Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abziehbarkeit von durch die Testamentsvollstreckung veranlaßten Kosten als Werbungskosten.
Normenkette
EStG § 9
Tatbestand
Streitig ist noch, ob Aufwendungen der Testamentsvollstreckung in Höhe von 25 000 DM als Werbungskosten abziehbar sind.
Die Revisionskläger - Steuerpflichtige - sind Miterben in Erbengemeinschaft nach dem 1961 verstorbenen R. Zur Verwaltung des aus Geschäftsanteilen an der R-GmbH, aus Grundbesitz, Wertpapieren und Kapitalforderungen bestehenden Nachlasses ist auf die Dauer von zehn Jahren Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Steuerpflichtigen machen für das Streitjahr 1962 außer bereits als Werbungskosten anerkannten Testamentsvollstreckungskosten weitere 25 000 DM geltend, die dadurch entstanden, daß die Testamentsvollstrecker zur Erstellung der Erbschaftsteuererklärung drei Wirtschaftsprüfer beauftragten.
Das FA lehnte den Abzug sowohl im Feststellungsbescheid als auch in der Einspruchsentscheidung ab. Auch die Klage der Steuerpflichtigen blieb erfolglos. Das FG führte im wesentlichen aus. Die Frage, ob Kosten einer Vermögensverwaltung als Werbungskosten abgezogen werden könnten, entscheide sich nach den Grundsätzen des Urteils des RFH VI A 735/33 vom 23. Juni 1933 (RStBl 1933, 991) danach, ob diese Kosten über die Kosten hinausgingen, die der Steuerpflichtige ohne die Vermögensverwaltung aufzuwenden gehabt hätte. Vergütungen an den Testamentsvollstrecker seien daher insoweit als Werbungskosten abziehbar. Gehe man von diesen Grundsätzen aus, so komme ein Abzug der 25 000 DM nicht in Betracht. Die Zusammensetzung des Nachlasses im Streitfall und die für eine zutreffende Bewertung nach den Vorschriften des BewG sowie Fragen der Wertfortschreibung vor dem Todestag des Erblassers setzten so weitgehende steuerliche Kenntnisse voraus, daß davon ausgegangen werden müsse, daß sich die Steuerpflichtigen zur Wahrung ihrer Interessen auch aus eigenem Entschluß eines erfahrenen Steuerfachmanns bedient hätten. Es sei nicht erkennbar und auch nichts dafür vorgetragen, daß in diesem Fall die Kosten geringer gewesen wären. Zwar habe Rechtsanwalt Dr. G. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er würde für die Steuerpflichtigen die Erbschaftsteuererklärung ohne Berechnung erstellt haben. Abgesehen davon, daß sich hinterher nicht mehr feststellen lasse, ob Dr. G. diese Erklärung wirklich ohne Honorar erstellt haben würde, habe das Gericht gegenüber der Behauptung einer Kostenersparnis dieselben Bedenken wie gegenüber der Behauptung der Steuerpflichtigen, ohne die Testamentsvollstreckung wäre von ihnen selbst die Erbschaftsteuererklärung erstellt worden. Dr. G. habe sich nicht als Steuerfachmann bezeichnet. Allgemeine Rechtskenntnisse reichten zur Beantwortung der schwierigen, mit der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung zusammenhängenden Fragen jedoch nicht aus. Es sei daher davon auszugehen, daß sich auch Dr. G., wenn er die Erstellung der Erklärung tatsächlich übernommen hätte, der Hilfe von Steuerexperten bedient hätte. Die fraglichen Aufwendungen seien also keine durch die Testamentsvollstreckung entstandenen Kosten. Nach allgemeinen Grundsätzen aber seien die Kosten der Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung keine Werbungskosten, da sie zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebenshaltung im Sinne des § 12 EStG rechneten.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Revision machen die Steuerpflichtigen geltend, das FG habe das Vorbringen, Dr. G. hätte die Erbschaftsteuererklärung unentgeltlich erstellt, zu Unrecht nicht anerkannt. Das FG hätte leicht aufklären können, daß Dr. G. die fachliche Qualifikation für diese Aufgabe nicht fehle. Die Steuerpflichtigen hätten ab 1961 die Bearbeitung ihrer steuerlichen Angelegenheiten Dr. G. übertragen, dieser habe kein besonderes Entgelt hierfür erhalten. Daraus spreche die Vermutung, daß er auch die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung unentgeltlich für die Erben durchgeführt hätte. Wenn Dr. G. in Einzelfällen den Leiter der Finanzabteilung der R-GmbH sowie andere Hilfsarbeiter und Steuerberater zur Erledigung von Steuerfällen herangezogen habe, so dürfte das nicht zu beanstanden sein. Die Beauftragung des Oberregierungsrats a. D. T erkläre sich aus der besonderen zu bearbeitenden Sachlage.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die Kosten der Erstellung von Erbschaftssteuererklärungen, die dem Erben durch die Beauftragung von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder sonstigen sachverständigen Personen entstehen, sind weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten. Denn sie erwachsen nicht bei der Ermittlung der Einkünfte, sondern sind Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung oder der Vermögenssphäre (vgl. Urteil des BFH IV 151/64 U vom 18. November 1965, BFH 84, 519, BStBl III 1966, 190, mit weiteren Rechtsprechungszitaten für die Beraterkosten der Vermögensteuererklärung).
