Leitsatz (amtlich)
1. Zum Ansatz und zur Bewertung von Tonträgern bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens von Tonträgerherstellern.
2. Das Schutzrecht des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG 1965 ist als ein Leistungsschutzrecht vermögensrechtlicher Natur auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage kein Urheberrecht i. S. des Bewertungsrechts.
Normenkette
BewG 1965 § 95 Abs. 1, § 100 Nr. 2 Sätze 1-2, § 109 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schallplatten und Tonbändern. Zu diesem Zweck stellt sie mit Hilfe von Künstlern (Dirigenten, Solisten, Musikern) Tonträger her, die der einmaligen oder wiederholten Vervielfältigung dienen und die sich im Archiv der Klägerin befinden. Streitig ist der Ansatz dieser Tonträger bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1971.
Bis zum 1. Januar 1970 setzte die Klägerin die Tonträger unter der Bezeichnung "Eigenrepertoire" in ihrer Vermögensaufstellung an. Die Bewertung erfolgte im Schätzungswege. Da die wirtschaftliche Verwertungsdauer bei den einzelnen Tonträgern unterschiedlich und unbekannt ist (abhängig von der Qualität der Aufnahme, der Mitwirkung namhafter Künstler usw.), schätzte man den Wert pauschal mit 1/3 der Aufnahmekosten, wobei man auf Einzelberechnungen einer früheren Betriebsprüfung zurückgriff. Die restlichen 2/3 der Aufnahmekosten gingen in die Herstellungskosten der produzierten Schallplatten und Tonbänder ein. Dieser Ein-Drittel-Anteil beträgt zum streitigen Bewertungsstichtag 1. Januar 1971 ... DM. Die Berechnung dieses Betrages im einzelnen ist unter den Verfahrensbeteiligten nicht streitig.
Zum 1. Januar 1971 unterließ die Klägerin den Ansatz des Eigenrepertoires. Dabei beschränkte sie sich im Klageverfahren auf das Argument, daß ihre Tonträger nach § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG) nicht zu ihrem Betriebsvermögen gehörten. Die Klägerin sieht in ihrem Leistungsschutzrecht nach § 85 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), nämlich in ihrem Recht, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten, ein originäres Urheberrecht. Die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Oktober 1959 III 57/55 S (BFHE 70, 36, BStBl III 1960, 16) und vom 29. Januar 1965 III 121/62 U (BFHE 81, 607, BStBl III 1965, 219), wonach die Steuervergünstigung nur natürlichen Personen zugute käme, sei durch die Entwicklung, insbesondere durch das UrhG 1965, überholt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß das Leistungsschutzrecht des § 85 UrhG kein Urheberrecht i. S. des § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG sei. Urheberrechte schützten nach § 7 UrhG den Schöpfer der geistigen Leistung, die ihrer Art nach nur von natürlichen und nicht von juristischen Personen erbracht werden könne. Beim Leistungsschutzrecht nach § 85 UrhG handle es sich nicht um ein Urheberrecht, sondern um ein Recht vermögensrechtlicher Natur auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage, das im Gegensatz zum Urheberrecht nicht die geistige Leistung schütze, sondern die kulturelle Leistung des Herstellers auf organisatorischem und wirtschaftlichem Gebiet. Vom Urheberrecht unterscheide sich dieses Leistungsschutzrecht in der Weise, daß es im Gegensatz zu ersterem keinen personenrechtlichen Charakter habe. Dementsprechend sei das Leistungsschutzrecht im Gegensatz zum eigentlichen Urheberrecht auch übertragbar.
Die Klägerin wendet sich mit der Revision erstmals gegen den Ansatz der Tonträger unter dem Gesichtspunkt, daß Tonträger mangels einer sicheren Bewertbarkeit keine selbständigen Wirtschaftsgüter seien, sondern zum Geschäftswert gehörten. Im übrigen vertritt sie weiterhin die Auffassung, daß die ihr zustehenden Leistungsschutzrechte Urheberrechte im weiteren Sinne seien, d. h. sie wie die sonstigen Urheberrechte (Urheberrechte im engeren Sinne) in einem einheitlichen Gesetz, nämlich in dem UrhG 1965, geregelt seien. Auch in einem wesentlichen Punkt, nämlich dem Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht, stimmten das Urheberrecht und das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers inhaltlich miteinander überein.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils vom 24. Oktober 1975 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 1975 den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1971 abzuändern und den Einheitswert des Betriebsvermögens auf ... DM festzustellen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 95 Abs. 1 BewG sind alle Wirtschaftsgüter, die dem gewerblichen Betrieb dienen und die dem Betriebsinhaber gehören, beim Betriebsvermögen zu erfassen. Wirtschaftsgüter in diesem Sinne sind außer den körperlichen Gegenständen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und den im BewG besonders genannten immateriellen Wirtschaftsgütern (den Mineralgewinnungsrechten, den Urheberrechten und den Erfindungen, vgl. §§ 100, 101 Nr. 2, 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG) alle immateriellen Werte, die selbständig bewertungsfähig sind.
Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats der Fall, wenn
a) die selbständige Bewertungsfähigkeit durch die allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt wird oder
b) wenn das immaterielle Wirtschaftsgut entgeltlich erworben wurde oder
c) wenn die selbständige Bewertungsfähigkeit durch Aufwendungen des Unternehmers selbst oder dritter Personen anerkannt wird, die auf das zu bewertende Wirtschaftsgut gemacht worden sind (vgl. Urteile vom 6. März 1970 III R 20/66, BFHE 99, 50, BStBl II 1970, 489, und vom 30. Mai 1974 III R 75/73, BFHE 113, 50, BStBl II 1974, 654).
2. Die Möglichkeit, immaterielle Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung anzusetzen, geht damit weiter als die der Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter im Ertragsteuerrecht. Nach § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. d. F. des Einkommensteueränderungsgesetzes vom 16. Mai 1969 sind in der Steuerbilanz immaterielle Wirtschaftsgüter nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden; für originär entstandene immaterielle Wirtschaftsgüter besteht ein Aktivierungsverbot (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, ergangen zu § 153 Abs. 3 des Aktiengesetzes 1965 - AktG -, dem Vorläufer des § 5 Abs. 2 EStG 1969). Eine gleiche oder ähnliche Vorschrift wurde bisher nicht in das BewG aufgenommen, obwohl vorausgesetzt werden kann, daß dem Gesetzgeber die mit dem Ansatz und der Bewertung immaterieller Werte in der Vermögensaufstellung verbundenen Schwierigkeiten bekannt sind. Der Senat hat deshalb in der Vergangenheit daran festgehalten, daß es bewertungsrechtlich möglich und geboten sei, immaterielle Werte auch ohne die Einschränkung des § 5 Abs. 2 EStG zu erfassen, wenn sie Gegenstandseigenschaft erlangt haben (Urteile vom 7. August 1970 III R 119/67, BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842, und vom 9. November 1973 III R 12/72, BFHE 110, 541, BStBl II 1974, 81). Der von der Klägerin im Revisionsverfahren vertretenen Auffassung, § 5 Abs. 2 EStG beruhe auf einem allgemeinen Rechtsgedanken und gelte aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung auch im Bewertungsrecht, kann der Senat deshalb aus den vorgenannten Gründen nicht folgen.
3. Gegenstand des Ansatzes nach § 95 BewG (Bewertungsobjekt) ist der einzelne Tonträger, nicht das Leistungsschutzrecht nach § 85 UrhG. Das Leistungsschutzrecht ist kein Recht, von einem anderen eine Leistung (etwa eine Geldleistung) zu verlangen. Es ist vielmehr ein wettbewerbsrechtliches Schutzrecht, das den Tonträgerhersteller gegenüber Dritten vor dem Mißbrauch seiner Leistungen schützt, die in seinen wirtschaftlichen und technischen Aufwendungen sowie in seiner Risikoübernahme bei der Herstellung und Verbreitung der Tonträger besteht (vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 533 f.). Bewertungsrechtlich erfaßbar ist allein der Gegenstand des Leistungsschutzrechts, das ist der einzelne Tonträger. Das schließt die Möglichkeit nicht aus, daß bei der Frage, ob der Tonträger selbständig bewertungsfähig ist und ob er nach § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG als Urheberrecht bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen ist, auf das Leistungsschutzrecht zurückgegriffen wird.
