Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Das Brennrecht (§§ 30 ff. BranntwMonGes.) gehört nicht zu den Gewerbeberechtigungen des § 58 BewG.
Zur Frage, ob das Brennrecht als besonderes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens (ß 54 BewG) anzusehen ist.
Normenkette
BewG §§ 54, 95, 58, 100, 109
Tatbestand
Streitig ist die Einheitsbewertung für das Obstbrennrecht der Beschwerdeführerin (Bfin.) auf den 1. Januar 1946. Das Finanzamt hat das Obstbrennrecht mit 30 DM je hl, demnach bei dem hier bestehenden Brennrecht von 497,42 hl mit 14.922 RM, abgerundet mit 14.000 RM, bewertet. Hiergegen richtet sich die Sprungberufung der Bfin. Sie macht geltend, daß das Brennrecht nicht Voraussetzung für den Betrieb der Brennerei sei. Die Die Branntweinerzeugung sei rechtlich unbeschränkt. Die praktische Bedeutung des Brennrechts bestehe darin, daß bei ablieferungspflichtigem Branntwein nur für die innerhalb des Brennrechts erzeugte Menge Branntwein der volle übernahmepreis gezahlt werde. Für die darüber hinausgehende Menge (den sogenannten überbrand) würden Abzüge von dem übernahmepreis vorgenommen, die diesen Teil der Erzeugung nicht mehr lohnenswert erscheinen ließen. Nach § 58 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonGes.) sei der im Monopolgebiet hergestellte Branntwein zum Branntweinübernahmepreis an die Monopolverwaltung abzuliefern, soweit nicht in diesem Gesetz Ausnahmen vorgesehen seien. Bei ablieferungsfreiem Branntwein, wozu der in Obstbrennereien gewonnene Branntwein aus Obst, Beeren, Wein, Weinhefe, Most, Wurzeln oder Rückständen davon gehöre, wirke sich der überbrand bei Berechnung des Branntweinaufschlags entsprechend aus. Der Nutzen des Brennrechts liege in diesem Falle in der Berechnung eines niedrigeren Branntweinaufschlags. Früher habe die Differenz der Branntweinaufschlagspitze zwischen den innerhalb des Brennrechts und dem im überbrand hergestellten ablieferungsfreien Branntwein durchschnittlich etwa 10 RM für 1 hl r. A. betragen, so daß ein großes Brennrecht einen Vermögensvorteil geboten habe. Jedoch sei in der Nachkriegszeit, und zwar zunächst in Baden-Württemberg, kein Unterschied mehr zwischen innerhalb des Brennrechts oder im überbrand hergestellten Obstbrantwein gemacht worden. Der Branntweinaufschlag sei immer der gleiche geblieben. Dadurch sei das Obstbrennrecht auf 0 entwertet und von der Bfin. mit Einverständnis des Betriebsprüfers des Finanzamts voll abgeschrieben worden. Im übrigen sei die Brennerei am 4. Dezember 1944 durch Totalschaden zerstört worden. Bis zum Wiederaufbau im Jahre 1950/51 habe sich die Bfin. mit wenigen primitiven Geräten geholfen, mit denen weder mengenmäßig noch qualitativ eine nennenswerte Erzeugung erzielt werden konnte. Sie habe demnach am Stichtag ihr Brennrecht nicht ausnützen können. Ihre Eigenerzeugung (Weinbrand) sei erst seit Ostern 1950 wieder zum Verkauf gelangt. Die Bfin. hat noch ein Gutachten des Geschäftsführers des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie über den derzeitigen Wert des Brennrechts vom 13. September 1950 vorgelegt. In diesem Gutachten wird ausgeführt, daß das Brennrecht kein dingliches Recht, kein Bestandteil oder Zubehör des Brennereigrundstücks und keine Gewerbeberechtigung, Herstellungsbefugnis oder Lizenz sei. Solange das Brennrecht frei übertragbar