Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
über das Verhältnis von Einheitswertverfahren und Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren bei Anwendung der Einfamilienhaus-VO.
EStG § 21 Abs. 2; Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2; EinfHausVO 2
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) bewohnt seit Februar 1952 mit seiner Familie ein Haus, das er durch den Vertrag vom 10. November 1951 für 10.000 DM gekauft hatte. Es befindet sich auf dem Grund und Boden des Hospitalfonds. Der Vorbesitzer hatte im Jahre 1949 von dem Hospitalfonds zunächst auf 10 Jahre 400 qm als Baugelände zur Errichtung eines "Behelfsheims" gegen einen Pachtzins von 80 DM jährlich gepachtet. Der Bf. trat zu denselben Bedingungen in den Pachtvertrag ein. Das Finanzamt bewertete das Haus durch Bescheid vom 1. März 1954 auf den 1. Januar 1951 als Einfamilienhaus; der Einheitswert wurde auf 5.200 DM festgestellt; der Bescheid wurde dem Vorbesitzer zugestellt. Am 17. September 1956 nahm das Finanzamt wegen des Besitzwechsels gegenüber dem Bf. eine Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1952 vor. Für 1952 und 1953 hatte das Finanzamt entsprechend den Steuererklärungen des Bf. zunächst Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 1.097 DM und 865 DM veranlagt; für 1954 erklärte der Bf. ebenfalls einen Verlust von 2.652 DM. Wegen der inzwischen eingegangenen Zurechnungsfortschreibung vom 17. September 1956 ermittelte das Finanzamt für 1952 bis 1954 auf Grund der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 - Einfamilienhaus-VO - (RGBl 1937 I S. 99, RStBl 1937 S. 161) einen überschuß mit je (3,5 v. H. von 5.200 DM =) 182 DM.
Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus: Die Berichtigungsveranlagungen für 1952 und 1953 seien nach § 218 der Reichsabgabenordnung (AO) zulässig gewesen, nachdem das Finanzamt die Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1952 erhalten habe. Der Mietwert des Hauses habe auch nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt werden müssen. Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Bf. gegenüber der Einheitswert vom 1. Januar 1951 rechtswirksam festgestellt sei; denn diese Frage könne nur im Einheitswertverfahren geprüft werden. Dringe der Bf. dort mit seiner Auffassung durch, so würden die streitigen Veranlagungen gemäß § 218 AO von Amts wegen geändert.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Nach § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit der Einfamilienhaus-VO, die rechtsgültig ist (Urteil des Senats VI 23/55 S vom 25. Januar 1957, BStBl 1957 III S. 131, Slg. Bd. 64 S. 345; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 488/57 vom 3. Dezember 1958, BStBl 1959 I S. 68), muß der Mietwert einer Wohnung im eigengenutzten Einfamilienhaus mit einem Vomhundertsatz des Einheitswerts bemessen werden. Die Feststellung, ob das Haus ein Einfamilienhaus ist, welchen Wert es hat und wem es auf einen bestimmten Stichtag zuzurechnen ist, ist im Verfahren über die Einheitsbewertung des Grundstücks (§§ 214, 216 AO) zu treffen. Die Feststellungen sind für das Einkommensteuer- Veranlagungsverfahren bindend (§ 218 AO); die Einkommensteuer ist insoweit, weil sie zwingend an den Einheitswert anknüpft, eine sogenannte Einheitswertsteuer. Im Einkommensteuer- Veranlagungsverfahren ist nur noch zu prüfen, ob der Steuerpflichtige das als Einfamilienhaus bewertete Haus selbst genutzt hat.
Im vorliegenden Fall hat der Bf. das Haus mit seiner Familie gewohnt. Seine Einwendungen richten sich ausschließlich gegen die im Einheitswertbescheid getroffenen Feststellungen. Damit kann aber, wie das Finanzgericht zutreffend angenommen hat, der Bf. in diesem Verfahren nicht gehört werden. Es ist zweifelhaft, ob das Finanzamt im Jahre 1954 den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1951 noch mit Wirkung gegenüber dem Bf. dem Vorbesitzer zustellen konnte, nachdem der Besitzwechsel bereits Ende 1951 stattgefunden hatte (vgl. Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 20. Mai 1936, RStBl 1936 S. 565; Urteil des Reichsfinanzhofs III 268/37 vom 12. Mai 1938, RStBl 1938 S. 529; Urteil des Bundesfinanzhofs III 41/56 S vom 27. April 1956, BStBl 1956 III S. 203, Slg. Bd. 63 S. 21; Schmitt-Degenhardt / Gruß / Lindner, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., 1959, S. 82). Es kann auch zweifelhaft sein, ob das Finanzamt die Einwendungen des Bf. nicht mindestens als Antrag auf Wertfortschreibung (§ 225a Abs. 1 Ziff. 2 AO) zum nächstzulässigen Termin hätte auffassen müssen. Aber über alle diese Fragen kann nicht im Einkommensteuerverfahren entschieden werden; sie sind vielmehr im Einheitswertverfahren über das Grundstück zu prüfen. Eine etwa dort zugunsten des Bf. ergehende Entscheidung wird ohne weiteres rückwirkend dem Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren zugrunde gelegt (§ 218 AO).
Die Einwendungen des Bf., er habe entgegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland keine rechtliche Möglichkeit gehabt, die Entscheidung des Finanzamts im Einheitswertverfahren richterlich prüfen zu lassen, trifft demnach nicht zu. Er kann im Einheitswertverfahren alle seine Einwendungen, auch die gegen die Art und Höhe der Bewertung des Hauses, erheben, wie das Finanzgericht bereits zutreffend bemerkt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 409427 |
BStBl III 1959, 330 |
BFHE 1960, 179 |
BFHE 69, 179 |