4. Der Senat sieht in dem einzelnen Tonträger einen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren Wert und somit ein Wirtschaftsgut i. S. des § 95 BewG. So sind die Tonträger bereits durch ihre weitgehende Materialisierung vom allgemeinen Geschäftswert abgrenzbar. Sie rücken damit, was ihre Greifbarkeit anlangt, in die Nähe von materiellen Wirtschaftsgütern. Allerdings sind sie steuerlich immaterielle und nicht materielle Werte, weil bei ihnen nicht das stoffliche Erzeugnis, sondern die darauf festgehaltene Tonfolge (in der Regel handelt es sich um künstlerische Darbietungen) im Vordergrund steht (ebenso BFH-Urteil vom 28. Mai 1979 I R 1/76, BFHE 128, 367, BStBl II 1979, 734). Wirtschaftlich kommt den einzelnen Tonträgern eine selbständige Bedeutung zu. So wendet der Hersteller auf den einzelnen Tonträger in der Regel erhebliche finanzielle Mittel zu seiner Herstellung auf. Der einzelne Tonträger dient der einmaligen oder wiederholten Herstellung von Vervielfältigungsstücken. Auch erfolgen auf den einzelnen Tonträger Zahlungen Dritter, z. B. der Rundfunkanstalten. Schließlich ist der Tonträger in Verbindung mit den sich daran anknüpfenden Leistungsschutzrechten auch rechtlich verselbständigt. Denn die Leistungsschutzrechte sind einzeln übertragbar und vererblich (vgl. v. Gamm, Urheberrechtsgesetz 1968, § 85 Anm. 3). Es besteht nach § 85 Abs. 2 UrhG eine Schutzfrist von 25 Jahren. Aufgrund dieser Besonderheiten kann der Senat der Klägerin nicht folgen, die in den Tonträgern lediglich geschäftswertähnliche Güter sieht, die nur im Rahmen einer Gesamtbewertung zu erfassen seien. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei den Tonträgern vielmehr um selbständig abgrenzbare Wirtschaftsgüter.
5. Der Erfassung der Tonträger bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens steht auch nicht die Befreiungsregelung des § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG entgegen. Denn die der Klägerin nach § 85 UrhG an ihren Tonträgern zustehenden Leistungsschutzrechte sind keine Urheberrechte im Sinne dieser Vorschriften. Auch kann die Klägerin als Kapitalgesellschaft die Steuerbefreiung für ihre Leistungsschutzrechte nicht in Anspruch nehmen.
a) Nach § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG sind außer den Erfindungen und den Originalen urheberrechtlich geschützter Werke Urheberrechte begünstigt. Diese Vorschrift geht zurück auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 des Reichsbewertungsgesetzes (RBewG) 1925. Danach gehörten neben den nicht geschützten Erfindungen Werke der bildenden Kunst, des Schrifttums und der Tonkunst sowie Urheberrechte an solchen Werken nicht zum sonstigen Vermögen, wenn sie im Eigentum des Urhebers selbst oder im Falle des Todes des Urhebers im Eigentum der Ehefrau oder seiner Kinder standen. Eine Ausnahme galt, wenn die Erfindungen oder Urheberrechte einem Dritten zur Ausnutzung überlassen wurden. Diese Regelung wurde im wesentlichen unverändert in § 58 Abs. 1 Nr. 1 RBewG 1931 und § 67 Nr. 5 RBewG 1934 übernommen. Durch das Bewertungsänderungsgesetz 1963 vom 10. August 1963 wurde die Begünstigung auf geschützte Erfindungen ausgedehnt und die bisherige Steuerpflicht im Falle der Nutzungsüberlassung an Dritte aufgehoben. Mit diesem Inhalt wurde die Regelung in das BewG 1965 übernommen. Sinn und Zweck dieser Regelung war es von Anfang an, den Erfinder und Urheber (und ihre nächsten Familienangehörigen) in bezug auf ihre persönlichen geistigen Schöpfungen von der Besteuerung freizustellen. Die Steuerfreiheit tritt auch ein, wenn die Erfindung oder das Urheberrecht beim Erfinder oder Urheber selbst oder nach ihrem Tode bei der Ehefrau oder den Kindern zum Betriebsvermögen gehört (§ 101 Nr. 2 Satz 1 BewG).