gewesen sei, konnte man ihm einen Kapitalwert beimessen. Denn tatsächlich seien die Brennrechte, für die sich ein gewisser Marktpreis gebildet habe, bis dahin gehandelt worden. Nachdem jedoch die übertragbarkeit am 1. Oktober 1931 aufgehört habe, sei eine Bewertung der Brennrechte kaum noch möglich. Denn ihr Wert, der in einem höheren übernahmepreis oder einem niedrigeren Branntweinaufschlag bestehe, könne jederzeit durch Verwaltungsakt des Monopolamts beeinflußt werden. Das Finanzgericht hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Das Brennrecht sei zwar nicht Voraussetzung für den Betrieb der Brennerei, gewähre aber dem Berechtigten einen geldwerten Vorteil, der bei Obstbranntwein in dem niedrigeren Branntweinaufschlag für im Rahmen des Brennrechts erzeugten Branntwein bestehe. Dieser Vermögensvorteil sei nach § 58 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Gewerbeberechtigung mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Die Finanzverwaltung habe früher Richtlinien für die Bewertung des Brennrechts als Gewerbeberechtigung aufgestellt. Wenn der Bundesminister der Finanzen in seinem zur Soforthilfeabgabe ergangenen Erlaß vom 20. Juli 1950 LA 8537-4150 den Standpunkt eingenommen habe, daß das Brennrecht als immaterieller Wert, der keine Gewerbeberechtigung darstelle, gem. § 26 der Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (StDVO-SHG) für die Soforthilfeabgabe außer Ansatz bleibe, so stehe diese Auffassung mit § 58 BewG nicht im Einklang. Solange § 58 BewG gelte, müsse das Brennrecht als Gewerbeberechtigung angesehen werden. Die Zerstörung der Brennerei durch Kriegsereignisse schließe die Bewertung des Brennrechts bei der Bfin. nicht aus, da es sich nur um eine vorübergehende Verhinderung gehandelt habe. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß der festgestellte Einheitswert für das Obstbrennrecht noch nicht einmal den geldwerten Vorteil für die Ausübung des Rechts in einem Jahr erreicht habe. Der Zuschlag zum Branntweinaufschlag für überbrand habe bis 1945 immer mehr als 100 RM betragen, während der Einheitswert für das Brennrecht nach § 58 Abs. 4 BewG nur auf 30 RM je hl festgesetzt worden sei. Der Ansatz dieses niedrigen Wertes sei daher auch unter Berücksichtigung einer vorübergehenden Außerbetriebsetzung des Unternehmens gerechtfertigt. Schließlich hindere im Streitfall auch der Umstand nicht die Bewertung des Brennrechts, daß nach Mitteilung der Zollverwaltung die Branntweinerzeugnisse in der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis 30. September 1949 nicht durch Festsetzung von Jahresbrennrechten und überbrandabzügen beschränkt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Sie bestreitet, daß das Brennrecht eine Gewerbeberechtigung sei und überhaupt einen Vermögenswert habe, wobei sie auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs II z D 2/51 S vom 12. Oktober 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 217) Bezug nimmt. Im übrigen hätten die Brennereien in der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis 30. September 1949 keinen Vorteil von ihren Brennrechten gehabt. Schließlich habe die Festsetzung eines 10- und 15fachen Brennrechts in den Betriebsjahren 1949/50 und 1950/51 das Brennrecht völlig entwertet.
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.
