Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmer, der in den Räumen eines Klubs, welcher Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte zugänglich ist, Heißgetränkeautomaten aufstellt und selbst betreibt, liefert aufgrund eines mit den Stationierungsstreitkräften geschlossenen Automatenaufstellvertrages Waren an Angehörige der Truppe; er kann für diese Lieferungen die Steuerbefreiung aus Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk nicht in Anspruch nehmen.
Normenkette
NATO-ZAbk Art. 67 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt neben dem Tabakwarengroßhandel die Aufstellung von Heißgetränkeautomaten in Gastwirtschaften, Industriebetrieben und Behörden. Er verlangte in den Jahren 1966 bis 1968 pro Becher Heißgetränk 0,30 DM.
Nach Verhandlungen mit Truppenoffizieren der US-Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland durfte er in den Räumen eines für Angehörige dieser Streitkräfte zugänglichen Klubs und in anderen US-Truppenunterkünften insgesamt 30 in seinem Eigentum stehende Heißgetränkeautomaten aufstellen.
Pro Aufstellplatz zahlte er einen einmaligen Betrag von 300 DM. Die Heißgetränkeautomaten gaben für eine US-Münze im Werte von 10 Cent zu damaliger Zeit ca. 0,38 DM bis 0,40 DM einen Becher ab. Die Erlöse aus den Automatenumsätzen teilten der Kläger und der Klub im Verhältnis 75:25 auf, so daß dem Kläger ca. 0,30 DM je Becher verblieben.
Anfangs überließ der Kläger die Schlüssel für die Automaten einem Angestellten des Klubs. Dieser hatte die Automaten mit der vom Kläger übergebenen Ware zu füllen, die eingeworfenen Geldbeträge zu entnehmen und dem Kläger herauszugeben. Schon nach kurzer Zeit erhielt der Kläger wegen eingetretener Unzuträglichkeiten einvernehmlich den alleinigen Zugang zu den Automaten. Er erhielt die Schlüssel zurück und besorgte das Auffüllen der Automaten sowie die Entnahme des Geldes selbst. Dem Verwalter des Klubs war gestattet, die Geldentnahmen stichprobenweise zu kontrollieren. Die entnommenen Geldbeträge zahlte der Kläger zu Hause ab, verpackte sie in Rollen und über gab sie dem Klub. In Höhe von 75 v. H. des abgelieferten Betrages erhielt er vom Klub einen DM- oder Dollar-Scheck.
Die Automatenware stellte der Kläger dem Klub nicht in Rechnung. Der Diebstahl von Geld, der Verlust von Ware und die Beschädigung von Automaten gingen zu Lasten des Klägers. Ersatz brauchte der Klub hierfür nicht zu leisten.
Der Kläger nahm in den Umsatzsteuererklärungen 1966 bis 1968 Umsatzsteuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATO-ZAbk) in Anspruch.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte die begehrte Steuerfreiheit. Der Kläger habe Lieferungen an die einzelnen Truppenangehörigen und nicht an die Truppe selbst durchgeführt und die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht in der Form nachgewiesen, wie es § 1 der Verordnung zur Durchführung der umsatzsteuerlichen Vorschriften des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen - NATO-Truppenstatut - (NATO-ZAbk-UStDV) vorschreibe. Vom Kläger vorgelegte Abwicklungsscheine für die Jahre 1966 bis 1968 erkannte das FA wegen formeller Mängel nicht an.
Mit der Klage hat der Kläger die Umsatzsteuerbefreiung der Automatenumsätze auf der Grundlage der erklärten Bemessungsgrundlage beantragt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 501 - EFG 1974, 501 -): Der Kläger habe die Heißgetränke an die Automatenbenutzer geliefert. Er sei Automatenaufsteller gewesen, da er alle mit der Aufstellung verbundenen Arbeiten selbst erledigt habe. Der Klub habe die Automaten nicht vom Kläger gemietet und selbst die Heißgetränke an die Automatenbenutzer geliefert. Umsatzsteuerfrei seien gemäß Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk nur Lieferungen an die Truppe oder ein ziviles Gefolge, nicht dagegen an deren Mitglieder. Deshalb komme es auf die vorgelegten Abwicklungsscheine nicht an. Diese seien zudem nicht ordnungsgemäß, weil die Lieferungen von Heißgetränken nicht von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden seien und eine entsprechende Bescheinigung in den Abwicklungsscheinen fehle.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter: Die Lieferung der Heißgetränke an die Automatenbenutzer sei durch den Klub erfolgt. Er habe nur Leistungen an den Klub durch Verpachtung der betriebsbereiten Automaten und Lieferung der Automatenware ausgeführt. Die vorgelegten Abwicklungsscheine seien ordnungsgemäß.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1.