Eine gleichartige Beurteilung muß Platz greifen, wenn der Erbe eine Vermögensverwaltung über das von ihm ererbte Vermögen einrichtet und der Vermögensverwaltung im Rahmen ihrer Befugnisse Aufwendungen für die Erbschaftsteuererklärung durch Zuziehung von Steuerfachleuten oder sonstigen Sachverständigen erwachsen. Denn hier liegt eine freiwillige Übertragung von Verwaltungsmaßnahmen auf einen anderen vor, die ohne Einschränkung dazu führt, daß der Erbe als Auftraggeber sich die Ausgaben des fremden Vermögensverwalters so zurechnen lassen muß, als wären es durch ihn unmittelbar veranlaßte Ausgaben. Der Charakter der Ausgaben kann sich hierdurch nicht verändern. Bei aufgezwungenen Vermögensverwaltungskosten, wie sie durch eine Testamentsvollstreckung entstehen können, anerkannte der RFH nach Maßgabe des von der Vorinstanz angeführten Urteils das Vorliegen von Werbungskosten allerdings auch dann, wenn die Ausgaben ihrem Wesen nach nicht den Begriff der Werbungskosten erfüllen. Der Senat läßt dahingestellt, ob dieser Rechtsprechung zu folgen wäre. Denn es ist nicht ohne weiteres einzusehen, mit welcher Begründung vom Standpunkt des die Ausgaben Leistenden allein dadurch Betriebsausgaben oder Werbungskosten entstehen könnten, daß diese Ausgaben, die diesen Begriff sonst nicht erfüllen, dem Steuerpflichtigen aufgezwungen werden. Wenn man aber einmal mit der Vorinstanz von dieser Rechtsprechung ausgeht, so können im Streitfall die Kosten für die Aufstellung der Erbschaftsteuererklärung durch die von den Testamentsvollstreckern herangezogenen Wirtschaftsprüfer gleichwohl nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Für die Frage nämlich, ob und in welcher Höhe Kosten wegen der durch die Testamentsvollstreckung getroffenen Verwaltungsmaßnahmen auch ohne die Testamentsvollstreckung angefallen wären, kommt es auf die objektive Sachlage an, nicht darauf, ob die Erben mehr oder weniger glaubhaft darstellen, die Kosten wären ihnen nicht entstanden, weil ein Dritter, wenn die Testamentsvollstrecker nicht gewesen wären, unentgeltlich für sie tätig geworden wäre. Denn ein solcher Vortrag ist, worauf die Vorinstanz zu Recht bereits hinwies, kaum nachprüfbar. Jedenfalls braucht ihm nicht nähergetreten zu werden, wenn nicht besondere Beziehungen zwischen den Erben oder dem Erblasser einerseits und demjenigen, der angeblich unentgeltlich tätig geworden wäre, bestehen. Im Streitfall wird hierzu von der Vorinstanz lediglich auf die engen Beziehungen hingewiesen, die Dr. G. zur R-GmbH unterhalten habe. Dies genügt schon deshalb nicht, weil diese Beziehungen rein geschäftlicher Natur waren und nicht glaubhaft gemacht werden konnte, daß Dr. G. bei einer so umfangreichen, zeitraubenden und schwierigen Aufgabenerfüllung, wie sie die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung im vorliegenden Fall gewesen sein muß, nicht ebenfalls ein angemessenes Honorar verlangt hätte. Auch hätten sich die Erben wohl kaum darauf eingelassen, Dr. G. mit Rücksicht auf ein unentgeltliches Tätigwerden gegebenenfalls für Nachteile, die ihnen aus einer fehlerhaften Bearbeitung der Erbschaftsteuererklärung entstanden wären, nicht haftbar machen zu können. Alle Einwände der Steuerpflichtigen, die sich dagegen wenden, daß die Vorinstanz entweder die Qualifikation des Dr. G. in Zweifel zog oder es für nicht mehr nachprüfbar hielt, ob Dr. g. die Erbschaftsteuererklärung unentgeltlich für die Steuerpflichtigen erstellt hätte, sind daher unbeachtlich. Denn darauf kommt es nicht an. Soweit die Steuerpflichtigen in der Revision vortragen, Dr. G. sei seit 1961 unentgeltlich für sie tätig gewesen, liegt unbeachtliches nachträgliches Vorbringen vor.
Daß die Erben selbst die Erbschaftsteuererklärung nicht hätten erstellen können, ohne Steuerfachleute hinzuzuziehen, stellte die Vorinstanz nach Auffassung des Senats in nicht zu beanstandender Weise fest. Im Streitfall genügt hierzu der Hinweis auf den Umfang und die Zusammensetzung des Nachlasses. Bei der ständig beklagten Kompliziertheit des Steuerrechts, die sich auch auf die Vermögensbewertung und die Erbschaftsteuer erstreckt, konnte die Vorinstanz ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß die Steuerpflichtigen als Erben, hätte die Testamentsvollstreckung nicht bestanden, zur Erstellung der Erbschaftsteuererklärung die nötigen Fachleute auf dem Gebiete des Bewertungs- und des Erbschaftsteuerrechts beigezogen hätten. Auch die Höhe des an die Wirtschaftsprüfer zu zahlenden Honorars, die unbestritten und in ihrer Angemessenheit nicht in Zweifel gezogen ist, spricht dafür, daß es sich um schwierige Fragen des Bewertungs- und des Erbschaftsteuerrechts gehandelt haben muß, zu deren Beantwortung sich jeder verständig denkende Mensch der dafür zuständigen Fachleute bedient haben würde.
Fundstellen
Haufe-Index 413303 |
BStBl II 1972, 878 |
BFHE 1972, 525 |