Leitsatz (amtlich)
1. Übernimmt eine Kapitalgesellschaft anläßlich des Todes ihres Gesellschafter-Geschäftsführers die Beerdigungskosten, so liegt darin in der Regel eine verdeckte Gewinnausschüttung.
2. Zur Frage der Höhe des den Erben zugeflossenen Vorteils.
Normenkette
EStG §§ 8, 11, 20, 43-44; KapStDV § 1 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 5
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine GmbH, hat für die Beerdigung ihres im Jahre 1951 verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers 14 189,65 DM aufgewendet und als Betriebsausgabe verbucht. Das Finanzamt sah in der Übernahme der Beerdigungskosten in Höhe von 9 883,40 DM eine verdeckte Gewinnausschüttung und zog die Bgin. wegen dieses Betrages zur Kapitalertragsteuer (33 1 / 3 v. H. = 3 294,47 DM) heran. Wegen des Restbetrags von 4 306,25 DM erkannte es einen eigenen Aufwand der Bgin., also Betriebsausgaben, an.
Die von der Bgin. eingelegte Sprungberufung hatte Erfolg. Nach der Auffassung des Finanzgerichts sind die Beerdigungskosten voll als Betriebsausgaben anzusehen. Die Witwe des Verstorbenen sei bei einem Einkommen von 69 001 DM und einer Einkommensteuer von 35 175 DM nicht in der Lage gewesen, die Kosten für die Trauerfeierlichkeiten in dem von der Bgin. gewünschten Rahmen neben den ihr ohnehin erwachsenen Unkosten zu tragen. Bei diesem Mißverhältnis zwischen dem tatsächlichen Aufwand und den Verhältnissen der Hinterbliebenen sei der Zusammenhang zwischen dem Aufwand und den bisherigen Beziehungen der Bgin. zu dem Verstorbenen in gleicher Weise unterbrochen, wie es der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung IV 175/37 vom 13. Januar 1938, Reichssteuerblatt -- RStBl -- S. 316, für den Fall der Übernahme von Beerdigungskosten für einen Angestellten ausgesprochen habe. Eine verdeckte Gewinnausschüttung sei daher nicht gegeben. Abgesehen davon, daß der Aufwand in gewissem Umfang auch der Werbung diene, habe die Übernahme der Beerdigungskosten auch der höchstpersönlichen Ehrung des Verstorbenen und einer der Bedeutung des Unternehmens der Bgin. entsprechenden repräsentativen Verpflichtung entsprochen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß die Bgin. für einen am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligten Angestellten ebenfalls Arzt- und Beerdigungskosten im Betrage von rd. 4 600 DM übernommen habe.
Mit seiner Rechtsbeschwerde vertritt der Vorsteher des Finanzamts die Ansicht, daß in der Übernahme der Beerdigungskosten wenigstens insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung liege, als die vom Finanzamt zur Kapitalertragsteuer herangezogenen 9 883,40 DM in Betracht kämen. Die Beerdigungskosten seien als Nachlaßschuld gemäß § 1968 BGB von den Erben zu tragen. Diese Verpflichtung sei ihnen durch die Bgin. abgenommen worden. Das Eigeninteresse der Bgin. sei bereits mit dem nicht zur Kapitalertragsteuer herangezogenen 4 306,25 DM berücksichtigt. Für die Frage, ob die Erben zur Tragung der Beerdigungskosten in der Lage gewesen wären, hätten auch deren Vermögensverhältnisse (50 v. H. Beteiligung am Stammkapital von nominell 2 400 000 DM mit einem Substanzwert von rund 3 000 000 DM) berücksichtigt werden müssen; ebenso zwei Leoensversicherungen im Betrage von 24 000 DM und 9 541 DM.
