Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Überlassung einer Wohnung aufgrund gesicherter Rechtsposition
Leitsatz (NV)
Der Eigentümer eines Zweifamilienhauses kann die auf eine Wohnung entfallenden Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, wenn der Nutzungswert dieser Wohnung einem Dritten (z. B. wegen eines dinglichen Wohnrechts) zuzurechnen ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nrn. 1, 7, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute.
Im Streitjahr 1982 veräußerten sie ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, das ihnen von den Eltern des Klägers im Jahre 1973 unter dem Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchsrechts im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden war.
Mit dem Erlös erwarben die Kläger im Streitjahr ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück. Sie bestellten an einer Wohnung den Eltern des Klägers ein lebenslanges dingliches Wohnrecht.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) ließ die von den Klägern im Zusammenhang mit der Veräußerung des Einfamilienhauses als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Aufwendungen (Inserate, Telefon- und Fahrtkosten) nicht zum Abzug zu. Er kürzte ferner die das erworbene Zweifamilienhaus betreffenden Werbungskosten (einschließlich der Absetzung für Abnutzung - AfA -) um den auf das dingliche Wohnrecht entfallenden Anteil.
Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt. Zur Begründung führte es aus, daß den Klägern zwar nicht der Mietwert der von den Eltern genutzten Wohnung zugerechnet werden könne, weil diese sie als Dauerwohnberechtigte aufgrund einer gesicherten Rechtsposition nutzten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366). Dennoch seien die Kläger als Eigentümer in vollem Umfange zur Inanspruchnahme der AfA und anderer Werbungskosten berechtigt (BFH-Urteil vom 29. November 1983 VIII R 184/83, BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371).
Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision sinngemäß die Verletzung des § 9 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das FG hat zwar zutreffend angenommen, daß der Nutzungswert der von den Eltern des Klägers bewohnten Wohnung nicht den Klägern zugerechnet werden kann. Gemäß § 21 Abs. 2 2. Alternative EStG ist der Nutzungswert einer ganz oder teilweise unentgeltlich überlassenen Wohnung vom Nutzenden zu versteuern, wenn ihm eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt worden ist. Die Würdigung der Vorinstanz, daß diese Voraussetzungen wegen des Wohnrechts der Eltern erfüllt seien, läßt keine Rechtsfehler erkennen. Sie wird von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt.
2. Ist der Nutzungswert der den Eltern des Klägers überlassenen Wohnung nicht den Klägern zuzurechnen, so können sie auch nicht die darauf entfallenden Werbungskosten (einschließlich der AfA) geltend machen. Denn insoweit erfüllen sie nicht den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1982 VIII R 166/80, BFHE 139, 23, BStBl II 1983, 660; vom 23. April 1985 IX R 39/81, BFHE 144, 362, BStBl II 1985, 720; vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839, und vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210 unter 2. b). Soweit der VIII. Senat in dem vom FG angeführten Urteil in BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371 zur unentgeltlichen Überlassung einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus eine abweichende Auffassung vertreten hat, ist er hiervon in dem Urteil vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81 (BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327) wieder abgerückt.
3. Das FG hat danach zu Unrecht die auf die Wohnung der Eltern des Klägers entfallenden Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Die Klage war deshalb unter Aufhebung der Vorentscheidung in vollem Umfange abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 416097 |
BFH/NV 1989, 223 |