Der Kläger hat mit den zuständigen us-amerikanischen Truppenoffizieren nicht Automatenmietverträge, sondern Automatenaufstellverträge abgeschlossen.
a) Beim Automatenmietvertrag überläßt der Vermieter die Automaten einem Dritten gegen Entgelt zum Gebrauch (§§ 535, 536 BGB). Sie werden von diesem betrieben (vgl. von Olshausen/Schmidt, Automatenrecht, S. 43 Anm. A 2; Putzo in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 40. Aufl., Einführung vor § 535 Anm. 2 e). Beim Automatenaufstellvertrag stellt ein Unternehmer Automaten auf und betreibt sie selbst.
Die Rechtsnatur des Automatenaufstellvertrages ist umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu mehrfach ohne abschließendes Ergebnis Stellung genommen (vgl. Urteile vom 22. März 1967 VIII ZR 10/65, BGHZ 47, 202, mit weiteren Nachweisen; vom 11. November 1968 VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 und vom 8. Juli 1970 KVR 1/70, BGHZ 54, 227). Er verweist auf mietrechtliche und gesellschaftsrechtliche Merkmale. Beide Merkmale stellt auch das Schrifttum in den Vordergrund (vgl. Huffer, Typenprobleme beim Automatenaufstellvertrag, Neue Juristische Wochenschrift 1971 S. 1433 - NJW 1971, 1433 -; von Olshausen/Schmidt, a. a. O. , S. 86 Anm. B 48; Thomas in Palandt a. a. O. , § 705 Anm. 10).
b) Die getroffenen Vereinbarungen und die tatsächliche Abwicklung lassen nicht den rechtlichen Schluß zu, der Kläger habe die Heißgetränkeautomaten dem Klub und anderen Truppenunterkünften als Mieter zum eigenen Gebrauch (Betrieb) überlassen. Der Klub hat die Automaten nicht in Gebrauch genommen. Vielmehr hat allein der Kläger diejenigen Verrichtungen vorgenommen, die den eigenen Betrieb der Automaten kennzeichnen. Er hat die Automaten mit Waren gefüllt und durch ständiges Nachfüllen dafür Sorge getragen, daß ihnen jederzeit Heißgetränke entnommen werden konnten. Nur ihm standen die Schlüssel zur Bedienung der Automaten zur Verfügung. Dem Klub war es nicht möglich, aufgrund eigenen Betreibens die Lieferung von Heißgetränken durchzuführen. Er hatte nicht das Recht, in das Betreiben der Automaten durch den Kläger einzugreifen. Ebensowenig standen dem Klub die Erlöse aus dem Verkauf der Heißgetränke zu. Vielmehr hat der Kläger die Erlöse kraft seiner Verfügungsgewalt entnommen. Er war lediglich verpflichtet, den Klub am Umsatzerlös zu beteiligen und mußte insoweit dem Klub gewisse Kontrollrechte einräumen. Als Mieter hätten dem Klub die ungeschmälerten Erlöse zustehen müssen (vgl. Eckhardt/Weiß, Umsatzsteuergesetz 1967, Anhang II Anm. 19).
c) Demnach haben der Kläger und seine Vertragspartner der US-Stationierungsstreitkräfte auf der Basis von Automatenaufstellverträgen zusammengearbeitet. In der mietrechtlichen Komponente solcher Verträge hat sich die Leistung des Klubs darin erschöpft, dem Kläger für jeden Automaten eine Raumfläche zum Gebrauch zu überlassen, und zwar gegen Zahlung einer einmaligen Aufstellgebühr und einer laufenden Umsatzpacht nach Maßgabe der jeweils erzielten Bruttoerlöse.
