Ermäßigte Besteuerung bei Überstundenvergütung

Werden Überstundenvergütungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten geleistet, ist die Lohnsteuer nach der sogenannten Fünftelregelung zu ermäßigen. Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs hervor.

Werden Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit nicht laufend, sondern in einer Summe ausgezahlt, führt der progressiv ansteigende Lohnsteuertarif zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Steuer(mehr)belastung. Um diese Wirkung beim zusammengeballten Zufluss von Lohnnachzahlungen zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung dieser Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor (sogenannte Fünftelregelung).

Fünftelregelung: Voraussetzung ist eine mehrjährige Tätigkeit

Eine Tätigkeit ist mehrjährig, soweit sie

  • sich über mindestens zwei Steuerveranlagungszeiträume erstreckt und
  • einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz EStG).

Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Lohneinkünften zusammentrifft. Die Entlohnung muss vielmehr ein Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und Veranlagungs­zeitraum-übergreifend geleistet werden. Darüber hinaus muss die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen.

BFH entscheidet über ermäßigte Besteuerung der Überstundenvergütung

In einem aktuellen Streitfall beim Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 02.12.2021 - VI R 23/19) hatte der Kläger über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden dem Kläger die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif.

Das Finanzgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Der BFH hat nun die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Die im Streitjahr ausgezahlten Überstundenvergütungen sind nach der sogenannten Fünftelregelung ermäßigt zu besteuern.

Ermäßigte Besteuerung auch für variable Lohnbestandteile

Die Tarifermäßigung findet nach Auffassung des BFH nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen - hier in Form der Überstundenvergütungen - Anwendung. Hier wie dort sei allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten Veranlagungs­zeitraum-übergreifend geleistet worden ist.

Im Streitfall lagen auch wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Zusammenballung vor, denn die Abgeltung der Überstunden erfolgte aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Tipp: Ermäßigte Besteuerung durch Fünftelregelung

Bei der Fünftelregelung wird die Nachzahlung so behandelt, als würde sie über fünf Jahre verteilt zufließen. Dazu wird bei der Berechnung der Steuer ein Fünftel der einmaligen Einnahme zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Die Differenz zwischen diesem Betrag und dem (normalen) Steuerbetrag ohne einmalige Einnahme wird mit fünf multipliziert und ergibt den Steuerbetrag für die gesamte einmalige Einnahme.

Die Fünftelregelung auf eine Nachzahlung kann grundsätzlich bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet werden (§ 39b Abs. 3 Satz 9 EStG).


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