Die Bgin. hält demgegenüber Betriebsausgaben für gegeben, und zwar in vollem Umfange. Sie habe keine die Erben treffende Verpflichtung übernommen, weil sie die gesamten Trauerfeierlichkeiten von sich aus bestellt und also eine eigene Verpflichtung erfüllt habe. Die Erben seien zur Tragung der Kosten im angemessenen Rahmen nicht in der Lage gewesen, weil sie durch die hohe Erbschaftsteuer belastet gewesen seien. Die Trauerfeierlichkeiten in dem gewählten Rahmen durchzuführen, sei sie ihrem Ruf wie dem Ruf des Verstorbenen schuldig gewesen. Es habe ihr im übrigen freigestanden, was sie habe aufwenden wollen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde mußte zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Die Haftung der Bgin. für die Kapitalertragsteuer setzt voraus, daß ihre Aufwendungen anläßlich des Todes des Gesellschafter-Geschäftsführers (ganz oder teilweise) Zuwendungen an die Erben auf Grund ihres Gesellschaftsverhältnisses waren (vgl. § 20 Abs. 1 Ziff. 1, § 43 Abs. 1 Ziff. 1 und § 44 Abs. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG -- 1951 und § 1 Abs. 1 Ziff. 1, § 3 und § 5 der Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) -- KapStDV --). Wie das Finanzamt mit der unterschiedlichen Behandlung der einzelnen Aufwendungen der Bgin. zutreffend anerkannt hat, können einer Kapitalgesellschaft anläßlich des Todes eines Gesellschafters (Gesellschafter-Geschäftsführers) eigene Aufwendungen entstehen, bei denen eine Zuwendung an die Erben von vornherein nicht in Betracht kommt, z. B. die Kosten einer von der Gesellschaft eingerückten Todesanzeige, die Ausgaben für einen von ihr übersandten Kranz oder die Kosten einer von ihr veranstalteten Totenfeier. Bei den eigentlichen Kosten der Beerdigung aber ist, wie das Finanzamt mit Recht ausführt, davon auszugehen, daß Kosten dieser Art grundsätzlich von den Erben zu tragen sind. Übernimmt die Gesellschaft solche Aufwendungen, so liegt darin in der Regel die Zuwendung eines Vorteils auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses. Für einen Dritten, der nicht im Gesellschaftsverhältnis steht, würde die Gesellschaft die Beerdigungskosten nicht übernehmen. Ob den Erben die Beerdigungskosten bar ersetzt werden oder ob die Gesellschaft die Beerdigung selbst durchführen läßt, ist dabei grundsätzlich ohne Belang.
Der Verstorbene war im vorliegenden Fall nicht nur Gesellschafter, sondern auch Geschäftsführer der Bgin. Es könnte deshalb die Frage des Arbeitslohns hinsichtlich der ersparten Aufwendungen der Erben auftreten. Dabei könnte es von Bedeutung sein, ob die Bgin. auch beim Tod anderer Angestellter die Beerdigungskosten übernommen hat. Die Übernahme der Kosten der Beerdigung eines einzigen anderen Angestellten aber führt nicht zwingend zu der Annahme von Arbeitslohn, zumal die Gründe der Übernahme in jenem Fall bisher nicht klargestellt sind und die Aufwendungen auch nicht annähernd so hoch waren.
Wenn das Finanzgericht in Anlehnung an die Entscheidung des Reichsfinanzhofs IV 175/37 vom 13. Januar 1938 den Zusammenhang zwischen dem Beerdigungsaufwand und dem Gesellschafterverhältnis als unterbrochen ansieht, weil die Erben zur Tragung dieses Aufwands nicht in der Lage gewesen seien, so erscheint das bedenklich. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rechtsgrundsätze der erwähnten Entscheidung, die zur Frage lohnsteuerpflichtiger Zuwendungen ergangen ist, auch für die hier zu entscheidende Frage der verdeckten Gewinnausschüttung maßgebend sein können. Denn keinesfalls ergeben die vom Finanzgericht angeführten Gründe, daß wie im Falle IV 175/37 die Witwe zur Tragung des strittigen Aufwands nicht in der Lage gewesen wäre. Wie das Finanzamt zu Recht ausführt, durfte bei der Prüfung dieser Frage nicht nur das Einkommen herangezogen werden. Auch die Vermögenslage und die anläßlich des Todesfalls zugeflossenen Versicherungssummen waren zu berücksichtigen.
Was die Höhe des den Erben zugeflossenen Vorteils (vgl. § 20 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 EStG 1951) angeht, so braucht sich dieser mit dem von der Gesellschaft aufgewendeten Betrag nicht zu decken. Hat, wie es im Streitfall geschehen zu sein scheint, die Gesellschaft aus Gründen der geschäftlichen Repräsentation für die Beerdigung des Gesellschafters mehr aufgewendet, als die Hinterbliebenen von sich aus zu einer standesgemäßen Beerdigung aufgewendet hätten, so kann ihnen dieses Mehr nicht als Vorteil zugerechnet werden.
Das Urteil des Finanzgerichts war, weil es den vorstehenden Grundsätzen nicht entspricht, aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Es erschien zweckmäßig, sie an das Finanzamt zurückzuverweisen, das sie unter Beachtung der vorstehenden Rechtsgrundsätze erneut zu prüfen hat.
Fundstellen
BStBl III 1956, 94 |
BFHE 1956, 256 |