Leitsatz (amtlich)
Zahlt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei dessen Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze einen der Höhe nach entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelten Geldbetrag, so kann in dem einmaligen Bezug eine Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit liegen, die nach § 34 Abs. 3 EStG auf drei Jahre zu verteilen ist.
Normenkette
EStG 1971 § 34 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt im Streitjahr 1973 bei seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis wegen Erreichens der Altersgrenze von seinem Arbeitgeber eine einmalige Zahlung in Höhe von drei Monatsgehältern. Damit wurde einer betrieblichen Übung entsprochen, nach der Arbeitnehmern bei ihrem Eintritt in den Ruhestand ab einer Mindestzugehörigkeit zum Betrieb eine nach deren Dauer gestaffelte einmalige Zahlung gewährt wird.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) lehnte es ab, den Betrag entsprechend dem Antrag des Klägers nach § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1971 (EStG) auf drei Jahre zu verteilen (Einkommensteuerbescheid für 1973 vom 3. Juni 1974).
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab, weil es sich bei der einmaligen Zahlung in Höhe von drei Monatsgehältern nicht um die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG handele.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 34 Abs. 3 EStG. Er meint, es müsse für die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 EStG genügen, wenn der Steuerpflichtige die Vergütung nur deshalb erhalten habe, weil er über eine bestimmte Zeit in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Auf die dem Kläger im Streitjahr geleistete einmalige Zahlung ist § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden.
Nach dieser Vorschrift können Einkünfte, die die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt, zum Zwecke der Einkommensteuerveranlagung auf die Jahre verteilt werden, in deren Verlauf sie erzielt wurden, und als Einkünfte eines jeden dieser Jahre angesehen werden, vorausgesetzt, daß die Gesamtverteilung drei Jahre nicht überschreitet. Sinn dieser Regelung ist es, die Tarifprogression bei zusammengeballter Entlohnung für die Tätigkeit mehrerer Jahre zum Teil zu beseitigen. Die steuerliche Belastung soll möglichst nicht höher sein, als wenn dem Steuerpflichtigen die Geldleistung verteilt auf mehrere Jahre zugeflossen wäre (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. Juli 1974 VI R 116/72, BFHE 113, 40, BStBl II 1974, 680, mit weiteren Nachweisen). Dabei werden von dieser Vergünstigung nicht nur nachzuzahlende Arbeitslöhne erfaßt, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat und die schon deshalb zurückliegende Lohnzahlungszeiträume betreffen. Vielmehr sind als Entlohnung im vorgenannten Sinne auch freiwillige Leistungen zu verstehen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1971 VI R 258/68, BFHE 103, 339, BStBl II 1971, 802).
Zu Unrecht hat das FG eine Verteilung des in einer Summe gezahlten Betrages nach § 34 Abs. 3 EStG mit der Begründung versagt, die Zahlung sei für die bevorstehende Übergangszeit erfolgt und betreffe schon deshalb nicht die zurückliegende mehrjährige Tätigkeit des Klägers; denn es bestehen keine Anhaltspunkte, aufgrund deren die einmalige Zahlung als Einnahme für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu beurteilen wäre. Der Arbeitgeber wollte keine künftigen Leistungen des Klägers honorieren. Er schuldete dem Kläger für die Zeit nach dessen Ausscheiden, von Versorgungsbezügen abgesehen, keine weiteren Leistungen. Mit den Versorgungsbezügen steht aber der Einmalbetrag -- wie das FG ausführt -- in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang, weil es schon an einer entsprechenden Abstimmung der Zahlung fehlt.
Der Hinweis des FG auf die Behandlung des sog. Übergangsgeldes nach §§ 62 bis 64 des Bundes-Angestelltentarifvertrags -- BAT -- (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 21. August 1974 VI R 243/71, BFHE 113, 370, BStBl II 1975, 62) führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Zahlungen werden aufgrund der Regelung in § 64 BAT (vgl. auch § 63 Abs. 5 BAT) ausdrücklich für bestimmte nach dem Ausscheiden des Angestellten liegende Zeiträume geleistet. Hieran fehlt es im Streitfall. Im Gegensatz zur Meinung des FG kann der einmalige Bezug aber nicht allein deswegen einem Übergangsgeld im Sinne der Regelung des BAT gleichgestellt werden, weil die Zahlung tatsächlich die finanzielle Lage des Klägers beim Eintritt in den Ruhestand verbesserte.
Kann die einmalige Geldleistung aber keinen Zeiträumen nach Beendigung des Dienstverhältnisses zugeordnet werden, so steht sie notwendigerweise wirtschaftlich mit dem Jahr des Zuflusses oder den zurückliegenden Dienstjahren in Zusammenhang. Im vorliegenden Fall spricht für den Zusammenhang mit der in der Vergangenheit geleisteten Arbeit, daß nach der bestehenden betrieblichen Übung der bei der Pensionierung in einer Summe geleistete Betrag, der Höhe nach gestaffelt, von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhing. Für seine Auszahlung beim Eintritt in den Ruhestand bestanden auch vernünftige Gründe. Denn diese Regelung bot gleichzeitig einen Anreiz für die Arbeitnehmer, bis zu diesem Zeitpunkt ihr Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber fortzusetzen.
Das Urteil der Vorinstanz, das mit den vorstehenden Grundsätzen nicht übereinstimmt, ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der einmalige Bezug ist, wie vom Kläger beantragt, auf die Jahre 1964 bis 1966 für die Zwecke der Steuerberechnung zu verteilen.
Fundstellen
Haufe-Index 74678 |
BStBl II 1983, 575 |
BFHE 1983, 454 |