b) Das dem Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG 1965 zustehende "Leistungsschutzrecht" fällt bereits nach seinem Wortsinn nicht unter die Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG; denn es ist kein "Urheberrecht". Für nicht zutreffend hält der Senat auch die Auffassung der Klägerin, § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG beziehe mit der Erwähnung der Urheberrechte alle nach dem UrhG 1965 geschützten Rechtspositionen in seinen Regelungsinhalt mit ein. Für diese Annahme gibt es im BewG keine Anhaltspunkte. Schließlich kann der Senat der Auffassung der Klägerin auch darin nicht folgen, das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers nach dem UrhG 1965 sei deshalb ein Urheberrecht nach § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG, weil es zu den im UrhG 1965 geregelten "verwandten Schutzrechten" gehöre. Zwar gibt das BewG dem Begriff "Urheberrecht" keinen eigenen steuerrechtlichen Inhalt. Es ist deshalb auf außersteuerrechtliche Bestimmungen zurückzugreifen; das ist im Streitfall das UrhG vom 9. September 1965. Dieses Gesetz unterscheidet aber in seinem Aufbau zwischen den Urheberrechten und den verwandten Schutzrechten. So sind die Urheberrechte im ersten Teil (§§ 1-69) und die verwandten Schutzrechte im zweiten Teil (§§ 70-87) des Gesetzes geregelt. Das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte unterscheiden sich voneinander dadurch, daß beim Urheberrecht der Schutz der eigenen schöpferischen Gestaltung im Mittelpunkt steht, während bei den verwandten Schutzrechten im allgemeinen die eigene urheberrechtsschutzfähige Gestaltung fehlt; die vom Gesetz als schutzwürdig erachtete Leistung bezieht sich vielmehr allein auf die Wiedergabe und Auswertung eines fremden Urheberrechtswerks. Die Aufnahme der verwandten Schutzrechte in das UrhG 1965 beruht weitgehend auf der historischen Entwicklung (vgl. dazu im einzelnen v. Gamm, a. a. O., Einführung Anm. 30, sowie Ulmer, a. a. O., S. 15-18, 533). Gleichwohl ist nach v. Gamm, der insoweit die Begründung zum Regierungsentwurf zitiert, rechtsdogmatisch eine klare Trennungslinie zwischen dem Schutz der schöpferischen Leistung des Urhebers und dem Schutz der das geschaffene Werk wiedergebenden Leistung des ausübenden Künstlers sowie der mehr technisch-wirtschaftlichen Leistung der Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen zu ziehen. Das habe zur Folge, daß - ungeachtet der gemeinsamen Regelung in einem gemeinsamen Gesetz und der Bezeichnung als verwandte Schutzrechte - urheberrechtliche Normen und Grundsätze auf die Leistungsschutzrechte auch nicht entsprechend angewendet werden könnten.
c) Der Senat läßt die Frage offen, ob es einzelne im UrhG 1965 als verwandte Schutzrechte geregelte Rechtspositionen gibt, die Urheberrechte i. S. des § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG sein können (vgl. Ulmer, a. a. O., S. 18). Das in § 85 UrhG geregelte Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers gehört jedenfalls dazu nicht. Denn zwischen einem Urheberrecht und dem Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers bestehen grundsätzliche Unterschiede, die es unter Beachtung von Sinn und Zweck der Regelung des § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG nicht zulassen, das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers dem Urheberrecht gleichzustellen. Nach § 11 UrhG schützt das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werks. Werk im Sinne des UrhG sind nur persönliche geistige Schöpfungen (§ 2 Abs. 2). Inhalt des Urheberrechts sind sowohl das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12-14) als auch vermögensrechtliche Verwertungsrechte (§§ 15 ff.), hier insbesondere nach §§ 16 und 17 das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht. Das Urheberrecht ist ein Immaterialgüterrecht. Dementsprechend ist das Urheberrecht zwar vererblich (§ 28) und im Wege der Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder einer Erbauseinandersetzung übertragbar (§ 29 Satz 1), im übrigen aber unübertragbar (§ 29 Satz 2). Die Einräumung und Übertragung von Verwertungsrechten ist zulässig (§ 31). Demgegenüber räumt § 85 UrhG dem Tonträgerhersteller nichts weiter ein als das Recht, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten. Es wird weder eine eigene schöpferische Gestaltung verlangt noch wird sie geschützt. Die als schutzwürdig erachtete Leistung bezieht sich allein auf die Wiedergabe und Auswertung eines fremden Werkes. Auch wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, daß bei der Aufnahme von Tönen auf Tonträgern in der Regel eine künstlerische Fähigkeit und Ausdruckskraft erforderlich ist, wird das "Werk" des Tonträgerherstellers vom UrhG nicht als Urheberrecht, sondern lediglich als verwandtes Schutzrecht eingestuft. Der Schutz der Hersteller von Tonträgern ist seinem Wesen nach der Schutz einer besonderen gewerblichen Leistung aufgrund eigener umfangreicher wirtschaftlicher und technischer Aufwendungen zur Auswertung eines fremden Werkes. Persönlichkeitsrechtliche Interessen der Hersteller scheiden aus. Es geht dabei ausschließlich um Vermögensinteressen in bezug auf eine ungestörte Auswertung und Ausnutzung der eigenen Leistung. Ihrem Wesen nach handelt es sich bei der Herstellung eines Tonträgers nicht um eine geistig-schöpferische, sondern um eine wettbewerbsrechtliche (Unternehmer-) Leistung, die in den wirtschaftlichen und technischen Aufwendungen sowie in der Risikoübernahme bei der Herstellung und Verbreitung des Tonträgers liegt. Es ist ein reines Vermögensrecht, dem kein persönlichkeitsrechtlicher Gehalt zukommt (so im einzelnen v. Gamm, a. a. O., Einführung Anm. 37 und § 85 Anm. 1 und 3). Dementsprechend ist das Leistungsschutzrecht im Gegensatz zum Urheberrecht als Ganzes zu vollem Recht vererblich und übertragbar. Der Hinweis der Klägerin auf die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte betrifft somit nur einen Teilbereich, auf dem das Urheberrecht und das Schutzrecht aus § 85 UrhG miteinander übereinstimmen. Außerdem fehlt es aber an einer Übereinstimmung von Urheberrecht und Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers.
