Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenverbrauch durch private PKW-Nutzung
Leitsatz (amtlich)
Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung eines Verwendungseigenverbrauchs können nicht im Wege einer Schätzung unterstellt werden.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 10 Abs. 4 Nr. 2; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a; AO 1977 § 162
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Dok.-Nr. 0550473; EFG 1999, 405) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt eine Zimmerei. Im Rahmen seines Unternehmens nutzte er einen PKW. Ein Fahrtenbuch führte er nicht.
In seiner Steuererklärung für das Streitjahr 1996 setzte der Kläger für die private PKW-Nutzung einen Wert von 2 320 DM an. Dabei ging der Kläger von dem Entnahmewert der PKW-Nutzung (monatlich 1 v.H. des Listenpreises des PKW) gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus und legte ihn ―nach einem Abzug für nicht mit Vorsteuer belastete Kosten und einem weiteren Abzug für die im Listenpreis enthaltene Umsatzsteuer― als Bemessungsgrundlage für die "Entnahme von sonstigen Leistungen" zugrunde.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hielt den Abzug für die im Listenpreis enthaltene Umsatzsteuer nicht für gerechtfertigt und erhöhte dementsprechend den Wert der privaten Kfz-Nutzung um 349 DM (Umsatzsteuerbescheid vom 27. November 1997).
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg; das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, das FA habe in unzulässiger Art und Weise Umsatzsteuer auf Umsatzsteuer erhoben.
Gegen das Urteil des FG wendet sich das FA mit der Revision. Es rügt Verletzung materiellen Rechts und meint, der Umstand, daß der Ausgangswert für seine Wertermittlung (der Listenpreis des PKW) Umsatzsteuer enthalte, ändere nichts daran, daß mit dieser Wertermittlung lediglich Kosten ―und damit Werte ohne Umsatzsteuer― geschätzt würden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat weder festgestellt, daß der PKW, um dessen private Nutzung es geht, zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, noch hat es die Kosten der Nutzung des PKW festgestellt, soweit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt haben; demzufolge hat es diese auch nicht entsprechend der Vorschrift des § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die unternehmerischen Fahrten und die Privatfahrten aufgeteilt.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993 a.F.) unterliegen der Umsatzsteuer sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen. Hierunter fällt auch die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG ―Richtlinie 77/388/EWG―). Der Steuerpflichtige kann sich auf die Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG berufen, soweit sie die Besteuerung des sog. Verwendungseigenverbrauchs vom vorherigen Vorsteuerabzug abhängig macht (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Mai 1993 C-193/91 ―Mohsche―, Slg. 1993, I-2615, BStBl II 1993, 812).
Der vom FG festgestellte Sachverhalt läßt nicht erkennen, ob der PKW, um dessen private Nutzung es geht, zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat. In der Einspruchsentscheidung behauptet das FA zwar, das zum Betriebsvermögen gehörende Fahrzeug sei zum Listenpreis von 27 865 DM erworben worden; nach den Bilanzunterlagen dürfte es sich jedoch um einen VW Jetta handeln, den der Kläger im Streitjahr zum Preis von 8 750 DM gebraucht gekauft hat. Das FG hätte deshalb zunächst ermitteln müssen, ob der Kläger für den PKW, um dessen private Nutzung es geht, einen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung eines Verwendungseigenverbrauchs können nicht im Wege einer Schätzung unterstellt werden.
Die Vorentscheidung ist bereits aus diesem Grunde aufzuheben.
2. Liegt ein steuerpflichtiger Verwendungseigenverbrauch vor, ist dieser mit den bei Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, zu versteuern (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1993 a.F.; Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 11. März 1999 V R 78/98, BFHE 188, 160, Betriebs-Berater ―BB― 1999, 1045). Hierzu sind zunächst die entsprechenden Betriebskosten des PKW, für die der Kläger den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, zu ermitteln und dann im Schätzungswege auf die unternehmerischen Fahrten und die Privatfahrten aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 188, 160, BB 1999, 1045).
3. Liegt kein steuerpflichtiger Verwendungseigenverbrauch vor, sind die Leistungsbezüge (die laufenden Betriebskosten des Fahrzeugs) in unmittelbarer Anwendung des § 15 Abs. 1 UStG auf die unternehmerischen Fahrten und die Privatfahrten aufzuteilen.
Fundstellen
Haufe-Index 56588 |
BFH/NV 1999, 1575 |
BFHE 188, 460 |
BFHE 1999, 460 |
BB 1999, 1646 |
BB 2000, 187 |
DB 1999, 1788 |
DStR 1999, 1265 |
DStRE 1999, 680 |
DStZ 1999, 800 |
HFR 1999, 830 |
UR 1999, 366 |