Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Planmäßige Erfindertätigkeit ist in der Regel freie Berufstätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG.
Nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige, deren laufende Aufzeichnungen nicht als Buchführung im Sinne des § 161 Abs. 1 Nr. 1 AO angesehen werden können, haben keinen Anspruch darauf, daß das FA ihren Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt. Das FA ist berechtigt, der Gewinnermittlung den überschuß der Einnahmen über die Ausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) zugrunde zu legen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Gründe
Die Revision des Stpfl. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.
Der Auffassung des FG, die Einnahmen aus der Verwertung einer eigenen Erfindung seien zwar solche aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG), nicht aber aus freier Berufstätigkeit (§ 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG), kann nicht gefolgt werden. Im allgemeinen wird man bei einer Erfindertätigkeit davon ausgehen können, daß sie wissenschaftliche Tätigkeit ist. Das gilt in Anwendung der Grundsätze des von der Vorinstanz zitierten Urteils des Senats IV 73/52 U vom 30. April 1952 (BFH 56, 425, BStBl III 1952, 165) vor allem für eine planmäßige Erfindertätigkeit, die mit wissenschaftlicher Methode dergestalt ausgeübt wird, daß ihr Ergebnis - angestrebt oder erreicht - als Frucht einer angestrengten geistigen Arbeit mit den Merkmalen einer Forschungstätigkeit angesehen werden kann. Es ist bei Berücksichtigung der anderen im Gesetz aufgeführten freien Berufstätigkeiten, wie der künstlerischen, der schriftstellerischen, der unterrichtenden oder der erzieherischen Tätigkeit nicht gerechtfertigt, an den Begriff der wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Senat nimmt an, daß die Tätigkeit des Stpfl., die zur Erfindung der Herstellungsmethode einer bestimmten Art von Fußböden führte, diese Erfordernisse erfüllt. Es ist bei der gegenwärtigen technischen Entwicklung auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens eine erfolgreiche planmäßige Erfindertätigkeit in der Regel kaum anders als durch wissenschaftliche Betätigung vorstellbar. Deshalb spricht eine Vermutung für wissenschaftliche Tätigkeit. Da das FG nichts Gegenteiliges feststellte, ist vom wissenschaftlichen Charakter der Erfindertätigkeit des Stpfl. auszugehen. Dagegen, daß das FG feststellte, die Tätigkeit sei nicht im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit des Stpfl. ausgeübt worden, bestehen keine Bedenken. Es wurden auch keine Feststellungen getroffen, die dazu zwingen könnten, die Auswertung der Erfindung selbst als gewerbliche Tätigkeit anzusehen. Dann aber sind die Einkünfte des Stpfl. hieraus solche aus freier Berufstätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG, gleichgültig, ob eine zeitlich begrenzte überlassung der Auswertung gegen laufende Lizenzen oder ob eine übertragung nach Art eines Verkaufs vorliegt.
Mit Recht nimmt das FG an, daß das Fehlen einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung es dem Stpfl. verwehrte, seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG durch Vermögensvergleich zu ermitteln. Ein Steuerpflichtiger, der zur Buchführung nicht verpflichtet ist, dessen laufende Aufzeichnungen so mangelhaft sind, daß sie nicht als Buchführung im Sinne des § 161 Abs. 1 Nr. 1 AO angesehen und einem Vermögensvergleich nicht zugrunde gelegt werden können, und bei denen namentlich Bestandsaufnahmen und Abschlüsse fehlen, kann nicht verlangen, daß sein Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt wird. Es kann nicht beanstandet werden, wenn das FA sich unter weitgehender Anlehnung an die Aufzeichnungen des Stpfl. derjenigen Gewinnermittlungsmethode bedient, die die größte Wahrscheinlichkeit für eine zutreffende Gewinnermittlung bietet und möglichst weitgehend sicherstellt, daß alle Geschäftsvorfälle erfaßt werden. Das war im Streitfall die überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Aufzeichnungen des Stpfl. ermöglichen dem FA eine überschußrechnung ohne größere Schwierigkeiten, während ein Vermögensvergleich vor allem wegen des Fehlens der Abgrenzung der Forderungen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen und zeitraumfremden Einnahmen und Ausgaben in den Streitjahren und in der Folgezeit zu einer einigermaßen zutreffenden Gewinnermittlung nur führen würde, wenn das FA die Kontenführungen nachholen würde, die der Stpfl. unterließ. Nicht einmal die vom Stpfl. geltend gemachten passiven Abgrenzungen für voraus empfangene Lizenzen hielt er grundbuchmäßig und kontokorrentmäßig fest, so daß die einzelnen Abgrenzungsfälle nicht nachprüfbar und für die Zukunft verfolgbar waren. Für die Beurteilung ist auch von Bedeutung, daß es sich um die Ermittlung der Gewinne von vier aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen handelt, für die der Stpfl. durchgehend jeglichen buchmäßigen Nachweis der von ihm begehrten Abgrenzung unterließ.
Dieser Beurteilung stehen die überlegungen des Senats in seiner Entscheidung IV 12/63 vom 19. Januar 1967 (BStBl III 1967, 288) nicht entgegen. Das Urteil legt dar, daß ein Steuerpflichtiger ohne Buchführungspflicht seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln kann, wenn er diese Gewinnermittlungsart bei Vorliegen einer zwar freiwillig eingerichteten, aber mit schweren Mängeln behafteten Buchführung dem FA gegenüber ausdrücklich erklärt. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß auch umgekehrt ein Steuerpflichtiger ohne Buchführungspflicht in Fällen, in denen er lediglich Aufzeichnungen hat, die zwar eine Gewinnermittlung durch überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermöglichen, nicht aber einen buchmäßig untermauerten Vermögensvergleich zulassen, die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich verlangen könne, wenn er dem FA gegenüber eine solche erkläre. Der Steuerpflichtige muß es sich hier vielmehr gefallen lassen, daß das FA bei der Ermittlung des Gewinns des Steuerpflichtigen diejenige Methode wählt, die sich ihm auf Grund der eigenen Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen anbietet. Hierdurch wird dieser so gestellt, als hätte er die seinen Aufzeichnungen gemäße Gewinnermittlungsart selbst gewählt. Das ist gerechtfertigt.
Fundstellen
Haufe-Index 412460 |
BStBl III 1967, 310 |
BFHE 1967, 166 |
BFHE 88, 166 |
BB 1967, 571 |
DB 1967, 886 |
DStR 1967, 356 |