UStG 1980 erfaßt auch die Fälle, in denen ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer für steuerfreie Umsätze gesondert ausgewiesen hat (vgl. Senatsurteile vom 7. Mai 1981 V R 126/75, BFHE 133, 127, BStBl II 1981, 547, und vom 14. Dezember 1989 V R 125/84, BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401).
a) Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG und der Verwaltung (vgl. Abschn. 189 Abs. 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 1985), die Berichtigung des Steuerbetrags sei nur unter der Voraussetzung möglich, daß der leistende Unternehmer die sog. Erstrechnung zurückerhält (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 29. Oktober 1992 V R 48/90, BFHE 169, 559, BStBl II 1993, 251). § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 verlangt lediglich eine Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem Leistungsempfänger. Erforderlich ist danach eine Korrekturmitteilung, die dem Leistungsempfänger tatsächlich zugeht (Senatsurteil in BFHE 169, 559, BStBl II 1993, 251). Ob darüber hinaus die Wirksamkeit der Rechnungsberichtigung in bestimmten Fällen davon abhängt, daß der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht (mehr) geltend macht und/oder die Erstrechnung zurückgibt, braucht im Streitfall, dem eine Ausfuhrlieferung an einen privaten Abnehmer zugrunde liegt, nicht vertieft zu werden.
Da die Kunden des Klägers Privatpersonen waren, ist davon auszugehen, daß ihnen kein Vorsteuerabzug gewährt wurde. Eine Gefährdung des Steueraufkommens (durch die Erstrechnung mit Steuerausweis trotz steuerfreier Leistung) scheidet hier aus.
b) Ob den Kunden des Klägers Mitteilungen über die Berichtigung des Steuerbetrags i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 zugegangen sind, kann der Senat anhand des festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden. Das FG ging aufgrund seiner Rechtsansicht zur Maßgeblichkeit der Originalrechnungen davon aus, es brauche im Streitfall nicht darauf einzugehen, ob auch anders sichergestellt werden könne, daß kein Vorsteuerabzug vorgenommen worden sei. Das FG erachtete es zwar als nicht bekannt, ob die vom Kläger ausgestellten geänderten Rechnungen ihre Adressaten erreicht haben. Zulässige und begründete Verfahrensrügen erhebt der Kläger insoweit nicht (§ 118 Abs. 2 FGO). Es war Sache des Klägers, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -).
Aufgrund der vom Senat vertretenen Auffassung, eine dem Leistungsempfänger tatsächlich zugegangene Korrekturmitteilung reiche im Streitfall aus, bleibt aber noch zu prüfen, ob der Kläger den Steuerbetrag gegenüber den Leistungsempfängern bei der Rückzahlung der Umsatzsteuer berichtigt hat. Eine solche Berichtigung ist auch durch Angaben auf einem Überweisungsträger möglich, der dem Empfänger zugeht. Diese Angaben müssen zum Ausdruck bringen, daß der in der Erstrechnung ausgewiesene Steuerbetrag berichtigt wird.
2. Das FG wird Feststellungen dazu nachzuholen haben.
Fundstellen