d) Die Vergünstigung des § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG kann nur von natürlichen Personen in Anspruch genommen werden. Nur natürliche Personen können geistig-schöpferisch tätig sein. Kapitalgesellschaften können nicht Erfinder oder Urheber sein. Sie sind deshalb von der Vergünstigung ausgeschlossen (vgl. Urteil in BFHE 81, 607, BStBl III 1965, 219). Dafür spricht auch, daß die Steuerbefreiung für Urheber und Erfinder vom Gesetz im Rahmen des sonstigen Vermögens geregelt ist. § 101 BewG macht sie sich nur für den Fall zu eigen, daß Erfindungen oder Urheberrechte beim Erfinder oder Urheber selbst oder nach deren Tode bei der Ehefrau oder den Kindern zum Betriebsvermögen gehören. Sonstiges Vermögen können aber nur natürliche Personen haben. Kapitalgesellschaften haben kein sonstiges Vermögen, sondern Betriebsvermögen nach § 97 BewG. Der BMF weist in seiner Stellungnahme allerdings zu Recht darauf hin, daß nach § 101 Nr. 2 Satz 2 BewG auch Kapitalgesellschaften Inhaber von Geistesschöpfungen (Erfindungen) sein können. Es handelt sich dabei aber um eine Sonderregelung bei Arbeitnehmererfindungen, die darin ihren Grund hat, daß eine Arbeitnehmererfindung in der Regel auf der Zusammenarbeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber beruht (vgl. dazu Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., § 101 Anm. 25). Auf Urheberrechte ist diese Regelung nicht analog anwendbar.
6. Die Tonträger sind nach § 109 Abs. 1 BewG mit dem Teilwert zu bewerten. Das heißt, sie sind mit dem Betrag anzusetzen, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, daß der Erwerber das Unternehmen fortführt (§ 10 BewG). Grundsätzlich ist jeder Tonträger einzeln zu bewerten (§ 109 Abs. 4 BewG, seit 1974: § 98 a BewG), jedoch dürfte es nicht zu beanstanden sein, wenn zum Zwecke der Wertermittlung Tonträger mit gleichen Merkmalen zu Gruppen zusammengefaßt werden (vgl. das zum Ansatz und zur Bewertung von Musikverlagsrechten ergangene Urteil des Reichsfinanzhofs vom 4. Juni 1942 III 89/40, RStBl 1942, 892). Dazu ist es notwendig, daß die Finanzverwaltung im Benehmen mit den beteiligten Wirtschaftskreisen Richtlinien entwikkelt, um innerhalb des Wirtschaftszweiges der Tonträgerhersteller die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten.
7. Im vorliegenden Fall hat das FA den Wert der Tonträger mit 1/3 der Aufnahmekosten aus dem Vorjahr geschätzt. Dieser Schätzung liegen Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zugrunde, die auf einer gruppenweisen Zusammenfassung der Tonträger und einer gestaffelten Verwertungsdauer der einzelnen Gruppen beruhen. Die Klägerin hat sich zwar - erstmals in der Revisionsinstanz - auch gegen den Ansatz der Tonträger unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens eines Wirtschaftsguts (bewertungsfähigen Werts) gewandt. Gegen die Art und Weise der unter ihrer eigenen Mitwirkung vorgenommenen Schätzung hat sie jedoch im gesamten Verfahren keine substantiierten Einwendungen erhoben. Dem Senat als Revisionsinstanz war es deshalb verwehrt, sich zu der angewandten Schätzungsmethode des FA zu äußern (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 10. Aufl., § 162 AO 1977 Anm. 10).
Fundstellen
Haufe-Index 74887 |
BStBl II 1984, 190 |
BFHE 1984, 299 |
GRUR 1984, 586 |