Ob die durchgeführten Vereinbarungen auch gesellschaftsähnliche Züge aufweisen, kann dahingestellt bleiben, denn sie wurden allenfalls die Annahme einer Innengesellschaft rechtfertigen. Der Kläger und seine Vertragspartner haben ihre vertraglichen Vereinbarungen dahin aufgefaßt und durchgeführt, daß nur der Kläger als Inhaber des Heißgetränkeautomatengeschäfts nach außen in Erscheinung trat, d. h. allein von ihm die Geschäfte abgeschlossen werden sollten und wurden. Zivilrechtlich sollte nur der Kläger aus den Geschäften berechtigt und verpflichtet werden. Er hatte deswegen das mit dem Betreiben der Automaten zusammenhängende Risiko allein zu tragen (Beschädigungsrisiko, Diebstahlrisiko, Währungsrisiko, Betriebsstörungen, Reparaturen).
d) Umsatzsteuerrechtlich betrachtet hat der Kläger mit Hilfe der ihm gehörenden Automaten eigene Waren im eigenen Namen an andere Personen vertrieben und damit als Unternehmer (§ 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -) entgeltliche Lieferungen durchgeführt. Das etwaige Bestehen einer zivilrechtlichen Innengesellschaft wäre umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung, da sie nicht nach außen hervorgetreten wäre und ihr deshalb keine Unternehmereigenschaft zukäme. Es kann auch nicht angenommen werden, der Klub habe die Waren mit Hilfe der Automaten vertrieben, weil die Automaten in seinen Räumen und in den Truppenunterkünften aufgestellt waren und daher eine räumliche Beziehung zum Klub hergestellt war. Gerade Warenautomaten werden häufig in fremden Räumen unterhalten; diese räumliche Beziehung erlaubt allein nicht den Schluß, der Inhaber der Räume sei Verkäufer der Automatenwaren. Die räumlichen Gegebenheiten sind bei Warenautomaten nicht ohne weiteres ein Anknüpfungsmerkmal dafür, wer die Waren vertreibt. Die räumliche Beziehung ist nur ein Merkmal innerhalb der Gesamtumstände, die über die Person des Lieferers entscheidet.
2. Die Lieferung der Heißgetränke ist nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk erfaßt nur Lieferungen an die Truppe oder das zivile Gefolge selbst, nicht jedoch unmittelbare Lieferungen an die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges (vgl. Eckhardt/Weiß, a. a. O. , Anhang II Anm. 19). Da der Kläger die Heißgetränke unmittelbar an die Mitglieder der Truppe (Automatenbenutzer) geliefert hat, greift die Befreiung des Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk nicht ein.
Fehlt es an dieser tatbestandlichen Voraussetzung des Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk, kommt es auf die weitere Voraussetzung der Vorlage von Abwicklungsscheinen nicht mehr an. Die Ordnungsmäßigkeit der vom Kläger vorgelegten Abwicklungsscheine ist nicht gewährleistet, da mit ihnen eine zu den tatsächlichen Gegebenheiten in Widerspruch stehende Lieferung der Waren durch den Kläger an den Klub bescheinigt worden ist. Bei dieser Sachlage kann ebenfalls ungewürdigt bleiben, ob der Kläger, wie es Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk fordert, die begehrte Steuerbefreiung bei der Berechnung des Preises berücksichtigt hat.
3. Bemessungsgrundlage (§ 5 Abs. 1 UStG 1951 § 10 Abs. 1 UStG 1967) für die Umsätze des Klägers ist der gesamte Erlös aus dem Automatenbetrieb einschließlich des an den Klub abgeführten Anteils in Höhe von 25 v. H. Die Beteiligung des Klubs an den Automatenerlösen beruht auf einer Verwendung des vom Kläger erzielten Erlöses.
Fundstellen
BStBl II 1981, 690 |
BFHE 1981, 466 |