Leitsatz (amtlich)
Als eine Schenkung von Grundvermögen kann es zu beurteilen sein, wenn der Beschenkte ein Grundstück unter Übernahme der auf diesem ruhenden Lasten und der entsprechenden persönlichen Schulden kauft, der bare Kaufpreis aber vom Schenker aufgebracht wird.
Normenkette
ErbStG 1959 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1-2; ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1-2; BewG 1965 § 68 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 516 Abs. 1
Tatbestand
1. Die Klägerin kaufte am 10. Februar 1966 eine Eigentumswohnung in X für 43 000 DM. In Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm sie Grundpfandrechte (19 600 DM). Den Kaufpreisrest von 23 400 DM zahlte ihr Vater für sie.
Die Klägerin macht geltend, ihr Vater habe ihr "kein Geld geschenkt, sondern das Wohnungseigentum". Infolgedessen dürfe bei der Berechnung der Erbschaftsteuer nicht der Nennwert des Geldbetrags (23 400 DM), sondern nur der Einheitswert der Eigentumswohnung (5 100 DM) zugrunde gelegt werden.
2. Der Vater der Klägerin war "an dem Festkapital" der Kommanditgesellschaft Y "mit Wirkung nach außen mit 25 % = 125 000 DM beteiligt". Am 6. Februar 1967 vereinbarte er schriftlich mit der Klägerin, daß er ihr an dieser Beteiligung mit Wirkung vom 1. Januar 1967 "schenkungsweise eine Unterbeteiligung von 16 % an Gewinn und Verlust sowie Liquidationserlös der Hauptbeteiligung" einräume.
Das FA rechnete die beiden der Klägerin angefallenen Vermögensvorteile zusammen und setzte durch Bescheid vom 29. Juli 1969 die Erbschaftsteuer auf 2 281,50 DM fest; den Einspruch wies es zurück. Es bewertete die unter 1) bezeichnete Zuwendung nicht nach dem Einheitswert der Eigentumswohnung, sondern nach dem Nennwert des Kaufpreisrestes. Der Vater habe "nicht den vollen Kaufpreis getragen, sondern zum Erwerb der Eigentumswohnung nur freigebig einen Geldbetrag beigesteuert". Infolgedessen könne weder von der Zuwendung der Eigentumswohnung, noch eines Bruchteils davon die Rede sein. Es liege eine Schenkung unter einer Auflage vor. Die Schenkung unter Auflage sei stets eine Geldschenkung, bei der die Auflage ohne Einfluß auf die Steuerpflicht sei, weil die Auflage die Bereicherung der Bedachten nicht mindere, sondern dem Zweck der Zuwendung diene.
Das FG hat die Klage abgewiesen. Sein Urteil ist in den EFG 1972, 77 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des § 23 Abs. 2 ErbStG 1959. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und "bei der Steuerfestsetzung den Einheitswert der geschenkten Wohnung mit DM 5 100 zugrunde zu legen".
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, damit es erneut verhandle und entscheide (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Das Urteil des FG muß aufgehoben werden, denn es beruht auf unrichtiger Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in der damals geltenden Fassung vom 1. April 1959 (BGBl I 187, BStBl I 159) und des § 516 Abs. 1 BGB. Nach dem damaligen § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959 galt als Schenkung im Sinne des ErbStG "jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts". Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts ist "eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ... wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt" (§ 516 Abs. 1 BGB).
Unrichtig ist die Auffassung des FG, daß- selbst wenn "der Wille der Beteiligten auf die Schenkung einer Eigentumswohnung gerichtet gewesen" sein sollte - der Vater nicht "aus seinem Vermögen" die Klägerin um die Eigentumswohnung bereichert habe, da er nur die Zahlung des Kaufpreisrestes, nicht "auch die dinglich gesicherten Verbindlichkeiten in Höhe von 19 600 DM übernommen" habe. Denn dem Tatbestandsmerkmal "aus seinem Vermögen" ist nicht zu entnehmen, daß nur dann der Gegenstand selbst oder ein (ideeller) Teil von ihm geschenkt sein könne, wenn die gesamten Anschaffungskosten vom Schenker kommen, dagegen umgekehrt nur eine Geldsumme geschenkt sein könne, wenn nur ein Teil des Anschaffungspreises zu Lasten des Schenkers geht (vgl. Urteil des BFH vom 7. April 1976 II R 87 - 89/70, BFHE 119, 300, 303, BStBl II 1976, 632, 633).
Der erkennende Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO), weil die vom FG bisher festgestellten Tatsachen hierfür nicht ausreichen. Insbesondere ist noch nicht festgestellt, was nach dem Willen der Klägerin und ihres Vaters als zugewendet gelten sollte: Die Befreiung der Klägerin von ihrem durch Barzahlung zu tilgenden Teil der Kaufpreisschuld (§ 362 Abs. 1, § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder die Eigentumswohnung zu einem entsprechenden Teil (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1959 II 259/57 S, BFHE 69, 420, BStBl III 1959, 417, mit weiteren Nachweisen; Urteil des BGH vom 11. Juni 1969 VIII ZR 151/67, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1970 S. 19, 21).
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens war dem FG zu übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 72396 |
BStBl II 1977, 663 |
BFHE 1978, 332 |