Die Bedenken der Bfin. gegen die Zusammensetzung der Kammer des Finanzgerichts mit einem Agrarier, einem Arzt und einem Bankdirektor hinsichtlich ausreichender Sachkunde und bezüglich des Landwirts auch hinsichtlich objektiver Haltung sind allerdings nicht begründet. Dagegen ist der Bfin. darin beizutreten, daß das Brennrecht keine Gewerbeberechtigung darstellt. Als Gewerbeberechtigungen im Sinne des § 58 BewG gelten die Berechtigungen, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründen würde, z. B. das Mineralgewinnungsrecht, die Apothekengerechtigkeit. Mit diesen Rechten kann jedoch das Brennrecht nicht auf eine Stufe gestellt werden. Es ist nicht Voraussetzung für den Betrieb einer Brennerei. Die Branntweinerzeugungsmenge einer Brennerei ist unbeschränkt. (Lieven-Hoppe, BranntwMonGes. § 31 Anm. 2 Ziff. 3, Weidner-Seydel, BranntwMonGes. § 31 Anm. 2, Hengst "Das Brennrecht in der Deutschen Monopolgesetzgebung", Otto Meissners Verlag, Schloß Bleckede an der Elbe, S. 23). Es handelt sich beim Brennrecht trotz seiner Bezeichnung nicht um ein Recht zum Brennen. Es bedeutet vielmehr eine Vergünstigung, und zwar, soweit es sich um ablieferungspflichtigen Branntwein handelt, eine monopolrechtliche, soweit es sich um Branntweinaufschlag handelt, eine steuerrechtliche Vergünstigung. Hiernach fällt das Brennrecht nicht unter die Gewerbeberechtigungen des § 58 BewG. Die gleiche Auffassung wird vertreten von Steinhardt, BewG § 58 Anm. 1, Schmitt-Degenhardt, Gruß, BewG S. 198, Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1949 Abschn. 33 Abs. 3, Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 20. Juli 1950 zur Soforthilfeabgabe, Notiz in Deutsche Steuerzeitung (DStZ) 1953 Ausgabe A S. 432 und Richtlinien der Oberfinanzdirektion Münster für die Bewertung der Kornbrennrechte gewerblicher Brennereien in der Zeitschrift "Der Betrieb" 1953 S. 116. Dies hat das angefochtene Urteil verkannt. Es war daher nebst der ihm zugrunde liegenden Einheitswertfeststellung für das Brennrecht der Bfin. aufzuheben. Zu der Frage, ob das Brennrecht, wenn es auch nicht unter die Gewerbeberechtigungen des § 58 BewG fällt, doch als besonderes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens gemäß § 54 a. a. O. anzusetzen ist, braucht hier nicht abschließend Stellung genommen zu werden. Von den oben bezeichneten Schriftstellern sowie in den angegebenen Erlassen bzw. Richtlinien wird seine Eigenschaft als besonders (immaterielles) Wirtschaftsgut bejaht, ferner von Kaiser in Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 1950 S. 216. Ebenso ist das Vorliegen eines besonderen Wirtschaftsguts in den Urteilen des Reichsfinanzhofs I A a 707/28 vom 16. Januar 1929 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1929 S. 171) und III A 240/33 vom 13. Juli 1933, RStBl. 1933 S. 902) angenommen. Die Auffassung, daß das Brennrecht als besonderes Wirtschaftsgut im Sinne des BewG anzusehen sei, bezieht sich auch nicht nur auf die Zeit, in der die Brennrechte übertragbar waren, d. h. bis zum Jahre 1931. Auch das Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 12. Oktober 1951 erkennt an, daß das Brennrecht dem Brennereibesitzer einen vermögensrechtlichen Anspruch gewährt, wenn es auch verneint, daß das Brennrecht ein selbständiger Vermögensgegenstand oder ein selbständiger Bestandteil der Brennerei sei und die Auffassung vertritt, daß das Brennrecht lediglich einen wertsteigernden Faktor darstelle, der bei ablieferungspflichtigem Branntwein in der Bemessung des übernahmepreises und bei ablieferungsfreiem Branntwein in der Bemessung des Branntweinaufschlags zum Ausdruck komme. Vom Standpunkt des Gutachtens aus würde sich das Brennrecht in einer höheren Bewertung der dem Betrieb einer Brennerei dienenden Wirtschaftsgüter auswirken (wertsteigernder Faktor). Im übrigen werden auch im Rahmen des § 54 BewG die am 1. Januar 1946 bei der Bfin. vorliegenden individuellen Verhältnisse (Betriebszerstörung) und der Umstand zu würdigen sein, daß für die Betriebsjahre 1. Oktober 1945 bis 30. September 1949 die Branntweinerzeugung nicht durch Festsetzung von Jahresbrennrechten und überbrandabzügen beschränkt war.
Fundstellen
Haufe-Index 424103 |
BStBl III 1954, 70 |
BFHE 1954, 410 |
BFHE 58, 410 |