Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung der Umsatzsteuer unter Bemessung des Entgelts aus den Abschlagszahlungen auf eine Leistung ist nicht deshalb unbillig, weil nach den Vorstellungen der Vertragsbeteiligten der Betrag der gesondert auszuweisenden Umsatzsteuer nicht in diesen Abschlagszahlungen enthalten sei, sondern erst auf die Abschlußzahlung entfallen sollte und eine solche nicht mehr erfolgt ist.
Normenkette
UStG 1967 §§ 10, 13; AO 1977 § 227
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin hatte in der Zeit von 1972 bis Frühjahr 1974 an die X Baustoff GmbH & Co. KG Bauleistungen in Höhe von insgesamt 1 714 608,64 DM erbracht. In der auf diesen Betrag lautenden Schlußrechnung vom 24. April 1974 war die Umsatzsteuer mit 169 916,76 DM (11 v. H.) ausgewiesen. Auf die von ihr erbrachten Bauleistungen hatte die Klägerin von der X Baustoff GmbH & Co. KG Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 1 197 410,75 DM erhalten. Mit der verbleibenden Restforderung von 517 197,89 DM ist sie im Konkurs der X GmbH & Co. KG (August 1974) voll ausgefallen. In der Umsatzsteuerjahreserklärung 1974 ist als Bemessungsgrundlage für die Bauleistungen an die X Baustoff GmbH & Co. KG der von dieser durch Abschlagszahlungen gezahlte Betrag (1 197 410,75 DM) enthalten. Die darauf entfallende Umsatzsteuer beläuft sich auf 118 622,55 DM.
Den nach Bestandskraft der Umsatzsteuerveranlagung 1974 beantragten Erlaß des vorgenannten Steuerbetrages hat das Finanzamt abgelehnt. Mit der nach Zurückweisung der Beschwerde erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, das Finanzamt zu diesem Steuererlaß zu verpflichten.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin das Klagebegehren weiter. Sie rügt unrichtige Anwendung des § 227 der Abgabenordnung (AO 1977): Nach der bis zum Inkrafttreten des Umsatzsteuergesetzes 1980 maßgebenden gesetzlichen Regelung sei die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstanden, in dem die Bauleistungen gegenüber der X Baustoff GmbH & Co. KG abgeschlossen gewesen seien (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG 1967). Da dies im Frühjahr 1974 der Fall gewesen sei, habe die Klägerin den Umsatzsteuerbetrag erst in die im April 1974 der X Baustoff GmbH & Co. KG übersandte Schlußrechnung aufnehmen können. Dieser Zeitpunkt sei zusammengetroffen mit dem der Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft. Da in dem Forderungsausfall von insgesamt 517 197,89 DM die für den Gesamtauftrag in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (169 916,72 DM) enthalten gewesen sei, beinhalte die Geltendmachung der Steuerforderung, die nach Berichtigung der Bemessungsgrundlage wegen des Forderungsausfalls letztlich noch in Höhe von 118 622,25 DM verblieben sei (§ 17 Abs. 2 UStG 1967), eine sachliche Härte. Dies ergebe sich auch daraus, daß der Gesetzgeber im Umsatzsteuergesetz 1980 eine Regelung getroffen habe, derzufolge der Unternehmer bei Abschlagszahlungen berechtigt und - bei solchen über 10 000 DM sogar verpflichtet - sei, die zufolge § 13 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 3 UStG 1980 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums nach Vereinnahmung derselben entstehende Umsatzsteuer dem Leistungsempfänger in Rechnung zu stellen. Damit sei der Gesetzgeber den Auswirkungen, daß die nach Maßgabe der Abschlagszahlungen letztlich verbleibende Steuerforderung bei später eintretender Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers auf diesen nicht mehr zu überwälzen sei, entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat auf ihre Bauleistungen den Betrag von 1 197 410,75 DM erhalten. Mit einem Restbetrag von 517 197,89 DM ist sie im Konkurs des Leistungsempfängers, der X Baustoff GmbH & Co. KG ausgefallen. Da der Werklohn in dieser Höhe uneinbringlich geworden ist, ist die Bemessungsgrundlage in gleichem Umfang gemäß § 17 Abs. 2 UStG 1967 berichtigt worden. Diese Vorschrift führt den bereits im Umsatzsteuergesetz 1951 geltenden Grundsatz fort, daß Umsätze nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert werden sollen, die sich aufgrund der letztlich vom leistenden Unternehmer vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. zuletzt Beschluß vom 10. März 1983 V B 46/80, BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389). Dementsprechend hat das Finanzamt die von der X Baustoff GmbH & Co. KG erbrachte und von der Klägerin vereinnahmte Gegenleistung zur Berechnungsgrundlage der Umsatzsteuer gemacht. Die hierauf entfallende Umsatzsteuer wurde mit 118 622,25 DM angesetzt.
Die Klägerin begründet den von ihr erstrebten Billigkeitserlaß (§ 227 AO 1977) damit, der von der X Baustoff GmbH & Co. KG nicht gezahlte Werklohnteil (517 197,89 DM) habe die auf den vereinbarten Werklohn (1 714 608,64 DM) entfallende Umsatzsteuer umfaßt. Da sie diese somit von der X Baustoff GmbH & Co. KG nicht erhalten habe, sei die Geltendmachung des Steueranspruchs sachlich unbillig. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Der von der X Baustoff GmbH & Co. KG der Klägerin geschuldete Werklohn ist der bürgerlich-rechtliche Preis; aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht umfaßt dieser den Nettowerklohn und die darauf entfallende Umsatzsteuer (vgl. § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1967). Der Auftraggeber - und umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfänger - tilgt die gegenüber dem Leistenden bestehende Schuld, indem er den bürgerlichrechtlichen Preis (Werklohn) erlegt (vgl. Urteil des BFH vom 4. März 1982 V R 107/79, BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309, mit Hinweisen), auch wenn die Schuld nicht in einem Betrag - sondern vereinbarungsgemäß in Teilbeträgen (Abschlagszahlungen und Restzahlung) - entrichtet werden soll. Denn die Abschlagszahlungen entfallen anteilig auch auf die Umsatzsteuer. Die Tilgung des vereinbarten Preises in der Weise, daß die geleisteten Zahlungen zu bestimmten Teilen nur auf den Nettowerklohn und zu anderen auf die anteilige Umsatzsteuer entfallen sollen, ist mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung nicht möglich. Die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach der vom Leistungsempfänger erbrachten Gegenleistung, also dessen tatsächlichem Aufwand. Deshalb ist sie unabhängig von jedweder Vereinbarung über die Art und Weise der Anrechnung auf einzelne Preisbestandteile.
Da im Umfang der aufgewendeten Gegenleistung eine bürgerlich-rechtliche Schuld getilgt worden ist, welche - wie sich aus § 10 Abs. 1 UStG 1967 ergibt - die auf die Gegenleistung entfallende Umsatzsteuer umfaßt, war die Umsatzsteuer aus dem von dem Leistungsempfänger gezahlten Betrag herauszurechnen. Die Klägerin als leistender Unternehmer wird daher zur Umsatzsteuer ausschließlich in dem Umfang in Anspruch genommen, in dem ihr nach den Regeln des Umsatzsteuergesetzes über den zivilrechtlichen Preis Nettowerklohn und "Umsatzsteuer" (als Teil des Bruttopreises) zugeflossen sind. Denn die Bemessungsgrundlage wurde im Umfang der ausgefallenen Restforderung (517 197,98 DM) berichtigt (§ 17 Abs. 2 UStG 1967). Ein Fall nicht gelungener Überwälzung liegt nach den Wertungen des Gesetzgebers somit nicht vor. Damit scheidet eine in der Geltendmachung des Steueranspruchs liegende sachliche Unbilligkeit aus. Dieses Ergebnis wird durch die Neuregelung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG 1980 nicht berührt.
Fundstellen
Haufe-Index 74860 |
BStBl II 1984, 120 |
BFHE 1984, 319 |